Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman


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liebe dich auch«, flüsterte sie, dann hatte sie nichts dagegen, dass er sie küsste.

      *

      Für Ricky und Fabian stand also fest, dass sie ihr Haus an Gerda Schulz verkaufen würden. Sie waren mit der Frau zusammengetroffen. Sie mochte um die Mitte dreißig sein, und das Erste, was auffiel war, dass sie unglaublich nervös wirkte.

      Sie hatte kurze braune Haare, braune Augen und wirkte ziemlich knochig.

      Man konnte Gerda Schulz nicht richtig einschätzen, doch man war sofort von ihr eingenommen, wenn sie über ihre Tochter Leonie sprach, mit der sie jahrelang kreuz und quer durch Europa gezogen war und die sich nun wünschte, sesshaft zu werden.

      Im Internet hatten sie das Haus gefunden, und Leonie war sowohl von dem Haus als auch vom Sonnenwinkel begeistert, und ihrer Tochter zuliebe hatte Gerda sich für den Kauf des Hauses entschlossen und die Verlegung ihres Wohnsitzes in den Sonnenwinkel.

      Heute nun sollte die Beurkundung beim Notar erfolgen, und Ricky war froh, dass Fabian sich die Zeit genommen hatte, ebenfalls persönlich zu dem Termin zu erscheinen.

      Sie war aufgeregt, und obwohl sie schon längst nicht mehr in dem Haus wohnten, fiel es schwer, es loszulassen.

      Ricky war da noch immer hin und her gerissen, und vermutlich würde das erst aufhören, wenn der Kaufvertrag unterschrieben war.

      Gerda Schulz war bereits anwesend, und sie wirkte noch nervöser als sonst. Es schien die Frau etwas zu beschäftigen.

      Ehe sie in das Büro des Notars gerufen wurde, hielt Gerda Schulz Ricky am Arm fest.

      »Frau Rückert, ich muss Ihnen etwas sagen, ich …, äh …«, sie griff in ihre Handtasche, holte aus der einige Papiere hervor, wie sich herausstellte, bankbestätigte Schecks.

      »Alle haben mir die Schecks geschickt, aber ich warte noch immer auf die Bestätigung der Bank of Scotland, das heißt, ich …, ich habe den Kaufpreis noch nicht zusammen. Da Leonie und ich die ganze Zeit über im Ausland waren, habe ich auch noch Konten dort, und jetzt …«

      Der Makler wurde ungehalten, der natürlich auch schon mit seiner Provision gerechnet hatte.

      »Wissen Sie, ich hatte ja nicht viel Zeit, mich um die Finanzierung zu kümmern. Und ehrlich gesagt, hätte ich auch normalerweise kein Haus gekauft, sondern hätte eines gemietet. Aber Leonie hätte so gern dieses Haus, sie möchte so gern im Sonnenwinkel sein, und deswegen habe ich mich entschlossen zu kaufen. Glauben Sie mir, ich habe das Geld, ich weiß nicht, warum es bei der Bank of Scotland so lange dauert. Bitte, Frau Rückert, Leonie hat in all den Jahren auf so vieles verzichten müssen. Es soll endlich einmal nach ihr gehen …, bitte, geben Sie mir noch einen kleinen Aufschub. Diese Schecks, die ich schon habe, können Sie ja schon bekommen.«

      Gerda Schulz war total aufgeregt, und der Makler wurde immer ungehaltener.

      Ricky wusste selbst nicht, was auf einmal mit ihr los war. Sie herrschte den Makler an, endlich still zu sein, dann wandte sie sich an Gerda.

      »Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann würden Sie viel lieber ein Haus mieten.«

      Gerda nickte heftig.

      »Aber da es nun mal nicht geht, und weil meine Leonie unbedingt in diesem Haus wohnen will, werde ich kaufen.«

      Ricky verspürte ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung.

      »Das müssen Sie nicht, Frau Schulz. Ich bin auch sehr gern bereit, Ihnen das Haus zu vermieten. Ich war mir eh nicht sicher, ob wir es verkaufen oder lieber nicht doch vermieten sollen.«

      Gerda Schulz war außer sich vor Freude, und der Makler begann zu toben.

      »Dann habe ich mir die ganze Arbeit umsonst gemacht. Es sind noch andere potentielle Käufer da, mit denen es bei der Bezahlung keine Probleme gibt. Ich war von vornherein gegen eine alleinstehende Frau mit Kind. Ein Mann kann so etwas ganz anders stemmen.«

      Was bildete sich dieser Typ eigentlich ein?

