G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western


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dem baumlangen Oldtimer hoch. Dann sah er sich suchend um.

      »Der Marshal ist im Haus«, grollte Sherman. »Deine Kugel hat ihn angekratzt.«

      »Ah!« stieß Dillon durch die Zähne. Sein Kopf schmerzte, aber er überwand den Schmerz. »Habe ich ihn doch noch getroffen? Weshalb ist der Hund noch am Leben?«

      »Er hatte Glück, zwei Bäume fielen über ihn, eine Baumkrone und etliche Büsche schützten ihn vor dem Geröll. Du gibst also zu, daß ihr die Steinlawine ausgelöst habt?«

      »Ich weiß von keiner Steinlawine«, antwortet Dillon zynisch. »Ich rede von der Kugel. Die hätte ich nie abgefeuert, wenn du mich nicht von hinten niedergeschlagen hättest, du alter Narr!«

      Der Alte zuckte einmal mit den Lidern. Dann bückte er sich langsam, hob mit seinen Bärenkräften Dillon an und warf ihn dann über die Wagendeichsel seines schweren Transportwagens.

      »Niemand nennt mich einen Narren, erst recht kein Mörder!« knurrte er. »Zu meiner Zeit machten wir es anders – so!«

      Er hatte Dillon mit der Linken gehalten, mit der Rechten die Peitsche vom Bock genommen und holte aus. Die Hiebe hagelten dicht bei dicht auf Mort Dillons über die Deichsel gewölbtes Gesäß herab. Zuerst schwieg Dillon, aber dann begann er zu heulen wie ein Hund.

      »Was habt ihr hier gewollt?« fragte der Alte finster. »Ihr habt uns Pferde stehlen wollen, was? Antworte, du Strolch!«

      »Du verfluchter…«

      Er schrie wieder und hatte plötzlich das Gefühl, das er vor vielen Jahren gehabt hatte, wenn er seinen Vater angelogen und der ihn im Stall über den Sägebock geworfen hatte, um die Wahrheit aus ihm herauszuprügeln.

      »Ja, ja, wir wollten Pferde stehlen!«

      »Siehst du, Matt, mein Sohn«, knirschte der alte Sherman. »Dies ist meine Medizin, so erfährt man alles. Dillon, du Mörder, was hättest du mit meiner Frau gemacht? Du hast doch geglaubt, daß sie allein auf der Ranch war, oder? Antworte schnell!«

      »Nichts – nichts, wir hätten sie gebunden und…«

      »Gebunden?« fragte der Alte leise. Er sprach jetzt ganz ruhig, denn ihm war etwas klar geworden. »So – gebunden? Das hättet ihr gemacht – sonst nichts? Ihr hättet nicht das Haus durchwühlt, um Geld zu finden? Was dort auf der Kiste liegt, das ist ziemlich wenig. Angeblich soll Liza Palucco immer mehr als fünftausend Dollar im Saloon gehabt haben, aber ich sehe das Geld nirgends.«

      Der Alte hatte plötzlich das Würgen im Hals, er konnte einen Moment nicht mehr sprechen. Marshal Logan hatte berichtet, daß er nur dreieinhalb Stunden nach dem Verschwinden Liza Paluccos in den Saloon gekommen war. Die Dillons hätten die Frau nie mitgenommen, wenn sie nicht die Absicht gehabt hätten, sie genauso spurlos verschwinden zu lassen wie ihre anderen Opfer.

      »Nur gebunden, ja«, sagte der Alte langsam und schwer. »Dillon, ihr habt diesen Morris für tot gehalten, aber der Mann lebt – er hat dem Marshal erzählt, was ihr mit Liza Palucco tun wolltet, die jetzt wahrscheinlich in dem Spalt am Wasserfall liegt. Dillon, wer euch sieht und gegen euch zeugen könnte, der stirbt. Was hättet ihr mit meiner Frau gemacht?«

      »Ich sage doch, gebunden, sonst nichts. Ich schwöre…«

      Matt und Tabe Sherman wurden bleich. Jetzt begriffen sie, was ihrer Mutter geschehen wäre. Der Alte schwang die Peitsche, bis Mort heulend herausbrüllte:

      »Ich geb’s zu, ich gebe es zu, wir hätten sie umgebracht, wir hätten sie…«

      Charly war bei dem entsetzlichen Geheul erwacht und sah sich aus flackernden Augen um, denn die Frau stand leichenblaß in der Tür.

