Marlene Feger

WanderStudiumGenerale


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können. Mit dem Abschluss des Abiturs fühlen wir uns nicht gewachsen, den großen Fragen unserer Zeit mündig gegenübertreten zu können.

      Deshalb die Idee des Wander-Studium-Generale: 5 fragende Jugendliche in einem VW-Bus, die damit durch Europa reisen und Menschen unterschiedlichster Herkunft und Geschichte begegnen, die vielleicht einige Fragen beantworten können und zu ganz vielen neuen Fragen anregen.

      Wir stellen uns vor, dass eine Begegnung 10 – 14 Tage dauert, mit täglich ca. zweistündigen Einheiten zu Ihrem Thema. Dieser Rahmen ist selbstverständlich nicht zwingend und von Ihren ganz persönlichen Vorstellungen einer gemeinsamen Arbeit abhängig. Während der verbleibenden Zeit wollen wir durch Straßenmusik etwas Geld verdienen, um unseren Kühlschrank und Tank zu füllen, Kunst machen, selbsterarbeitete Themen besprechen und vor allem neben Ihnen vielen Menschen die Frage stellen, was Europa für sie bedeutet.

      Hier einige Daten:

      Starten möchten wir unsere Reise von Tübingen aus Anfang April 2018 und werden voraussichtlich 3 – 4 Monate unterwegs sein. Deshalb die Frage an Sie: Haben Sie Zeit und Lust, sich in diesem Zeitraum mit uns zu treffen und einer unserer Antwortengeber und Fragenanreger zu sein? Wir müssen Ihnen aber sagen, dass wir Sie nicht mit Geld entlohnen können, jedoch für Garten-, Haus- und sonstige Arbeit offen und zu haben sind.

      Um einen Schlafplatz kümmern wir uns selbst, falls Ihnen aber eine geeignete Stelle bekannt ist, wären wir froh über Ihre Anregung dazu.

      Wenn unsere Reise erfolgreich wird, würden wir dieses Projekt gern größer denken und andere Jugendliche dazu ermutigen, sich auch auf den Weg zu machen. Deshalb: Selbst wenn Sie für uns keine Zeit finden, aber an unserem Projekt interessiert sind, melden Sie sich bitte bei uns zurück, dann können wir Sie als Kontakt für künftige Gruppen vormerken.

      Anfangs war es eine gewisse Hürde, diese Anfrage mit derart vielen »Forderungen« zu stellen. Wir schrieben ja ins Ungewisse hinein und wussten nicht, wie die Reaktionen ausfallen würden – im schlimmsten Fall würde unser Vorhaben als unrealistisch belächelt oder die Anfrage gar als dreist wahrgenommen werden.

      Doch nichts dergleichen! Die ersten Reaktionen kamen schnell und waren beflügelnd: Die Idee wurde befürwortet, und in kürzester Zeit hatten wir unsere ersten Dozenten gefunden. Die vermeintliche »Hürde« war überwunden, immer leichter fiel es uns, immer mehr wurden wir darin bestärkt, das Projekt nicht als in der Ferne liegenden, mehr oder weniger wahrscheinlich real werdenden Traum, sondern als reale Zukunft zu sehen.

      Gleichzeitig erlebten wir, dass mit jedem weiteren Schritt in Richtung Konkretisierung auch neue Fragen auftauchten.

      ZEITPLAN

      Um in ein Thema tiefgreifender Einblick erhalten zu können, wollten wir mit den Dozenten häufiger als nur einmal arbeiten. Wir stellten uns Seminare mit einer Länge zwischen ein paar Tagen bis zu zwei Wochen vor, je nachdem, wie viel Zeit die jeweiligen Kursleiter aufbringen könnten. Und diese Idee ging erstaunlich gut auf: Jeder Dozent bot uns so viel seiner Zeit an, wie es ihm möglich war, wofür wir tief dankbar sind.

      Sie boten Zeitfenster und Termine an, in denen wir uns treffen könnten, und wir stellten aus diesen unterschiedlichen Angeboten einen Zeitplan zusammen, der vier Monate intensiv ausfüllte. In diesen Zeitplan wollten wir eine einwöchige Pause einbauen, in der sich jeder von uns für eine Weile aus dem engen, intensiven und natürlich auch manchmal anstrengenden Leben im Lernen und in der Gruppe zurückziehen könnte. Diese Pause konnten wir ziemlich genau zur Halbzeit des Projekts im Zeitplan verankern. Es ist ein Wunder, wie gut sich der zeitliche Ablauf bei all den unterschiedlichen Teilnehmern, Dozenten, Unterbringungen und Orten unserer Reise letzten Endes gefügt hat.

