Marlene Feger

WanderStudiumGenerale


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      2.WEGE BEREITEN

      Für uns entstand die Idee des Projekts aus einer Hilflosigkeit und einem Gefühl der Unmündigkeit in einer Zeit des Übergangs: in der Zeit zwischen Schule und Ausbildung bzw. Studium. Die Kraft, die aus der oben beschriebenen Art des Lernens für uns erwachsen ist, ermöglichte jedem von uns, auch wenn dies nicht das primäre Ziel des Projektes war, sich für einen nächsten Schritt entscheiden zu können.

      3.RÄUME ÖFFNEN

      Uns wurden Räume geöffnet und wir wurden reich beschenkt. Aus Dankbarkeit darüber und aus einem Gefühl der Verantwortung möchten wir mit diesem Buch ebenfalls Raumöffner sein, sodass der Schatz, der uns zuteilwurde, nicht länger auf uns beschränkt sei. Den Raum, den wir anderen zugänglich machen möchten, kennen wir selbst noch nicht, denn jede neue Gruppe, die unseren Impuls aufnehmen möchte, wird andere Wege finden und abweichende Erfahrungen machen.

      Es ist uns wichtig zu betonen, dass auch wenn wir in diesem WSG vielen Dozierenden mit anthroposophischem Hintergrund begegnet sind und uns auch immer wieder mit der Anthroposophie beschäftigt haben, dieses Projekt und auch dieses Buch in seiner Grundidee unabhängig von anthroposophischen Inhalten ist. Dass wir uns viel mit diesem Thema beschäftigt haben, erfolgte aus unserem Interesse und der Wahl der Dozierenden – ein neues WSG wird sich unter Umständen individuell ganz andere Themen suchen.

      Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wenn im Folgenden Formen verwendet werden, die sich auf Personengruppen beziehen, meist die männliche Form gewählt wurde, dies nicht geschlechtsspezifisch gemeint, sondern ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit geschehen ist.

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      VON DER IDEE ZUM KONKRETEN PROJEKT

       »Klingt ja ganz spannend, was ihr da vorhabt. Und welche Institution steht hinter eurem Projekt?«

       »Keine. Wir organisieren es selbst.«

      An diesem Punkt unserer zahlreichen Gespräche, die wir vor allem in der ersten Planungsphase häufig führten, waren die Reaktionen immer sehr unterschiedlich. Es ist ein wesentlicher Charakterzug des WSG, dass die Reisenden gleichzeitig Organisatoren, Gestalter und Teilnehmende sind.

      ERSTE IDEE

      Es war ein interessanter Weg von der Geburt einer vagen Idee hin zu einem abgeschlossenen Projekt, über das wir heute ein Buch schreiben, damit es durch die Hände möglichst vieler anderer Menschen geht, um von ihnen aufgenommen und weiterentwickelt zu werden.

      Am Beginn des WSG stand eine Idee. Diese entwickelte sich aus der Frage, wie wir die Zeit, die zwischen dem Ende der Schulzeit und dem Beginn der weiterführenden Bildung an der Universität oder in einer Ausbildung sinnvoll füllen können. Im Gespräch beim gemeinsamen abendlichen Essen kam die Vision auf, sich auf den Weg zu machen, um an unterschiedlichen Orten mit Menschen in Kontakt zu kommen, die uns auf dem Weg in die eigene Bildung helfen können.

      Entscheidend sollte dabei sein, dass wir dafür Menschen finden, die uns als Person interessieren und deren Arbeit uns fasziniert. Denn – davon sind wir überzeugt: Es war immer die persönliche Begeisterung einzelner Lehrerinnen und Lehrer, die uns motiviert hat, in unserem eigenen Interesse zu lernen. Das war in der Schule der Fall und würde sicherlich auch dort am stärksten zu erleben sein, wo wir Menschen in ihrem Arbeitsumfeld begegneten, von dem sie selbst vollkommen begeistert sind.

