Stephen England

TAG DER ABRECHNUNG (Shadow Warriors 2)


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heute haben wir zumindest die Antwort auf den zweiten Teil erhalten. Der Anschlag am Morgen ähnelte auf frappierende Art und Weise seinem Mordanschlag auf den Bürgermeister von Tscheljabinsk in 2002. Das war einer der ersten Mafia-Aufträge Korsakovs gewesen.«

      »Dann gehen Sie also davon aus, dass er tot ist.« Das war eher eine Feststellung als eine Frage.

      »Das, oder er wurde als Geisel genommen. Was bedeuten dürfte, dass wir bald Finger mit der Post geschickt bekommen werden«, antwortete Carter mit der ihm eigenen Unverblümtheit. »Das ist ein weiteres von Korsakovs Markenzeichen. Aber eine Sache verstehe ich dabei nicht.«

      »Und das wäre?«

      »Was sollte die russische Mafia hier in diesem Land davon haben, sich mit uns anzulegen? Bislang ging es ihnen immer nur schlicht und einfach ums Geld.«

      »Dann hat jemand dafür gesorgt, dass es sich für sie lohnt«, überlegte Harry. »Wer von ihren Leuten ist an Korsakov dran? Ich muss mit ihnen reden und sehen, ob sie alle nötigen Verbindungen nutzen.«

      Carter schnaubte. »So ziemlich jeder in meinem Team, und das seit einigen Tagen. Carol leitete die Ermittlungen, aber man hat sie in Sicherheitsverwahrung genommen. Personenschutz-Protokoll. Sie ist in einem der Vernehmungsräume. Sie soll ziemlich aufgewühlt sein, wie ich gehört habe. Ich werde Lasker bitten, Ihnen die Zugangscodes für ihre Daten zu geben.«

      »Klingt nach einem Plan.«

       07:31 Uhr

       Northbound I-495

       Virginia

      Irgendwo hinter ihm plärrte eine Autohupe los. Thomas massierte sich die Stirn. Der Lärm ließ seine Kopfschmerzen schlimmer werden. Der Verkehr kroch nach dem versuchten Mordanschlag nur noch im Schneckentempo voran, in dessen Folge für die Rettungskräfte ganze Fahrspuren abgesperrt worden waren.

      Er sah nach vorn, wo sich bereits eine lange Staukette gebildet hatte, und warf sich ein weiteres Altoids-Minzdragee in den Mund. Mit etwas Glück würde seine Alkoholfahne verflogen sein, bis er in Langley eintraf.

      Einen Moment später spürte er das Satellitentelefon in seiner Tasche vibrieren. Das zweite Mal in zehn Minuten. Ein Blick auf das Display des TACSAT bestätigte seinen Verdacht.

      »Thomas hier«, meldete er sich, nachdem er es aufgeklappt hatte.

      »Wo steckst du?«, wollte eine Stimme von ihm wissen. Nichols.

      Müde schüttelte Thomas den Kopf und sah aus dem Fenster. »Ich hab in den letzten zehn Minuten gerade mal drei Meilen zurückgelegt. Es dauert eben so lange, wie es dauert.«

      »Heute Morgen etwas spät aus den Federn gekommen, was?«

      Er antwortete nicht darauf, sondern starrte einfach weiter auf die Straße hinaus. Sein Teamführer fuhr fort, ohne auf eine Antwort zu warten. »Das Treffen der Anonymen Alkoholiker in der Kirche war gestern Abend, Thomas. Warst du dort?«

      »Nein.«

      Ein langgezogener Seufzer war am anderen Ende der Leitung zu hören. »Ich werde dich decken, Thomas. Aber das muss in beide Richtungen funktionieren. Wenn du nicht gewillt bist, die Kurve zu kriegen, werde ich mit Kranemeyer reden müssen.«

      Bitte nicht. »Nein«, presste Thomas hervor und kämpfte gegen den Wutausbruch an, den die Worte seines Freundes auszulösen drohten. »Tu das nicht. Ich hab es dir doch gesagt, Harry, ich brauche einfach etwas mehr Zeit. Das verstehst du doch, oder?«

      »Das Einzige, was ich im Moment verstehe, ist, dass wir einer Krisensituation stecken und einer meiner besten Männer im Eimer ist. Also, ich will, dass du in dreißig Minuten hier bist, und zwar nüchtern. Tex kommt aus New Mexico rüberflogen, und ich will, dass wir einsatzbereit sind, wenn er hier eintrifft. Haben wir uns verstanden?«

      »Klar und deutlich, Boss.«

       07:33 Uhr

       NCS-Einsatzzentrale

       Langley, Virginia

      Harry steckte das Telefon in seine Tasche zurück, seufzte angeschlagen und starrte die leere Wand am anderen Ende der Einsatzzentrale an.

