G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western


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gesehen. Finnegan, packt euch den Kerl in der Gasse und schafft ihn ins Jail.«

      Er ging mit langen Schritten auf den am Boden liegenden Neil Ferguson zu, der sich nicht zu rühren wagte.

      Gerechter Gott, dachte Neil Ferguson angstvoll, der Posaunentröter ist hier der Marshal? Moss ist tot – Moss? Alle Teufel, was wird das, wenn Eddie es erfährt? Er hat an Moss mehr als ein Bruder am anderen gehangen. Eddie wird völlig durchdrehen, sobald er wieder bei Verstand ist. Verstand – der hat doch keinen Verstand, der Giftzwerg, dieser rachsüchtige, hinterhältige Bursche. Sieht den Posaunentröter aus der Kirche kommen und gurgelt plötzlich, der sähe genauso aus wie sein verdammter Alter. Und dann jagt er los, rammt den Gaul von Moss, als Moss ihm in den Weg reiten will und schießt…, schießt auf den Townmarshal.

      Neil Ferguson spürte, wie ihm der kalte Angstschweiß ausbrach. Er ahnte nur zu gut, was die Folgen von Eddies Narrheit sein würden. Eddie hätte auf alle möglichen Leute, nur nicht ausgerechnet auf den Marshal von Jerome schießen dürfen.

      Der Mann mit dem Zylinder auf dem Kopf und der Nickelbrille auf der Nase kam auf Neil Ferguson zu. Der seltsame Posaunentröter, der wie ein Hase in die Gasse gerannt war, schien Neil durch die Brillengläser mit funkelnden Augen zu fixieren. Dennoch wirkte er auf Neil Ferguson irgendwie leicht vertrottelt und geistesabwesend.

      Das also war der Marshal von Jerome – und er würde sie ins Jail einsperren, bis sie lange Bärte hatten!

      *

      Eddie Shaggers Gesicht hatte jetzt die Farbe von wochenalter Asche angenommen. Ein stumpfer Glanz ließ seine Augen ganz dunkel erscheinen. Seine zitternden Lippen öffneten sich, und Ferguson, der ahnte, daß Eddie gleich losbrüllen würde, hielt ihm blitzschnell den Mund zu. Zugleich setzte er ihm das Knie auf die Brust und drückte ihn mit aller Kraft auf die Pritsche des Jails herunter.

      »Um Gottes willen, hast du immer noch nicht genug?« keuchte Ferguson abgerissen. »Reiß dich zusammen, Mann, oder du machst alles noch viel schlimmer. Moss ist tot, er liegt in der Leichenhalle, und nichts und niemand macht ihn wieder lebendig. Eddie, um Gottes willen, schweig still, sonst erlebst du noch mal die Hölle. Ich habe noch nie einen Mann so schnell den Colt in der Faust halten sehen, als du ihn angesprungen hast.«

      Eddie bäumte sich wie ein Tier auf, krallte seine Finger in Fergusons Unterarm und sank dann jäh zurück. Er schien sich an irgend etwas zu erinnern.

      »Na, weißt du es wieder?« ächzte Neil. »Fang an zu toben, und ich drehe dir die Luft ab, du Unglücksvogel, du verdammter. Ich lasse dich jetzt los, aber machst du noch mehr Ärger, erlebst du was, das verspreche ich dir. Jetzt ist kein Moss mehr da, der mich zwischen die Schenkel tritt, wenn ich dir für deine Frechheiten die Ohren besäumen will. Weißt du jetzt, was du angestellt hast?«

      Ferguson war bedeutend kräftiger als Eddie. Und wahrscheinlich hätte er Eddie längst grün und blau geprügelt, wenn Moss nicht gewesen wäre. Moss hatte Eddie immer beschützt.

      »Du… du verfluchter Schuft!« stieß Eddie durch die Zähne, als ihn Neil losließ, jedoch drohend die Faust hob. »Jetzt kannst du ja über mich herfallen, was? Moss, mein armer, guter Vetter Moss – das Genick gebrochen, gleich tot? Und was… was habe ich angestellt, wen habe ich angesprungen?«

      »Den Posaunentröter, den Townmarshal«, knirschte Neil bissig. »Du bist zu dir gekommen, als er dich ins Jail bringen wollte. Du hast ihm die Gittertür vor den Schädel schlagen wollen, aber er ist blitzschnell zur Seite und der Tür ausgewichen. Dafür bist du mit den Händen zwischen die Türkante und die Stäbe geraten. Du hast gebrüllt wie ein Irrer, hast ihn anspringen wollen, und er hat dir den Colt über den Schädel gezogen. Weißt du es nicht mehr?«

      »Oh, mein Kopf, mein armer Kopf«, lallte Eddie. »Nicht so laut reden, mir platzt der Schädel, Neil. Moss, der arme, gute Junge – das Genick gebrochen, mausetot, wirklich?«

      Eddie schielte Neil heimtückisch und rachsüchtig an. Anscheinend erinnerte er sich ganz genau an alles, denn er blickte verstohlen zur Jailtür. Zu Neils Überraschung tobte er nicht los, sondern blieb liegen und hielt sich seinen Kopf. Entweder fühlte er sich ohne seinen Vetter verloren, oder die eiserne Härte und Kaltblütigkeit des Marshals beeindruckte ihn zu sehr.

