R.L. Stine

Fear Street 54 - Tödliche Liebschaften


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du könntest sie doch wenigstens mal feilen und –“

      „Crystal, bitte –“, sagte Melinda warnend.

      Ihre Schwester seufzte. „Okay. Tut mir Leid.“

      Crystal wandte sich wieder an Lynn. „Egal wer von uns mit ihm ausgeht, du, ich oder Melinda –“, dabei grinste sie Melinda schielend an, und ihre Schwester musste lachen, „die anderen beiden versprechen hoch und heilig, dass sie sich für diejenige ehrlich freuen. Was meint ihr dazu?“

      „Abgemacht“, sagte Lynn.

      Melinda konnte sich nicht zu einer Antwort aufraffen.

      „Regel Nummer zwei“, fuhr Crystal fort und streckte zwei Finger in die Höhe. „Keine schmutzigen Trikks. Keine Versuche, die anderen auszustechen.“

      Lynn klatschte in die Hände. „Au ja, wie unser eigener kleiner Wettbewerb!“

      „Also dann“, verabschiedete sich Melinda. „Ich geh wieder mein Buch lesen.“

      „Was liest du denn?“, rief Crystal ihr hinterher. Melinda sollte nicht glauben, sie müsste verschwinden.

      Ihre Schwester antwortete, ohne sich umzudrehen: „Stolz und Vorurteil.“

      Lynn folgte Melinda aus der Küche. „Ich bin gleich wieder da“, rief sie Crystal zu. „Ich muss auf die Toilette.“

      Sie blieb im Türrahmen stehen und wandte sich um. „Ach, das habe ich fast vergessen. Ich hab dir ja was mitgebracht. Hier – teste ihn mal.“

      Sie warf Crystal einen kleinen Gegenstand zu. Es war ein neuer Lippenstift – Mokka Glanz.

      „Danke“, rief Crystal ihrer Freundin hinterher. Die glänzende Kaffeefarbe wirkte so appetitlich, dass sie am liebsten reingebissen hätte. Crystal malte ihre Lippen an und betrachtete ihr Spiegelbild in der Tür des Backofens.

      Plötzlich hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie warf einen Blick über die Schulter. „Lynn?“, rief sie.

      Niemand antwortete.

      Sie spähte aus dem kleinen Fenster über dem Spülbecken.

      Scott stand in seinem Garten – und starrte sie durch das Fenster an! Er hielt eine Hacke in der Hand. Anscheinend wollten die Nachbarn den Garten neu bepflanzen.

      Crystal zwang sich zu einem Lächeln. „Vielleicht gefalle ich ihm ja“, dachte sie.

      Zu ihrer großen Bestürzung machte Scott ein angewidertes Gesicht.

      Er hob die Hacke mit beiden Händen hoch über den Kopf.

      Dann schlug er damit auf die Erde ein. Immer wieder.

      Crystal keuchte vor Schreck. „Was ist denn mit dem los?“, murmelte sie verdutzt.

      Irgendwas stimmte hier nicht.

      4

      „Ich habe es satt zu warten, bis Scott mich endlich zur Kenntnis nimmt“, verkündete Lynn. Entschlossen nahm sie ihr Lunchtablett und steuerte auf den Tisch zu, an dem die Footballspieler saßen.

      „Komm, Crystal“, rief sie, während sie sich ihren Weg durch die laute, überfüllte Cafeteria bahnte.

      „Lynn! Warte doch!“, protestierte Crystal.

      Doch es war zu spät. Lynn eilte an den Tisch und stellte ihr Tablett zwischen Scott und seinem Nachbarn ab. Crystal sah, dass es Jake Roberts war.

      „Hallo, Jungs“, trällerte Lynn. „Stört es euch, wenn ich mich zu euch setze?“

      Ohne die Antwort abzuwarten, zwängte sie sich neben Scott auf die Bank.

      Scott wandte sich mit offenem Mund zu ihr um, und auch Jake wirkte überrascht. „Hey“, sagte er, als er sich wieder etwas gefangen hatte, „Lynn! Wie geht’s so?“

      Der kleine, kräftige Jake spielte auch bei den Tigers. Auf dem Footballfeld mimte er gern den starken Mann, die übrige Zeit war er nett – und ein bisschen dumm.

