dass das «Ich» uns nicht auch länger andauernd als dieses «bewusste Jetzt» erscheinen kann, wenn wir darüber nachdenken. Ich gebrauche das Wort «Langzeit-Ich» nur vage, aber mit folgender Grundintention: Selbstverständlich kann es so empfunden werden, dass das «Ich» über einen Zeitabschnitt hinaus besteht, der einen Bruch oder eine Zäsur umfasst, und seine zeitliche Ausdehnung mag in unterschiedlichen gedanklichen Kontexten sehr verschieden sein. (Todesangst wirft da interessante Fragen auf).
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Manch einer mag Zweifel daran hegen, auf welche Weise ich Bewusstsein erfahre. Diejenigen, die mich nicht gerade anzweifeln, werden mich mit Sicherheit einer kleinen Minderheit zurechnen. Wahrnehmungen wie die meinen mögen als das unnatürliche Resultat philosophischer Betätigung erscheinen oder gar als Folge von Drogenkonsum. Philosophische Überlegungen führen aber nicht dazu, die geistige «Festplatte» durcheinanderzubringen. Philosophie bringt uns nur dazu, die uns angeborene Erfahrungsweise genauer zu betrachten. Erscheint sie uns im alltäglichen Leben ungewöhnlich oder gar unnatürlich, kann sie dennoch ein zutreffendes Bild von den wirklich ablaufenden Prozessen liefern. Umgekehrt lassen schließlich viele naturhafte Erfahrungen die Dinge in einem falschen Licht erscheinen. Viel wichtiger noch: Jeder normale Mensch, der sich mit diesen Themen beschäftigt, kann zu derselben Erkenntnis gelangen.
Menschen können durchaus ein sehr lebhaftes Bewusstsein ihrer selbst haben, ohne zwangsläufig anzunehmen, dass dieses «Selbst» eine Persönlichkeit oder eine Dauer besitzt. Sogar das Verständnis vom «Selbst» als Agens, als Handelndes, als Akteur, kann sich auflösen (in positiver wie in negativer Weise). Verbessern sich dadurch unsere Aussichten für die These, dass ein Bewusstsein vom Selbst die genaue Darstellung von etwas sein könnte, das tatsächlich existiert, selbst unter der Voraussetzung eines wahren Materialismus? Ich denke schon, obwohl eine vollständige Diskussion eine genaue Stellungnahme erfordert, was es heißt, ein wirklicher und wahrhaftiger Materialist zu sein. (Zu Beginn sollte man jedenfalls ganz Realist sein in Bezug auf das Bewusstsein.) Eingehender müsste dann untersucht werden, welches Verständnis wir davon haben, was überhaupt ein Ding oder Objekt ist.
Den besten Beleg für die Existenz des «Selbst» kann man bei einigen Vertretern des Buddhismus finden. Er lässt die Existenz des «Selbst» im Sinne eines Subjekts der Erfahrung, eines Bewusstseinsortes zu jedem gegebenen Zeitpunkt zu, ohne auf die für den Buddhismus wesentliche Kritik an der Idee vom «Selbst» zu verzichten. Diese Auffassung stellt also keine Bestätigung für diejenigen dar, die an eine Seele glauben, lässt uns aber auch nicht mit dem Nichts zurück. Und sie geht andererseits nicht so weit wie die analytische Philosophie, die das «Selbst» als Mythos betrachtet, sofern es als etwas von dem als ein Ganzes betrachteten Menschen Unterschiedenes betrachtet wird. Diese Auffassung bietet uns ein «Selbst», das gleichzeitig materiell solide und unverwechselbar mental ist. Wie kurzlebig auch immer es sein mag – es ist so real wie ein Stein.
Ich denke, ich werde diese Zeilen nicht abschicken, der Geist erscheint als so neuer Ort, letzte Nacht ist für mich überholt.
EMILY DICKINSON
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