target="_blank" rel="nofollow" href="#fb3_img_img_aabacf87-4291-5932-beed-be661f4bde37.jpg" alt="image"/> abgestimmt, d. h. wenn im Namen einer Organisation oder gar der Kirche etwas gesagt wird, dann muss ich sicher sein, dass in meinen Kreisen eine gewisse Solidarität dahintersteht. Ich kann als Caritasbischof nicht etwas zur Flüchtlingsfrage sagen, wenn eine ganze Reihe von Caritasdirektoren sich außerstande sieht, meinen Worten zuzustimmen. Der Effekt ist höchstens Peinlichkeit. Wenn man von einem Sekretariat zu einer gesellschaftlichen Frage Stellung nimmt, z. B. zu der gar nicht einfachen Frage des Bundesheeres oder ähnlicher Probleme, und die offizielle Äußerung findet nicht einmal die Zustimmung der eigenen schütteren Reihen, dann wird eine derartige Aussage blitzschnell zum Nichts relativiert, und man begibt sich selbst in den Raum der Bedeutungslosigkeit.
Wer im Alltag der Gesellschaft
wirklich etwas verändern will, muss im Rahmen der
Demokratie in die Institutionen einsteigen
Es könnte sein, dass mir hier nicht jeder zustimmt. Ich bin ein überzeugter Verfechter der Distanz der Kirche, der Seelsorge, des Seelsorgers und seiner unmittelbaren Mitarbeiter von der Parteipolitik. Aber gleichzeitig müssen gerade aus den sozialen Organisationen der Kirche Menschen kommen, die dann in Betriebsräte, Gemeinderäte, Gewerkschaft und Arbeiterkammer einsteigen. Natürlich ist das dann ein ernüchternder Einstieg aus der Loge des Idealen auf die Bühne des Möglichen, jene Welt, in der es nie ganz bejahte Lösungen gibt, die man nicht bekritteln könnte, sondern eben immer wieder den Kompromiss. Aber auch auf diesem Feld gibt es die Chance der Redlichkeit, wenn sie auch oft einen schmerzlichen Weg hat. Aber für das katholische soziale Engagement genügt es nicht, sozusagen am Straßenrand des Lebens von Zeit zu Zeit ein Transparent mit starker Aussage hochzuhalten. Eine katholische Sozialbewegung muss Menschen, eben gut geschulte Menschen, in die Arena schicken und dazu ermuntern und ermutigen. Die sorgfältig und manchmal kokett gepflegte „Politikmüdigkeit“ junger Menschen ist letztlich eine Absage an einen christlichen Weltdienst in unserer nun einmal – Gott sei Dank – demokratischen Gesellschaft. Die braucht zwar auch außerparlamentarische Initiativen, wenn sie aber nur mehr aus solchen besteht, wird sie zum Chaos der Egoismen.
Wenn Mitglieder unserer Bewegungen in diesen Bereichen tätig sind, werden sie auch mit dafür sorgen, dass wir auf dem Boden bleiben und nicht in den Sog utopischer Zielsetzungen geraten. Ein Bischof braucht auch Pfarrer, die handfest im konkreten Betrieb stehen, damit er nicht auf seinem Thron in rosarote Kirchenbilder entschwebt.
Wir müssen positiv gepolt sein
Das möchte ich zum Schluss noch sagen. Es scheint mir wichtiger als der eine oder andere Appell. Sie werden manche Dinge, die ich jetzt anklingen habe lassen, vielleicht schärfer und differenzierter sehen. Aber hier möchte ich um der christlichen Grundhaltung wegen insistieren: In einer Zeit einer nicht ganz leichten inneren Situation der Kirche, eines schleichenden Frustes und Erscheinungen der Resignation, in einer Zeit, in der es in der Gesellschaft, in der Politik, im Bereich von Medien und Literatur so etwas wie eine „Lust am Negativen“ gibt, muss man als Christ einen anderen Ton hineinbringen, sonst sind wir reif zum Verschwinden.