      »Ja«, sagte Sherman mit furchtbarer Ruhe. »Ja, Mörder, das hättet ihr getan, ich wußte es, aber du solltest gestehen. Matt, Tabe, bringt sie unter den Hofbalken und holt dann zwei Pferde und zwei Stricke!«

      »William, um Gottes willen, das darfst du nicht tun!« stöhnte die alte Frau und hielt sich zitternd am Tor fest. »Mann, ich bitte dich – das ist gegen das Gesetz, sie werden dich einsperren, Mann, sie werden…«

      »Geh da fort, Frau!« sagte der Alte ganz leise. »Geh zur Seite! Sie sollen mich einsperren, aber in der Jury werden Männer wie ich sitzen, Rancher, Bürger – ich fürchte mich nicht vor der Jury und ihrem Spruch, denn jeder Mann, der in dieser Jury sitzt, würde genau dasselbe getan haben. Matt, Tabe, ich werde die Verantwortung übernehmen. Schafft dieses mörderische Gesindel hinaus!«

      *

      Der blufft nicht, dachte Charly, der macht es wahr. Ich will nicht, ich will nicht in die Schlinge, ich will nicht…

      Er schrie, sah den Rundbalken über sich, das Seil, die Schlinge kommen und brüllte verzweifelt.

      »Mort, Mort, hilf mir, hilf mir doch!«

      Charly sah das Gesicht ganz verschwommen, erkannte es nicht, weil er heulte und der Strick nun unter seinem Kinn scheuerte. Welcher Sherman hatte ihm die Schlinge um den Hals gelegt – welcher?

      »Ich will nicht – ich will nicht…«

      »Sei ruhig!« hörte er Mort plötzlich sagen und sah die rote Bandana Morts wie Blut leuchten. »Sei still, Bruder, stirb wie ein Mann!«

      »Mort – Mort!«

      Nein, dachte er, nein, sie bluffen ja doch nur, sie wollen nur, daß ich wie ein Hund heule, aber ich heule nicht, ich lache, ich spucke auf sie, ich spucke!

      »Ich tue es!« hörte er einen der Shermans sagen. Es war Matt, der jetzt losging und hinter die Pferde trat. »Wenn sie einen dafür einsperren, dann werde ich es sein, Vater.«

      »Du nicht!« grollte der Alte. »Geh zur Seite, Junge!«

      »Dad, Mutter braucht dich, ich kann ruhig…«

      »Halt… hat…«

      Der Alte sah sich jäh um, als der Mann sich ächzend meldete und seine Frau hinter ihm in der Tür erschien. Dort stand der Marshal seltsam schief und mit dem frischen Verband um den Kopf. In der Hand hielt er seinen Revolver, aber die Mündung wackelte – der ganze Mann schwankte.

      So, dachte der Alte, hat sie ihn doch munter machen können? Es ist zu weit, Marshal, du kannst nicht treffen. Auf die Entfernung würde nicht mal ein Scharfschütze bei voller Gesundheit eine Kugel ins Ziel bringen.

      »Halt, Sherman, sie gehören vor eine Jury, sie gehören…«

      »Weg mit dir, Junge!« knirschte der Alte und schleuderte seinen Sohn zur Seite. »Der wird sie nicht ins Jail stecken, damit sie dem Sheriff den Hals durchschneiden und noch mal entwischen, um wieder zu morden.«

      Er holte aus, sah sich kurz um und den Marshal an der Tür in die Knie gehen.

      Die Pferde wieherten grell, als der Alte ihnen auf die Kruppe schlug. Sie sprangen an, rasten los.

      Nein, dachte der Alte, nicht noch eine Chance für diese Mörder, sie hatten schon zu viele. Sie hätten Mary umgebracht, sie hätten unsere gute Mutter kaltblütig ermordet. Ich habe immer zu dem gestanden, was ich getan habe, ich werde es auch diesmal tun. Irgendwann wird dieser Marshal auf einigen Friedhöfen Gräber öffnen lassen und Tote finden, und es wird vor dem Tag sein, an dem ich vor die Jury treten muß. Irgendwann werden sie in den Spalt an Seilen hinabsteigen und die Frau herausholen, vielleicht auch die Tasche. Ja, es wird einige geben, die sagen werden, daß ich es nicht tun durfte, aber es werden andere da sein – die meisten. Und sie werden sagen:

      »William, du hast nur das getan, was wir auch getan hätten. Wir sind das Gesetz, William Sherman, wir, das Volk – und wir sagen dir, du hast es in unserem Namen getan.«

      Der Alte hob den Kopf und sah zu den auspendelnden Stricken. Sein Gesicht war starr und wie aus Stein gehauen, als er sich umdrehte und zu seinem Haus ging, wo der Marshal am Boden saß und ihn wie ein Mann, der gleich umfallen würde, ansah.

      »Du kannst mich mitnehmen, wenn du wieder reiten kannst«, sagte er langsam