auszuüben, das ist der Zweck des Huile Céphalique. Und in der Tat schützt dieses Öl, das das Abblättern der Schuppen verhütet und einen lieblichen Duft verbreitet, durch seine Ingredienzien, unter denen die Nußessenz die Hauptrolle spielt, auch gegen Erkältungen, gegen den Schnupfen und gegen alle Arten von Kopfbeschwerden, indem es das Innere in seiner natürlichen Wärme erhält. Dadurch werden die Haarzwiebeln, welche die den Haarwuchs erzeugende Flüssigkeit enthalten, weder von der Kälte noch von der Hitze angegriffen. Das Haar, dieser prächtige Schmuck, auf den Männer wie Frauen so viel Wert legen, bewahrt sich daher bis ins vorgerückte Alter bei denen, die das Huile Céphalique gebrauchen, den Glanz, die Feinheit und den Schimmer, die die Köpfe der Kinder so reizvoll machen.
Die Gebrauchsanweisung ist jedem Flakon beigefügt und dient ihm als Umhüllung.
Gebrauchsanweisung für das Huile Céphalique.
»Es ist völlig unnötig, die Haare selbst einzureiben; das ist nicht nur ein törichtes Vorurteil, sondern auch eine störende Gewohnheit, da das Kosmetikum überall seine Spur zurückläßt. Es genügt, alle Morgen ein feines Schwämmchen in das Öl zu tauchen, das Haar mit dem Kamme zu teilen und es an seiner Wurzel, Strich für Strich, einzureiben, so daß die Haut einen dünnen Überzug erhält, nachdem man vorher den Kopf mit Kamm und Bürste gesäubert hat.
Das Öl wird in Flakons verkauft, die die Unterschrift des Erfinders tragen, um jede Nachahmung zu verhindern, und zwar zum Preise von drei Franken, bei A. Popinot, Paris, Rue des Cinq-Diamants, im Quartier des Lombards.
Bestellungen werden franko erbeten.
Anmerkung. Das Haus A. Popinot hält auch die Drogerieöle, wie Pomeranzenöl, Süßmandelöl, Kakaoöl, Kaffeeöl, Rizinusöl und andere auf Lager.«
»Mein lieber Freund,« sagte der berühmte Gaudissart zu Finot, »das ist vollendet abgefaßt. Donnerwetter, wie wir da mit der Wissenschaft losziehen! Wir fackeln nicht lange, wir gehen geradenwegs auf die Sache los. Ich mache dir aufrichtig mein Kompliment, das ist nutzbringende Literatur.«
»Was für ein schöner Prospekt«, sagte Popinot begeistert.
»Ein Prospekt, dessen erstes Wort schon das Macassaröl tot macht«, sagte Gaudissart, indem er sich mit feierlicher Miene erhob, um die folgenden Worte zu verkünden, während er Bewegungen wie auf der Rednertribüne dazu machte: »Man – kann – die Haare – nicht wachsen machen! Man – färbt sie – nicht – ohne Gefahr! Ah, darin steckt der Erfolg. Die moderne Wissenschaft befindet sich im Einverständnis mit den Gewohnheiten der Alten. Man kann sich mit jungen und alten Leuten verständigen. Hat man mit einem alten Manne zu tun, so sagt man zu ihm: ›Ach, mein Herr, die Alten, die Griechen, die Römer hatten recht, und sie waren nicht so dumm, wie man uns glauben machen will.‹ Handelt es sich um einen jungen Menschen: ›Mein lieber junger Mann, das ist wieder eine Erfindung, die man der fortschreitenden Erleuchtung zu verdanken hat, wir gehen vorwärts. Was hat man nicht alles von der Dampfkraft, von dem Telegraphen und andern Dingen zu erwarten! Dieses Öl ist das Resultat eines Vortrags des Herrn Vauquelin.‹ Ob wir nicht noch einen Satz aus der Abhandlung des Herrn Vauquelin von der Akademie der Wissenschaften abdrucken, der unsre Behauptungen bekräftigt, was? Famos. Aber nun zu Tisch, Finot. Machen wir uns über das Gemüse her, und trinken wir den Champagner auf das Glück unsres jungen Freundes!«
»Ich habe mir gedacht,« sagte der Autor bescheiden, »daß die Zeit der in oberflächlichem, läppischem Ton gehaltenen Prospekte vorüber ist; wir sind in die Epoche der Wissenschaft eingetreten, deshalb mußte er ein gelehrtes Ansehen und einen autoritären Ton erhalten, wenn er dem Publikum imponieren soll.«
»Wir werden Feuer hinter das Öl machen; es juckt mich schon in den Füßen und in der Zunge. Ich bin der Kommissionär sämtlicher Geschäftsleute, die mit dem Haar zu tun haben; keiner gibt mehr als dreißig Prozent Rabatt; wir müssen vierzig geben, dann garantiere ich für hunderttausend Flaschen in sechs Monaten. Ich gehe zu sämtlichen Apothekern, Drogisten und Friseuren! Und wenn wir ihnen vierzig Prozent gewähren, dann werden sie alle ihre Kundschaft damit überschütten.«
Die drei jungen Leute aßen und tranken mit einem Bärenappetit und berauschten sich an dem zu erwartenden Erfolge des Huile Céphalique.
»Das Öl steigt einem zu Kopfe«, sagte Finot lachend.
Gaudissart erschöpfte sich in Kalauern über die Worte Öl, Haar usw. Da erscholl mitten während des homerischen Gelächters der drei Freunde beim Dessert der Ton des Türklopfers und wurde, trotz der Toaste und des gegenseitigen Gesundheitstrinkens, gehört.
»Das ist mein Onkel! Er ist imstande, mich zu besuchen«, rief Popinot.
»Ein Onkel?« sagte Finot. »Und wir haben nicht einmal ein Glas für ihn!«
»Der Onkel meines Freundes Popinot ist Untersuchungsrichter,« sagte Gaudissart zu Finot, »mit dem wird nicht gespaßt, der hat mir das Leben gerettet. Oh, wenn man sich so wie ich in der Klemme befunden hat, angesichts des Schafotts und schon das ›Quick und adieu ihr Haare‹ zu hören glaubte,« sagte er und machte die Bewegung des verhängnisvollen Beiles nach, »dann erinnert man sich an den edlen Beamten, dem man es zu danken hat, daß einem die Röhre, durch die der Champagner hinabfließt, erhalten geblieben ist! Dann erinnert man sich an ihn, und wenn man sternhagelvoll betrunken wäre. Sie können nicht wissen, Finot, ob Sie Herrn Popinot nicht auch noch mal brauchen werden. Donnerwetter, den müssen wir mit der größten Ehrerbietung begrüßen.«
1 Kanäle, Enten, Canaille. <<<
14
Es war in der Tat der edle Richter, der bei der Portierfrau nach seinem Neffen fragte. Als er seine Stimme erkannte, ging Anselm die Treppe hinab mit einer Kerze in der Hand, um ihm zu leuchten.
»Ich begrüße Sie, meine Herren«, sagte der Beamte. Der berühmte Gaudissart verneigte sich tief. Finot betrachtete den Richter mit seinen benebelten Augen und fand ihn ziemlich zopfig.
»Luxuriös sieht es hier nicht aus«, sagte der Richter ernst, während er das Zimmer besah; »aber wenn man etwas Großes werden will, mein Kind, muß man es verstehen, ganz klein anzufangen.«
»Was für ein tiefer Geist!« sagte Gaudissart zu Finot.
»Man könnte einen Artikel