Wer sich bemüht, den Willen Gottes aus seinem Wort und den Zeichen der Zeit zu erkennen, der kann doch getrost ans Werk gehen. Und zwar mit einer Motivation, die aus dem Ewigen kommt, und einer Diktion, die selbst in der harten Kritik noch einen Hauch von Liebe birgt, die eben auch aus dem Ewigen kommt, und mit dem Vertrauen, dass man von Christus begleitet ist, mit der Hoffnung, dass grundsätzlich nichts umsonst ist, und mit der realistischen Erwartung, dass heute in vielen Menschen unheimlich viel guter Wille da ist und dass gegen alle erkannten Defizite auch immer wieder Gegentrends auftreten, in die man einsteigen und die man verstärken kann. Wir können und müssen als Christen positiv gepolt sein, das gilt auch dann, wenn wir im sozialen Engagement da und dort gegen Missstände auftreten müssen. Wir müssen Salz der Erde sein, aber bitte nicht jammernde, anklagende, keifende und fanatische Salzsäure. Nicht die humorlose Verbissenheit darf uns kennzeichnen, sondern das heimliche Urvertrauen. Das ist „témoignage chrétien“, christliches Zeugnis.
Natur und Heimat
An den Beginn dieses Kapitels sei ein Text aus dem Buch der Weisheit gestellt: „Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, Herr, du Freund des Lebens. Denn in allem ist dein unvergänglicher Geist.“ (Weish 11,26–12,1)
Immer wieder wurde Reinhold Stecher auch zu säkularen Anlässen und Feierlichkeiten eingeladen, die Festrede zu halten. Dabei hat er seine Zuhörer in deren Lebenswelt abgeholt und Tiefendimensionen unseres Daseins erhellt.
Auch wenn „Tirol braucht Fenster“ als schriftlicher Beitrag für die 50. Jubiläumsnummer der Tiroler Kulturzeitschrift „Das Fenster“ verfasst wurde, ist er ein beeindruckendes und tiefsinniges Gedankenspiel mit dem Bild des Fensters; es folgen Jubiläumsansprachen zu „100 Jahre Tourismus in Tirol“ und „150 Jahre Oesterreichischer Alpenverein“; „Wasser – Schatz der Zukunft“ und „Forstexkursion in die Bibel“, die fast wie ein Hohes Lied auf Natur und Heimat klingen. Wie ein Wünschelrutengänger hat Reinhold Stecher Natur und Heimat abgewandert, um die unterirdischen Ströme ewigen Lebens in das Hier und Heute seiner Zuhörer einfließen zu lassen.
Tirol braucht Fenster
50 JAHRE TIROLER KULTURZEITSCHRIFT „DAS FENSTER“
INNSBRUCK (1991)
Die Wahl des Namens „Das Fenster“ für eine Kulturzeitschrift ist mir immer schon wie ein sprachlicher Wurf vorgekommen, zu dem man gratulieren muss. „Fenster“ ist ein Wort, das die Gedanken kreisen lässt. Vor und hinter Fenstern und durch Fenster hindurch bewegt sich viel. Die alten Germanen hatten für „Fenster“ das Wort „Augentor“ (ahd. augatora) oder „Windtor“ (woher das englische „window“ stammt). Durch die Fenster wandern die Blicke, weht das Leben.
So mag es erlaubt sein, zum Jubiläum dieser Zeitschrift mit dem Bild des Fensters zu spielen, mit den vielen Fenstern, die Tirol hat oder haben sollte, Tore für die Augen des Herzens und den Windhauch des Geistes, seien es nun Scheiben, durch die die Sonne funkelt, oder Läden, die man vor dem Wetter schließt. Es sind viele Arten von Fenstern im Lauf der Jahrhunderte in unserem Land gewachsen, und hinter jedem ist auch ein wenig Tiefsinn verborgen, angefangen von der kleinen Luke, durch die man hinauslugt, oder gar der Schießscharte, durch man misstrauisch auf den Fremden oder das Fremde äugt. Im Allgemeinen sind sie größer geworden, die Fenster in den Häusern der Menschen, und man könnte das als gutes Omen für die Fenster des Geistes nehmen.
Grüßende Blumenfenster
Aber ich möchte doch bei den kleinen Fenstern beginnen, die zwar aus der Zeit stammen, in der Glas noch teuer war und Wärme im Winter das Wichtigste, und die darum nicht ganz den Prinzipien moderner Wohnkultur entsprechen. Aber die zu klein geratenen Augen in den alten Mauer- oder Holzwänden bekommen mit den leuchtenden Pelargonien und Hängenelken so lachende Wimpern, dass sie sozusagen ein tausendfaches, freundliches „Grüß Gott“ übers Land rufen. Die Blumenfenster Tirols könnte man als Symbol einer gewissen Herzlichkeit verstehen, von der man nur wünschen muss, dass sie nicht stirbt. Die Fassaden gewaltiger Bettenburgen können das niemals ausstrahlen. Man weiß, dass besagte Blumenkästen an den Fenstern von innen heraus gepflegt werden müssen – die damit beschäftigten Hausfrauen wissen