hatte Ramirez alles beigebracht, was es darüber zu wissen gab.
Ein Fluch drang über seine Lippen, als er den Toyota im Außenspiegel auf der Fahrerseite erblickte, der rasch zu ihnen aufschloss. Eine mögliche Bedrohung.
Alarmiert von dem Wutausbruch seines Bodyguards sah Lay zu dem Rückspiegel auf. Die kleine Limousine füllte in diesem Moment sein Sichtfeld schon so gut wie aus, und er wusste, was das bedeutete. Sie waren hier …
Ihm blieb keine Zeit zu reagieren, keine Zeit für Schuldzuweisungen oder Zweifel. Alles passierte viel zu schnell.
Ramirez riss das Lenkrad hart nach rechts und trat aufs Gas, in dem Versuch, auf den Standstreifen ausweichen zu können.
Zu spät.
Die Limousine stieß heftig gegen die Fahrerseite des SUV und ließ ihn gegen die Leitplanke am rechten Straßenrand schlittern.
Aufprall.
Mit der Wucht eines Fausthiebes sprangen David Lay die Airbags entgegen und warfen ihn gegen die Rückenlehne. Benommen tastete er nach dem Verschluss des Sicherheitsgurtes. Ihm blieb nur wenig Zeit. Er hatte keine Vorstellung, wie wenig.
Die Männer in dem liegengebliebenen Durango beobachteten aus mehreren hundert Metern, wie sich die Kollision ereignete.
Der Fahrer nahm sein Hochleistungsfernglas von den Augen und warf einen Blick auf das Handy, das offen auf dem Sitz neben ihm lag. Ein einfaches Prepaid-Klapphandy, auf dessen Display bereits eine Nummer angezeigt wurde.
Ein grimmiges Lächeln huschte über sein Gesicht, dann streckte er seinen Zeigefinger aus … und drückte auf die Wähltaste.
Nein. Das war nicht der Plan gewesen, dachte der Mann und hieb auf die Airbags ein, die ihn gegen den Sitz des Toyotas pressten. Die Glock … wo war sie abgeblieben?
Durch das Beifahrerfenster und über den aufgeblähten Airbag hinweg konnte er die Leitplanke erkennen, in die er geprallt war, direkt vor dem SUV. Er fluchte, weil er wusste, dass jede Sekunde, die er hier herumstrampelte, seine Chancen auf Erfolg schmälerte. Dass sie erneut gewinnen würden …
Einen Moment später explodierte seine Welt in einem blendend weißen Lichtblitz. Flammen und Feuer …
Schweigend verfolgte der Fahrer des Durango, wie der im Fahrgestell des Toyotas eingebettete Sprengstoff detonierte und beide Fahrzeuge durch den endlos dichten Verkehr in Richtung Mittelstreifen beförderte.
Die Menschen waren so leicht hinters Licht zu führen, dachte er bei sich – wahrscheinlich, weil es stets leichter war, eine Lüge zu glauben, die ihr Weltbild bestätigte, als eine Wahrheit, die diesem entgegenstand.
Erzähle ihnen einfach, was sie hören wollen.
Das war das Geheimnis jeder erfolgreichen Rekrutierung gewesen. Er sah zu seinem Partner. »Das sollte genügen, meinst du nicht auch, Towarischtsch?«
Sein Kamerad nickte. Er streckte den Arm nach vorn und seine behandschuhte Hand schloss sich um den Zündschlüssel. Ein Ziel eliminiert.
Damit blieb noch eines.
Kapitel 2
07:01 Uhr
CIA-Hauptquartier
Langley, Virginia
Die Vernehmung dauerte bereits seit anderthalb Stunden an, als Harrys taktisches Satellitentelefon, das nur wenige Zentimeter von seiner Hand entfernt auf dem Tisch lag, zu brummen begann.
»Ignorieren Sie das«, befahl Ellsworth herrisch, dem die Verärgerung über die Störung anzuhören war.
Harry ignorierte ihn lächelnd, griff nach dem TACSAT und klappte es auf. »Nichols hier.«
Es war kein privater Anruf, und während er zuhörte, verschwand das Lächeln aus Harrys Gesicht. »In Ordnung, Boss«, sagte er schließlich. »Ich bin in fünf Minuten da.«
Er steckte sich das Telefon in die Hosentasche seiner Jeans, stand auf und riss sich dabei achtlos die Elektroden von seinem Arm, während der Generalinspekteur ihn sprachlos anstarrte.