       »Faszinierend für mich ist, wenn ich auf diesen Geburtsmoment zurückblicke, dass ich mir damals ein inneres ungläubiges Lächeln nicht verkneifen konnte, das ungefähr sagte: Schön und gut, genieß ein wenig diesen Rausch, aber eigentlich weißt du ja, das ist eine Nummer zu groß für dich und völlig verrückt …«

       Marlene Schmeel

      DIE SUCHE NACH TEILNEHMENDEN

      Schnell waren die Zweifel beseitigt, ob wir prinzipiell weitere Interessierte finden könnten, die an der Umsetzung einer solchen Idee teilhaben wollten. Wir sprachen mit Freunden und Bekannten aus dem näheren Umfeld und hatten sehr schnell den Eindruck, dass diese Idee nicht nur Idee bleiben, sondern tatsächlich umgesetzt werden würde. Denn die Reaktionen derer, mit denen wir sprachen, waren durchweg positiv: Die Idee wurde für faszinierend und gut befunden, und viele unserer Gesprächspartner hatten unmittelbar Interesse, an dem Projekt teilzunehmen.

      Für uns stand schon zu Beginn fest, dass wir in einer kleinen Gruppe unterwegs sein wollten. Einerseits, da es logistisch die sinnvolle oder realisierbarer erscheinende Variante war. Wir dachten das Projekt schon sehr früh als hoffentlich ein erstes von vielen, also als einen Versuch, der vielleicht erst einmal im Kleineren durchgeführt werden sollte. Viel wichtiger war aber vielleicht: Wir wollten in einer kleinen Gruppe lernen, in der jeder mitgenommen werden und in der ein wirklich fruchtbares Gespräch aufkommen kann. Wäre die Gruppe zu groß geworden, hätten wir da sicher Schwierigkeiten gehabt.

      Der Prozess, in dem sich die Gruppe letzten Endes endgültig fand, war sehr lebendig. Über den E-Mail-Verteiler eines Jugendseminars stellten wir unsere Idee vor – und bekamen jede Menge Antworten. Viele waren begeistert von unserer Idee, konnten jedoch aufgrund von Verpflichtungen wie etwa einem Studium sich nicht vier Monate Zeit nehmen – diesen zeitlichen Rahmen hatten wir in diesem Stadium der Planung bereits grob vor Augen. Einige Interessierte kamen hinzu, manche sprangen wieder ab, da sie in der Zeit, in der wir unterwegs sein wollten, einen Studien- oder Praktikumsplatz zugesagt bekommen hatten.

       »Andererseits lese ich aus dem Protokoll eines nur wenige Wochen später stattfindenden Organisationsgesprächs, in dem die Realität mit Finanzierung und Absagen potenzieller Teilnehmer über uns hereinbrach: ›Marlene S. und F. wollen dieses Projekt auf jeden Fall durchziehen, in letzter Konsequenz auch zu zweit.‹ «

       Marlene Feger

      Letzten Endes fand sich unsere Gruppe aus fünf Mitgliedern zusammen, und wir haben während der Zeit des Projekts immer wieder festgestellt, dass wir mit genau dieser Gruppe sehr glücklich waren, uns keinen weg- oder hinzudenken konnten. Wir lernten uns zu Beginn als gesamte Gruppe in einem Videotelefonat über die ganze Welt hinweg kennen, da wir uns zu dem Zeitpunkt auf verschiedenen Kontinenten aufhielten.

      KONTAKTAUFNAHME MIT DEN DOZIERENDEN

      Während sich die Teilnehmer fanden, lief parallel die Planungsund Vorbereitungsphase weiter. Es galt, Dozierende zu finden und zu kontaktieren. Wir überlegten gemeinsam, an welchen Themen wir in dieser Zeit würden arbeiten wollen und wer für diese Themen der richtige Dozierende sein könnte. War jemand in die »engere Auswahl« gekommen, stellten wir diesem unsere Idee vor und fragten, ob er sich vorstellen könnte, als Dozierender Teil des WSG zu werden, also Zeit, Erfahrungen und Wissen mit uns zu teilen – ohne dafür bezahlt zu werden.

      Und so sah unser Anschreiben aus:

      Ich möchte Ihnen im Folgenden unser Programm »Wander-Studium-Generale« vorstellen und hoffe, Sie bekommen Lust, daran teilzunehmen.

      Wir sind eine Gruppe von 5 Jugendlichen, die Interesse am Weltgeschehen haben und die Zeit zwischen Abitur und Studium/Ausbildung für neue Erfahrungen und Begegnungen nutzen möchten. Da wir den Eindruck haben, dass man sich, sobald man ein Studienfach gefunden hat, doch sehr für eine bestimmte Richtung festlegt, wollten wir davor noch einmal unsere Fühler möglichst breitgefächert ausfahren und viele, viele Fragen stellen können. Nur welche? Und an wen? Zudem haben wir das Gefühl,