      »Ein Straßenköter rannte seinem Gaul zwischen die Vorderhufe«, brummte Ferguson düster. »Es ging alles viel zu schnell. Wenn du Narr nicht losgeritten wärest, wäre gar nichts passiert. Du kannst dich mal fragen, für was Moss gestorben ist, wenn du wieder richtig denken kannst.«

      »Sei ruhig!« knirschte Eddie Shaggers giftig. »Wo ist er, der verfluchte Posaunentröter, der mir beinahe den Schädel eingeschlagen hätte? Oh, mein Gott, schmerzen meine Finger – mir tun alle Knochen weh. Wo ist der Hundesohn?«

      »Ich weiß nicht, er ist weggegangen«, schnaufte Neil. »Mann, sei bloß jetzt friedlich und endlich klug, sonst kommen wir hier nicht mehr heraus. Er will Moss morgen gegen Mittag begraben, hat er gesagt. Undertaker in diesem Nest ist der auch noch.«

      »Undertaker, Posaunentröter und Townmarshal«, giftete Eddie, der nun völlig bei Verstand zu sein schien. »Das Tor – wie der mir das Tor entgegengefegt hat! Wie kann einer so harmlos aussehen und es doch so faustdick hinter den Löffeln haben? Das ist der gerissenste, listigste Schweinehund, dem ich jemals begegnet bin. Was hast du ihm erzählt, he? Oh, mein Gott, was fangen wir ohne Moss an, was sollen wir denn jetzt machen, Neil?«

      Das ist es also, dachte Neil, ohne Moss fühlt sich der Giftpilz verloren. Nur deshalb ist er jetzt friedlich – was man bei dem niederträchtigen Burschen schon friedlich nennen kann. Wenn es wahr ist, was Moss einmal erzählte, hätte Jake Higgins, der Grenzbandit, Eddie schon vor drei Jahren über den Haufen geknallt, wenn Moss nicht gewesen wäre. Gerechter, Moss und Eddie ritten einige Zeit mit Higgins und dessen Horde, aber davon weiß niemand etwas. Sieh einer an, jetzt hat Eddie ziemlich die Hosen voll, aber wie ich den kenne, hat er sofort wieder das große Maul, sobald er hier heraus ist.

      »Was meinst du, was ich ihm erzählt habe?« knurrte Neil Ferguson, der zwar bis in die Knochen rauh, aber noch nie mit jenen Leuten umgegangen war, mit denen es die Shaggers zu tun gehabt hatten. »Daß du gesoffen hattest, Mann, konnte man auf zehn Schritt riechen. Ich habe ihm die Story von deinem Alten erzählt und gesagt, du wärest durchgedreht, als du die Posaune gehört hättest. Übrigens hast du mit dem ersten Schuß eins der Ventile seiner Posaune verbeult. Er sagt, es gäbe nur einen Instrumentenmacher in ganz Arizona, der das wieder hinbekommen könnte. Keine Sorge, ich habe dich als völlig besoffen hingestellt.«

      »Das ist gut«, schnaufte Eddie Shaggers erleichtert. »Dabei müssen wir bleiben, hörst du? Ich war völlig besoffen, total verrückt, meinetwegen. Und – und was hast du ihm noch erzählt?«

      »Er wollte wissen, woher wir gekommen und wohin wir unterwegs sind«, brummte Neil mißmutig. »Die Hölle, er kennt den alten Bill Regan ziemlich gut. Er sagte, es wäre kein Wunder gewesen, daß uns der Alte gefeuert hätte. Dabei schien er zu grinsen, der seltsame Kerl. So einer wie der ist mir noch nicht begegnet. Ich sage dir, er ist höllisch gefährlich, auch wenn er wie ein Trottel aussieht.«

      »Wenn er mir jemals begegnet, bezahlt er für alles!« giftete Eddie zischend. »Läßt mich vor das verfluchte Tor reiten und schlägt mich beinahe tot. Und Moss hat er auch auf dem Gewissen, der verdammte Satan. Dem werde ich…«

      »Du wirst gar nichts!« fauchte ihn Neil Ferguson scharf an. »Wehe dir, du riskierst eine dicke Lippe, so daß wir nicht aus dem verdammten Jail kommen. Ich schwöre dir, ich breche dir alle Knochen, Eddie. Denke gefälligst an Alec und Bill Regan, vergiß keine Minute, daß wir fertig sind, wenn wir nicht vor dem Alten zu Alec kommen können. Bill Regan läßt Alec und uns einlochen, bis wir schwarz sind. Wir müssen nach Tucson, ehe der Alte hinkommen kann. Und darum spielst du den Frommen und Entsetzten, der nicht begreifen kann, warum er auf den Marshal geschossen hat, ist das klar, Mensch?«

      Eddie Shaggers hielt sich stöhnend den Kopf. So sehr er auch jenen Posaunentröter haßte, er wußte nur zu gut, daß sie nur eine Chance hatten, wenn er sich jetzt friedlich und zerknirscht gab. Eddie, der Giftzwerg, fühlte sich wie