      UNTERBRINGUNG

      Nun, als geklärt war, mit wem wir wann und nicht zuletzt wo arbeiten würden, musste an den unterschiedlichen Orten eine Unterbringung gefunden werden. Hierbei halfen uns häufig die Dozenten, die uns Menschen aus ihrem Umfeld vermittelten, bei denen wir unterkommen konnten. Teilweise waren wir privat bei Freunden untergebracht, einmal bei einem Dozenten selber, in den meisten Fällen war es das Netzwerk der Waldorfschulen und Christengemeinschaften vor Ort, denen wir uns vorstellten und fragten, ob sie eine Bleibe für uns wüssten. Die Unterstützung, die wir hier erfahren haben, erfüllt uns mit tiefer Dankbarkeit. Vollständig unbekannte Menschen öffneten uns Tor und Tür und ließen uns für eine gewisse Zeit in ihrem Heim bei sich wohnen.

      INHALTLICHE VORBEREITUNG

      Wirklich wichtig erschien es uns, dass jeder Einzelne sich auf die unterschiedlichen Etappen und Themengebiete individuell vorbereiten und diese Vorbereitung den anderen zur Verfügung stellen würde. Jedes Mitglied der Gruppe hatte mehrere Themen vorgeschlagen. Im nächsten Schritte wollten wir erreichen, dass alle sich mit diesem Bereich und Dozenten im Vorfeld bereits etwas auseinandersetzten, Fragen an sie oder ihn stellten und das Thema in einen Kontext setzten. Um das zu erreichen, schrieb jeder zu jedem Thema einen Text, in dem er sich mit diesem auseinandersetzte – wir nannten diese Texte »Dozentenbriefe«. Diese wurden gesammelt, und wir stellten sie in einem kleinen Buch zusammen, von dem jeder eine Ausgabe erhielt. So konnten wir uns schon vor unserem Aufbruch mit allen Themen beschäftigen und uns die zusammengetragenen Gedanken vor Beginn der einzelnen Etappen noch einmal vergegenwärtigen. Dieses Konzept war überaus fruchtbar: Es ermöglichte uns einen guten Wechsel zwischen den unterschiedlichsten Themen und ein mentales Einstimmen auf das, was als Nächstes kommen würde.

      FINANZIERUNG

      Der entscheidende Teil des WSG – die Kurse bei den Dozenten – waren wie schon beschrieben ein Geschenk an uns. Wir boten natürlich immer unsere Arbeitskraft als kleines Zeichen zur Hilfe an. Beispielsweise arbeiteten wir im Garten oder kochten, um symbolisch etwas zurückzugeben.

      Unsere Kurse zu bezahlen, hätten wir finanziell definitiv nicht stemmen können, das war uns von Beginn an klar. Wir wollten uns dadurch aber nicht von unserer Idee abbringen lassen. Und den Dozenten hatten wir es ja in unserem ersten Schreiben auch schon mitgeteilt.

      VERSORGUNG

      Der nächste Punkt war die Verpflegung. Vier Monate lang fünf Menschen glücklich und satt zu halten, kostet natürlich etwas. Hier hielten wir die Kosten gering: Da wir mit einem Auto mit einer großen Dachbox unterwegs waren, konnten wir neben unserem Gepäck Küchenutensilien und eine Grundausstattung an Nahrungsmitteln mitnehmen. Wir kochten in den allermeisten Fällen ein- bis zweimal am Tag selbst und versuchten, günstig und in größeren Mengen einzukaufen. Außerdem erhielten wir immer wieder Spenden in kulinarischer Form.

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      FORTBEWEGUNG

      Um von Ort zu Ort zu kommen, hatten wir anfangs überlegt, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Das hätte jedoch bedeutet, dass wir mit all unserem Gepäck und unseren Musikinstrumenten teilweise in sehr kurzer Zeit große Strecken zurücklegen und auf unsere mobile Küche verzichten müssten. Also beschlossen wir, für das Projekt ein Auto zu kaufen. (Wir konnten es sogar nach dem Projekt mit nur wenig Wertverlust wieder verkaufen.)

      Trotz einiger notwendiger Reparaturen unterwegs war diese Entscheidung genau das Richtige. Ein zukünftiges WSG könnte mit längeren Pausen zwischen den Etappen sicherlich andere Verkehrsmittel nutzen, wenn es auf ein Auto und die Umstände des Kaufs und Verkaufs verzichten will. Wir haben neben den relativ geringen Anschaffungs- und Instandhaltungskosten natürlich eine Versicherung und Benzin zahlen müssen. Diese Kosten sollte man abhängig von der Strecke, die man zurücklegt, gut kalkulieren. Für uns, die wir viel gefahren sind, war die Anschaffung des Autos in jedem Fall finanziell eine sinnvolle Investition.

      Schließlich gab es noch verschiedene Eintritte zu Ausstellungen und Konzerten, die wir während der Reise besuchten. Dabei entdeckten wir, dass es mit etwas Vorbereitung gut möglich