      »Sie haben doch gehört, dass wir nicht mehr verkaufen«, sagte Ricky. »Um wenigstens etwas zu verdienen, können Sie den Mietvertrag aufsetzen, wenn Sie das nicht wollen, auch gut. Wir werden das Haus an Frau Schulz vermieten.«

      Fabian hatte die ganze Zeit über nichts gesagt, jetzt wandte sich der Makler Hilfe suchend an ihn.

      »Herr Doktor Rückert, so sagen Sie doch etwas.«

      Erst jetzt wurde Ricky bewusst, dass sie die ganze Zeit über allein agiert hatte. Sie warf Fabian einen unsicheren Blick zu. Normalerweise zogen sie an einem Strang, und das Haus gehörte schließlich ihnen beiden.

      »Sie haben doch gehört, was meine Frau gesagt hat«, bemerkte Fabian. »Wir verkaufen nicht mehr, sondern wir vermieten, und, wie gesagt, Sie können gern den Mietvertrag machen.«

      Dazu erklärte der Makler sich zähneknirschend bereit, weil der Spatz in der Hand schließlich besser war als die Taube auf dem Dach, aber dass er sauer war, sehr sauer sogar, das war nicht zu übersehen.

      Der Notartermin wurde abgesagt, Fabian und Ricky verabschiedeten sich und ließen eine glückliche Gerda Schulz zurück.

      Als sie das Büro verließen, erkundigte Fabian sich: »Kannst du mich bitte aufklären, was das alles jetzt sollte? Der Scheck der Bank of Scotland wäre vermutlich in ein paar Tagen gekommen.«

      Ricky nickte.

      »Ja, das stimmt, aber auf einmal war ich mir nicht mehr ganz sicher, ob wir verkaufen sollen. Das mit dem Scheck war so etwas wie ein Zeichen, und eigentlich möchte Frau Schulz doch lieber mieten. Und ist es nicht rührend, dass sie das alles wegen ihrer Tochter Leonie auf sich nimmt, nur weil der Kleinen der Sonnenwinkel und das Haus gefallen?«

      Er nahm Ricky in den Arm.

      »In erster Linie willst du nicht verkaufen. Jetzt, da es tatsächlich akut war, hast du kalte Füße bekommen. Ich kenne dich doch.«

      Sie nickte heftig.

      »Du weißt doch, dass alles beliebig vermehrbar ist, nur Grund und Boden nicht«, wandte sie ein.

      Fabian lachte.

      »Ja, diesen Spruch kenne ich. Aber meinetwegen, soll diese Frau Schulz erst einmal mieten, vielleicht will sie ja später doch kaufen. Wir müssen nichts überstürzen, und wir kommen auch so zurecht, und die Mieteinnahmen decken auf jeden Fall die Hypotheken für das Haus, in dem wir leben. Was ist, möchtest du jetzt trotzdem noch kurz zu deinen Eltern fahren?«

      Ricky nickte heftig. »Ja, das möchte ich«, sagte sie.

      Sie hängte sich bei Fabian ein, und ging zusammen mit ihm zu ihrem Auto, das direkt um die Ecke parkte.

      Nun war diese Frau Schulz also nicht die Käuferin, sondern die Mieterin des Hauses. Damit müsste alles in Ordnung sein, dennoch wurde Ricky das Gefühl nicht los, dass mit der Frau etwas nicht stimmte.

      Warum war sie so nervös?

      Und wieso ist sie jahrelang mit ihrer Tochter kreuz und quer durch Europa gereist, um jetzt im Sonnenwinkel zu landen?

      Es waren schon einige Fragen, die sie bewegten, aber letztlich siegte die Tatsache, dass diese Frau das alles für ihre Tochter tat. Und eines war auf jeden Fall sicher: Für ein Kind gab es nichts Schöneres, als im Sonnenwinkel aufzuwachsen. Das wusste Ricky aus eigener Erfahrung, wenngleich sie da schon kein Kind mehr gewesen war, als sie mit der gesamten Familie in den Sonnenwinkel gezogen war. Aber der Sonnenwinkel war mit so vielen und ganz wundervollen Erfahrungen für sie verbunden.

      Und ganz oben stand, dass sie bereits am allerersten Tag ihren Fabian kennen- und lieben gelernt hatte. Und das war mehr als ein Volltreffer in einer Lotterie, das war unglaublich, das war herrlich …, eigentlich gab es überhaupt keine Worte dafür, was das bedeutete.

      Ihr Bruder Jörg hatte Stella kennen gelernt, und für Hannes und Bambi, die nur noch Pam genannt werden wollte, war es die schönste Kindheit gewesen, die man