»Wir sind hier fertig.«
Da schien Ellsworth seine Stimme wiedergefunden zu haben und schnellte wie ein Springteufel von seinem Stuhl auf. »Ich würde sagen, das sind wir nicht! Setzen Sie sich wieder hin, Nichols.«
Harry drehte sich zu ihm um und blickte dem Bürokraten gelassen in die Augen. »Gerade wurde Code MAGI erklärt – es gab einen Mordanschlag auf das Leben des DCIA. Ich werde das Sicherheitspersonal anweisen, Sie wieder in Ihr Büro zu eskortieren, Sir.«
»Warten Sie – was ist los?«, rief Ellsworth, aber Harry antwortet ihm nicht. Er griff sich sein Hemd von dem Regal neben der Tür, trat an das Sicherheitsbedienfeld und tippte dort den Code ein, den er früher an diesem Morgen Ellsworth hatte eingeben sehen.
Und dann war er auf dem Gang, knöpfte sich sein Hemd zu und eilte zu den Treppen. Krisenmodus …
05:07 Uhr Ortszeit
Apache-Reservat
New Mexico
Der Morgen war kalt. Eine kühle Brise wehte, als er in die Wüste hinauslief und immer wieder einen flüchtigen Blick gen Horizont warf, als könne er gar nicht erwarten, dass die Sonne aufging.
Jack Richards zog sich seinen Stetson in die Stirn und schob die Hände tiefer in die Taschen seines Mantels. Er hatte schon kältere Tage erlebt. Der große Mann erinnerte sich noch gut an die Berge Afghanistans, die erbitterte Kälte dort. Den Schnee. Damals war er Sprengstoffexperte bei der Marine Force Recon gewesen.
»Danke, dass du gekommen bist«, bemerkte der Mann neben ihm, und er drehte seinen Kopf, um zu seinem Halbbruder hinunterzublicken. »Ich war nicht sicher, ob du kommen würdest.«
Jack, oder Tex, wie ihn die meisten seiner Freunde nannten, quittierte den Kommentar mit einem wortlosen Nicken. Er war dafür bekannt, nur das Nötigste zu sprechen.
Und beinahe wäre er auch nicht hierhergekommen, aber es gab Bande, die stärker waren als Blut. »Wie ist Manny gestorben?«, fragte er und starrte auf das frische Grab hinunter. Ein kleines, schlichtes weißes Holzkreuz mit dem Namen Emmanuel Gutierrez darauf ragte aus dem oberen Ende des Grabes seines lebenslangen Freundes, einem Mann, der Richard nähergestanden hatte als die meisten Menschen seiner eigenen Familie.
»Seine Patrouille wurde vor drei Wochen in Big Bend vermisst. Er und ein anderer Officer. Ihre Leichen wurden schließlich am Achten dieses Monats gefunden. Erschossen. Die Untersuchungen dauern noch an … aber die meisten haben die Kartelle im Verdacht.«
Die Sommer im Reservat, dachte Richard, während seine tiefschwarzen Augen in die Wüste hinausstarrten. Er erinnerte sich an die langen Tage, an Football-Spiele und Mannys strahlendes Gesicht, wenn er die Arme in die Luft reckte, um einen Pass zu fangen.
Das waren goldene Tage gewesen. Bevor er mit Mitte zwanzig nach Texas ging. Lange, bevor sie in den Krieg gezogen waren.
»Tut mir leid«, flüsterte er und trat mit seinem Stiefel etwas von dem losen Dreck fort. Die Beerdigung war einen Tag zuvor gewesen, eine Zusammenkunft von Familie und Freunden, aber da war er unabkömmlich gewesen. Geschäftliches.
Richard war nur über seinen Großvater mütterlicherseits ein Mescalero. Sein Halbbruder hingegen war der Sohn ihrer Mutter und eines Vollblut-Apachen, den sie nach dem Tode seines Vaters geheiratet hatte. Trotzdem hatten sie die meiste Zeit ihrer Jugendjahre gemeinsam in diesem Reservat verbracht. Die beste Zeit …
»Wie lange hast du frei?«, drang die Stimme seines Halbbruders zu ihm, dessen Augen Tex‘ Gesicht absuchten.
Es