Arno Backhaus

Keine Panik, ehrliche Spiegel altern immer mit!


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      NACHDENKLICHES – TEILS HEITER, TEILS BEWÖLKT

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      image#1 Weihnachten, Negativsätze und Kino statt gottesdienst

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      Er thronte majestätisch auf unserem Wohnzimmertisch und zog mich an wie ein Magnet: Der Adventskranz mit seinen vier brennenden Kerzen war der Stolz der ganzen Familie und wurde gehütet wie ein Heiligtum. Meine Eltern hatten mir verboten, mich ihm zu nähern, aber genau das machte die Sache ja so spannend. In einem unbeobachteten Moment stieg ich auf den Tisch und betrachtete den Kranz voller Ehrfurcht.

      Lange hielt diese Ehrfurcht jedoch nicht an, und ich begann zu kokeln. Mal sehen, ob die Tannennadeln auch brennen …

      Oh, das stinkt ja ziemlich. Wie sieht es denn mit den roten Schleifen aus?

      Völlig vertieft in meine Experimente, bemerkte ich zu spät, dass die Lampe mit den langen Stofffransen, die direkt über dem Wohnzimmertisch hing, Feuer fing. Erst als sie lichterloh brannte, wurde mir mein gefährliches Spiel bewusst.

      Ich fing an zu schreien, und mein Vater eilte herbei und löschte den Brand mit einigen Eimern Wasser, bevor das Feuer auf das ganze Zimmer übergreifen konnte.

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      Ich war geschockt. Und meine Eltern auch. Aber diese Aktion hat sie nicht wirklich überrascht. Denn ich spielte gerne – und zwar nicht nur im übertragenen Sinn – mit dem Feuer. Das ging so manches Mal ordentlich schief. In diesem Fall setzte es eine Tracht Prügel von meiner Mutter und ich spürte den enttäuschten Blick meines Vaters auf mir ruhen.

      imageEs roch auch noch ziemlich lange sehr unangenehm in unseren vier Wänden, in denen sich zu dieser Winterszeit normalerweise die Düfte von frisch gebackenen Keksen verbreiteten.

      Im Dezember herrschte bei uns zu Hause Hochbetrieb: Meine Mutter überschlug sich förmlich bei all ihren Back-, Koch- und Dekoaktivitäten. Ihre ohnehin schon stark ausgeprägte Gastfreundlichkeit fand in den Weihnachtsvorbereitungen ihren Höhepunkt. Obwohl sie das ganze Jahr über darauf bedacht war, anderen Menschen ihren Aufenthalt bei uns zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen, schien sie in der Vorweihnachtszeit sogar noch eine Schippe draufzulegen.

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      Bei mir ruft der Gedanke an frisches Weihnachtsgebäck allerdings auch heute noch ein ziemlich ungutes Gefühl hervor. Trotz oder gerade wegen dieser Geschäftigkeit habe ich Weihnachten als Kind regelrecht gehasst. Die Erlebnisse in der angeblich friedlichsten Zeit des Jahres haben sich als das Wahrzeichen unserer familiären Hilflosigkeit und meiner grundsätzlich eher problematischen Kindheit in mein Herz eingebrannt.

      DAS WAHRE FEUER VON WEIHNACHTEN HABE ICH ERST VIEL SPÄTER ENTDECKT.

      Die Geschichte, die Anlass des Festes ist – also die Geburt von Jesus –, hat in meinem Herzen erst einen Flächenbrand entfacht, nachdem ich schon unzählige Male Weihnachten gefeiert hatte. Und dieses Feuer hat nicht zerstört, sondern geheilt. Es hat viele andere Brände in meinem Leben verschlungen und dafür gesorgt, dass ich mittlerweile ziemlich dankbar auf viele bewegte Phasen meines Lebens zurückschauen darf.

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      Habe ich deshalb zu Weihnachten so viele Geschenke bekommen, weil meine Mutter vielleicht damit ihr schlechtes Gewissen beruhigen wollte?

      Natürlich habe ich mir so manches Mal die Finger verbrannt (und tue es immer noch), aber seitdem das Christkind – im wahrsten Sinne des Wortes – in meinem Leben Einzug gehalten hat, hat sich vieles verändert.

      Davon möchte ich in diesem Buch erzählen. Von Triumphen und Tragödien. Von Unsinnigem und Sinnvollem oder auch von scheinbar Unsinnigem, das im Nachhinein viel Sinn ergeben hat.