      Lynn begrüßte ihn und wandte sich rasch Scott zu. „Ich bin Lynn Palmer. Und ich wollte bloß sagen … was immer Jake auch Schlechtes über mich erzählt haben mag – es stimmt alles.“ Sie lachte.

      Scott lachte auch. „Okay“, murmelte er schüchtern.

      „Hey, Lynn, ich habe nichts Schlechtes über dich erzählt“, beharrte Jake. „Ich habe gar nichts über dich erzählt!“ Er klatschte sich mit Scott ab.

      „Hi!“ Crystal lief um den Tisch herum, und ihr Salatteller klapperte auf dem Tablett. Sie stellte es ab. Ihr gegenüber saßen Lynn, Jake und –

      Scott. Er hob den Blick und sah sie an.

      Jake folgte Crystals Blick. „Hey, Scott“, sagte er und beugte sich vor, um über Lynn hinwegsehen zu können. „Hast du Crystal schon kennen gelernt?“

      „Meine neue Nachbarin.“ Scott grinste. „Ja, wir sind uns schon ein paarmal über den Weg gelaufen.“ Seine dunklen Augen glitzerten, als er Crystal ansah. „Aber ich wusste nicht, wie du heißt.“

      „Crystal. Crystal Thomas“, stellte sie sich vor.

      „Na toll. Jetzt habe ich schon ungefähr zehn Worte mit ihm gewechselt. Warum fällt mir nichts Interessantes ein, was ich erzählen könnte?“, dachte sie.

      „Du bist in das Haus in der Fear Street eingezogen, nicht wahr?“, fragte Jake Scott. „Tut mir Leid, dir das sagen zu müssen, Scott, aber deine Eltern sind ganz schön über den Tisch gezogen worden. Die Fear Street ist verhext, ganz im Ernst.“

      Scott wirkte nicht eingeschüchtert. „Mir gefällt es bisher ganz gut“, erwiderte er und warf Crystal noch einen Blick zu.

      „Vielleicht hat er doch nichts gegen mich“, dachte sie. „Vielleicht hat er mich am Sonntag gar nicht gesehen. Sicher war er über irgendwas anderes wütend, als er die Hacke in den Boden geschlagen hat.“

      Vermutlich hatte er sich mit seinen Eltern gestritten. Nach einem Streit mit ihrer Mutter wollte Crystal auch immer auf irgendwas eindreschen.

      „Hast du schon ein paar Spukgeschichten über die Fear Street gehört?“, erkundigte sich Jake bei Scott.

      Lynn rückte näher an Scott heran und legte ihm leicht die Hand auf den Arm. „Scott sind solche albernen Gerüchte egal, nicht wahr?“

      Crystal fragte sich, wie Lynn so mit ihm flirten konnte. Sie selbst würde sich wie ein Idiot vorkommen. Doch dann sah sie zu ihrer Befriedigung, dass er den Arm wegzog.

      „Hey, hast du gestern meine Nachricht nicht bekommen?“, wollte Jake von Lynn wissen.

      „Was? Ach, ja“, antwortete Lynn. „Tut mir Leid, dass ich nicht zurückgerufen habe. Ich war … äh … verhindert.“

      Sie nahm einen Schluck Eistee und stellte die Flasche wieder aufs Tablett. Dann schlug sie sich an die Stirn. „Ach, Scott, gerade fällt mir ein, was ich dich fragen wollte. Meine Eltern gehen am Sonntag auf irgendeine blöde Party. Und wir haben einen Swimmingpool im Garten, der bald für den Winter geleert werden soll. Ich habe ein paar Leute eingeladen und wollte fragen, ob du auch Lust hast zu kommen – sozusagen zu einer letzten Pool-Party für dieses Jahr.“

      „Unglaublich“, dachte Crystal wütend. „Sie hat gar keine Hemmungen. Lernt ihn vor fünf Sekunden kennen und lädt ihn schon ein!“

      Lynn würde den Wettbewerb auf Anhieb gewinnen. Schon beim ersten Anlauf.

      „Wie bitte?“, murmelte Scott, als hätte er kein Wort mitgekriegt.

      „Sie will, dass du kommst“, erklärte Jake ihm. Crystal sah Jakes verletzte Miene.

      „Lynn“, flüsterte Crystal und machte eine Kopfbewegung in seine Richtung.

      Lynn