ich jetzt haben. Die Wirtsstube ist voll: ein ganzer Reisebus voll Leut’. Es ist ein Kegelverein, der heut’ seinen Jahresausflug macht. Mei, haben die gefuttert!«
»Ja, dein Essen ist ja auch schon besonders. So etwas Feines bekommen s’ sonst nirgends. Des ist eben richtige Hausmannskost.«
»Hast auch Hunger, Toni?«
»Naa! Danke, Mutter! Ich habe mich in Kirchwalden mit dem Leo getroffen. Wir haben eine Kleinigkeit gegessen!«
Toni schaute sich um. Er warf einen Blick in die Wirtsstube. Er grüßte seinen Vater, der hinter dem Tresen stand und Bier zapfte.
»Wo sind denn die Kinder?« fragte Toni.
Sebastian und Franziska gingen nach der Schule zu den Baumberger Großeltern Mittagessen. Meistens fuhr sie Xaver Baumberger hinauf zur Oberländer Alm. Von dort aus wanderten sie dann hinauf auf die Berghütte. An diesem Tag war Toni in Kirchwalden gewesen, um Behördengänge zu erledigen. Er wollte die Kinder jetzt selbst mitnehmen.
»Die habe ich zu den Bollers geschickt. Die bringen das Mittagessen hin. Die Veronika ist krank. Der Franz kann doch net selbst kochen. Der Arme, der weiß nimmer, wo ihm der Kopf steht. Es ist Hochsaison. Da hat er viel zu tun. Was sage ich? Beide hatten schon viel zu tun, aber jetzt ist es noch mehr. Da hat er für die nächsten zwei Wochen Mittagessen bei uns bestellt. Er wollte es holen. Aber wahrscheinlich war noch Kundschaft im Laden. Da hab’ ich die Franzi und den Basti mit dem Essen hingeschickt.«
Meta Baumberger warf einen Blick zur Uhr.
»Des ist jetzt aber schon eine Weile her. Eigentlich müßten die Kinder schon längst zurück sein!« bemerkte sie besorgt.
»Ach, die kommen schon! Ich trinke auch einen Kaffee mit, Mutter!«
Toni holte sich selbst einen Becher süßen Kaffee.
»An was ist die Veronika Boller erkrankt?«
»Ach, sie hatte eine Sommergrippe. Der Martin wollte, daß sie mit dem Fieber einige Tage im Bett bleibt. Aber des hat die Veronika net gemacht. Es war eben zu viel Arbeit da. Der Franz hat ihr in Kirchwalden in der Apotheke Medikamente besorgt. Die hat sie dann genommen. Die doppelte Dosis. Einige Tage ist des auch gutgegangen. Doch dann war es zuviel für sie. Jetzt liegt sie im Bett. Der Doktor schaut zweimal am Tage nach ihr. Sie hat’s wirklich schwer erwischt. Da wäre es wirklich besser gewesen, wenn sie gleich zu Anfang, sich mehr Ruhe gegönnt hätte. Der Martin soll richtig bös’ geworden sein über so viel Unvernunft. Er drohte, sie ins Krankenhaus nach Kirchwalden einzuweisen, wenn sie net im Bett bleibt.«
Doktor Martin Engler, der bei allen beliebte und geschätzte Arzt in Waldkogel, war ein enger Freund von Toni. Martin war an sich die Ruhe in Person. Wenn Martin ärgerlich wurde, dann ist es ernst, dachte Toni. Toni hörte seiner Mutter weiter zu.
Meta Baumberger war voller Mitleid für den armen Franz, der jetzt alles alleine machen mußte, sich um die kranke Frau kümmern, den Laden und den Haushalt.
»Nun übertreibst du aber, Mutter«, schmunzelte Toni. »Die Veronika muß des Bett hüten. Davon geht die Welt nicht unter. Der Franz übertreibt auch gerne.«
»Mag sein, Toni! Aber einfach ist des mit den Kunden net. Die Bollers verkaufen auch Trachtensachen. Der Franz mag net den Madln helfen, die Mieder zu schnüren. Des traut er sich net, besonders, wenn er die Madln hier aus Waldkogel kennt. Des mit der Dirndlanprobe, des hat immer die Veronika gemacht.«
»Dann muß sich der Franz um eine Aushilfe kümmern. Aber vielleicht ist er nur zu geizig.«
»Toni, wie kannst du so etwas sagen?«
»Du weißt das selbst, Mutter! Ich kenne die beiden gut! Die arbeiten sich lieber zu Tode, als daß sie sich eine Verkäuferin für ihren Laden nehmen.«
»Des denke ich net, Toni! Sie haben sogar ein Schild ins Schaufenster gehängt. Doch leider vergebens! Es hat sich noch niemand gemeldet. Es ist eben Hochsaison in Waldkogel. Jedes Madl, des keine feste Arbeit hat, wird daheim auf dem Hof gebraucht. Fast jeder Hof vermietet Fremdenzimmer. Die Touristinnen, die vorbeikommen, die machen hier Urlaub. Die sind nicht nach Waldkogel gekommen, um sich eine Arbeit zu suchen.«
»Des stimmt auch wieder, Mutter! Trotzdem sollte es doch möglich sein, dem Franz Boller zu helfen. Du, Mutter, red du doch mal mit deiner Freundin, mit der Helene Träutlein. Ihr trefft euch doch beim Kaffeekränzchen im Pfarrhaus. Die Helene und der Pfarrer Zandler könnten des doch organisieren, daß an jedem Tag jemand beim Franz im Laden ist. Es muß ja vielleicht auch net für den ganzen Tag sein. Ein paar Stunden genügen vielleicht.«
Meta Baumberger winkte mit der Hand ab.