      Er hatte noch nie versucht, den Mitgliedern seines Teams seinen eigenen christlichen Glauben aufzudrücken. Das war einfach nicht seine Art. So, wie er die Dinge sah, ging ihn ihr Privatleben nichts an, solange es sich nicht negativ auf ihren Beruf auswirkte. Aber genau das war nun der Fall.

      Und er hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern. Nicht heute. Nicht bei dem Chaos, das ausgebrochen war. Er griff nach unten, drückte auf den Knopf an der Seite seines Arbeitsplatz-Terminals und wartete darauf, dass der Computer hochfuhr.

      Dank Ellsworths Untersuchung, mit der er jedermanns Arbeitsablauf durcheinandergebracht hatte, war es nun schon ein paar Wochen her, seit er sich das letzte Mal ins System der Agency eingeloggt hatte. Es würde etwas dauern, bis er wieder in Schwung kam.

      Unglücklicherweise aber blieb ihm auch dafür keine Zeit. Denn Lay war verschwunden.

      Der Bildschirm sprang an. Harry tippte seinen Zugangscode ein und sah ungeduldig dabei zu, wie der Computer den Authentifizierungsprozess durchlief. Lay und er hatten eine lange gemeinsame Geschichte, eine Arbeitsbeziehung, die bis zu Harrys ersten Tagen als Operator zurückreichte.

      Lay leistete damals seine letzten Tage als Station Chief in Tel Aviv ab, und Harry war ihm im Zuge einer Mission für das damalige Directorate of Operations begegnet.

      Harry hatte ihn damals als Mann voller Prinzipien kennengelernt – ein strenger Mann, aber fair. Furchtlos.

      Ihr Kontakt war über die Jahre seltener geworden, nachdem Lay die Karriereleiter emporgeklettert war und schließlich zum DCIA ernannt wurde.

      Wie ihm das gelungen war, konnte Harry bis heute nicht genau sagen, aber zumindest hatte er allem Anschein nach seine Integrität bewahren können. Und vielleicht war es genau das, was ihn schlussendlich das Leben gekostet hatte.

       07:35 Uhr

       Auf dem Dach des CIA-Hauptgebäudes

      Er hörte sie, noch bevor er sie sehen konnte. Drei Helikopter schwebten aus südlicher Richtung heran. Und wer immer in einem Hinterhalt lauerte, würde sie ebenfalls hören.

      Kranemeyer zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und stopfte sich die Hände in die Taschen, um sie vor dem rauen Dezemberwind zu schützen.

      Scharfschützen der Special Activities Division waren auf dem Dach postiert worden und verschmolzen in ihren schiefergrauen Ghillie-Anzügen mit dem Betonboden. Für die meisten von ihnen war dies das erste Mal, dass sie auf amerikanischem Boden ihre Waffen anlegen mussten.

      Der H-76 Sikorsky hing schwebend in der Luft, dann ließ er sich auf die Hubschrauberlandeplattform sinken. Die beiden Apache-Kampfhubschrauber blieben in der Luft und gaben ihm Deckung.

      Er warf einen kritischen Blick in ihre Richtung, besonders auf die 30mm-Kettenkanonen, die unter dem Bug jedes Hubschraubers montiert waren. Gott mochte all jenen beistehen, die in deren Kreuzfeuer gerieten.

      Der Sikorsky landete auf dem Dach und Kranemeyer schritt auf den Hubschrauber zu, noch bevor die Rotoren zum Stillstand gekommen waren.

      Ein kleiner Mann in einem Geschäftsanzug tauchte in der Seitentür des Helikopters auf. Sein Jackett flatterte wild im Sog der Rotorblätter. Zwei Leibwächter mit gezückten Waffen flankierten ihn, als er ausstieg, um den DCS zu begrüßen.

      Michael Shapiro.

      »Irgendwelche Probleme auf dem Weg hierher?«, rief Kranemeyer im Näherkommen und über den Lärm der Motoren hinweg. Trotz seiner Abneigungen Shapiro gegenüber hatte der Mann jetzt das Kommando und sie mussten gemeinsam eine Krise bewältigen.

      »Nein, nein«, presste der Deputy Director mit Mühe