      Es geht um meine persönliche Geschichte, aber sie allein wäre mir nicht erzählenswert genug. Im Grunde ist sie nur der Aufhänger für eine viel größere Geschichte, von der eigentlich nie genug geredet werden kann: der Geschichte der Liebe zwischen Gott und uns Menschen. Und ich möchte Sie, liebe Leser, durch meinen Bericht ermutigen, Ihre eigene Geschichte mit Gott zu entdecken, wiederzuentdecken, weiterzuerzählen oder zu festigen.

      »Alles wirkliche Leben ist Begegnung«, hat der jüdische Philosoph Martin Buber gesagt. Ohne Begegnung ist kein Leben möglich. Und keine Liebe.

      ICH HABE DIE LIEBE GOTTES ERLEBT. IMMER WIEDER. VOR ALLEM DURCH BEGEGNUNGEN UND ERLEBNISSE MIT ANDEREN MENSCHEN, IN DENEN GOTT SICH MIR GEZEIGT HAT.

      Und in denen mir seine Liebe entgegenkam. Wie ein Feuer.

      Auch um diese Menschen geht es in diesem Buch. Sie haben mir bewusst oder unbewusst gezeigt, dass Liebe eine Entscheidung ist. Dass Liebe tiefer geht als Leidenschaft oder Bewunderung. Dass sie Mühe macht und nicht unbedingt etwas mit Wolke sieben oder rosarotem Zuckerguss zu tun hat.

      Aber: Diese Liebe lohnt sich und ist spannend. Sie macht Spaß, ist romantisch, rührt zu Tränen, trägt in Durststrecken und ist einfach wunderbar. Sie ist kreativ, voller Fragen, voller Antworten, aber auch voller Herausforderungen. Es ist die Liebe Gottes zu uns Menschen, die sich auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen auswirkt und so erfahrbar wird. In Worten und Taten.

      Beides ist mir sehr wichtig.

      Denn ich weiß, was Worte so alles anrichten können: Gutes und Schlechtes.

      Und Taten waren mir schon immer wichtig, weil ich nie ein Typ war, der nur über etwas geredet hat. Sondern die Sache musste gleich ausprobiert werden. Ich habe als Jugendlicher nicht nur darüber nachgedacht, meinen Schulranzen nach meinem letzten Schultag zu verbrennen, sondern ich habe es wirklich getan.

      Okay, das ist vielleicht kein besonders vorzeigbares Beispiel, aber es gibt auch noch andere, auf die Sie im Laufe dieser Lektüre stoßen werden. Und Sie werden ein paar exklusive Tipps von mir erhalten, die zeigen, wie man vom Reden zum Handeln kommt. Keine Sorge – alles ganz ungefährlich. Wobei …

      Lassen Sie sich überraschen. Obwohl ich in meinem Leben bereits unzählige Ideen umgesetzt habe, ist mir in den letzten 70 Jahren eine Sache wichtig geworden: Jede meiner Aktionen, meiner Lieder, meiner Bücher, meiner Worte und Taten möchte ich an der eben schon beschriebenen Liebe messen lassen.

      Denn diese Liebe setzt das Puzzle meines Lebens zusammen.

      Es bedarf schon einiger Mühe, um mich als komplette Person wahrzunehmen. Ich bin anders, als viele Menschen meinen, die mich von der Bühne, von meinem Büchertisch, von Straßenaktionen oder von der Kanzel kennen.

      Bitte nicht falsch verstehen: Ich bin immer zu 100 Prozent Arno Backhaus, aber der hat sehr unterschiedliche Facetten. Manche Menschen beschreiben mich als den Kabarettisten, den Witzerzähler; andere kennen mich nur als den kreativen Straßenaktionskünstler, der mit abgefahrenen Ideen für Aufmerksamkeit sorgt. Wieder andere haben mich als langhaarigen Musiker mit Gitarre in Erinnerung.

      Das sind verschiedene Ausschnitte, mit denen ich mich wunderbar identifizieren kann. Aber ein komplettes Bild ergibt sich erst, wenn diese unterschiedlichen Ausschnitte an der richtigen Stelle eingeordnet werden.

      Manche Leute haben mich – zu Recht – in die Schublade »hyperaktiv« gesteckt, ohne jedoch wahrzunehmen, dass die andere Seite meiner Persönlichkeit eine sehr stille und ruhige ist. Mir ist Stille nicht unsympathisch (nicht