»Des kannst vergessen, Toni. Die Helene hat es schon versucht. Aber die Veronika, die hat es sich auf die eine oder andere Art mit allen verdorben. Richtig bös’ ist niemand mit ihr. Aber jetzt einspringen und eine helfende Hand reichen, des will auch niemand. Die Veronika, die ist manchmal ein bissel hochnäsig und überheblich. Keiner kann es ihr recht machen. Sie meint des net bös, aber schon immer hat sie an allem etwas auszusetzen gehabt. Des wird nur Streit geben, sagen alle. Die Veronika ist eben ein bissel eigensinnig. Aber so war sie schon immer, schon in der Schule war sie so.«
»Des ist doch jetzt ein Blödsinn, Mutter. Die Veronika liegt im Bett, und nur der Franz ist im Laden. Wenn man es ihr net sagt, dann muß sie es noch net einmal erfahren, daß der Franz Hilfe hat. Da muß er eben den Mund halten. Was die Veronika net weiß, darüber kann sie auch net meckern.«
»Dann soll der Franz seine Veronika hintergehen, Toni? Des find’ ich net richtig!«
»Mutter! Ich sehe des net so eng! Wenn der Franz eine Aushilfe hätte, dann könnte sich die Veronika richtig auskurieren. Er kann erst jemand einstellen und es ihr dann sagen. Sie wird froh sein, wenn der Franz nimmer alles allein machen muß. Die beiden verstehen sich doch gut. Wenn die Veronika sich gleich ins Bett gelegt hätte, statt sich mit Medizin aufzuputschen, dann wäre sie erst gar net so krank geworden. Ich kann den Martin verstehen, daß er laut geworden ist.«
»Des stimmt schon, Toni! Aber der Franz bekommt keine Aushilfe. Ich habe dir doch die Sach’ schon erläutert. Aber geschehen muß etwas. Ich werde mit der Helene noch einmal reden. Vielleicht kann der Pfarrer Zandler vermitteln. Wir haben uns bisher doch immer gegenseitig geholfen, wenn Not am Mann war.«
Sebastian und Franziska kamen.
»Schau, Toni! Ich habe eine schöne Haarspange geschenkt bekommen von Herrn Boller!«
Toni bewunderte die Spange, die die kleine Franzi im Haar trug. Sebastian griff in die Hosentasche.
»Schau! Des hab’ ich bekommen, als Trägerlohn, hat der Boller gesagt!«
Es war ein Aufkleber. Darauf war der Marktplatz von Waldkogel zu sehen und im Hintergrund die beiden Hausberge, der »Engelssteig« und das »Höllentor«.
»Wo tust du ihn drauf kleben?« fragte Meta Baumberger.
»Ich habe mir ein Heft angelegt, da schreibe ich immer rein, wenn ich wandern war. So ein Wandertagebuch! Da kommt der Aufkleber auf die erste Seite!«
Toni lächelte. Er stand auf.
»Kinder, wir müssen gehen! Seid ihr bereit?«
Sie nickten und verabschiedeten sich von Tonis Eltern, dem Großvater Xaver und der Großmutter Meta, wie die beiden Bichler Kinder Tonis Eltern nannten.
Mit Tonis Geländewagen erreichten sie binnen weniger Minuten die Oberländer Alm. Toni und die Kinder winkten Wenzel und Hilda, dem alten Sennerehepaar, zu. Die drei wollten gleich weitergehen.
»Net so schnell! Kommt mal her!« rief Wenzel laut. »Da gibt’s was! Wir haben einen besonderen Gast!«
In diesem Augenblick führte Hildegard Oberländer, die von allen Hilda genannt wurde, eine Eselin hinter der Almhütte hervor. Die Eselin war aber nicht alleine. Noch etwas unsicher auf seinen dünnen Beinchen trottete ein junges Fohlen neben seiner Mutter her.
»Wie