Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman


Скачать книгу

und Mutter zu sein, dann verdiente das Anerkennung.

      Fabian hätte es nur gern vorher erfahren, und das sagte er seiner Frau auch.

      »Fabian, ich wusste es nicht«, antwortete Ricky wahrheitsgemäß, »der Gedanke kam mir urplötzlich, und mir war klar, dass ich nur so und nicht anders handeln darf. Ich möchte nicht, dass unsere Kinder mich in irgendeiner wichtigen Lebenssituation vermissen. Das wäre schrecklich für mich. Fabian, wir haben jedes unserer Kinder gewollt, und wir waren uns vom ersten Augenblick an einig, wie wir sie erziehen wollen. Das Studium war toll, aber du und unsere Kinder, das Leben mit euch, das ist durch nichts zu ersetzen.«

      Fabian war besänftigt, er konnte der Frau, die er über alles liebte, eh nichts abschlagen. Und wenn er ganz ehrlich war, war das mit dem Studium eine doch viel größere Herausforderung als ursprünglich gedacht. Er hätte es auf sich genommen, er hätte es mit Ricky durchgezogen, aber so …, es wäre unehrlich, sie jetzt dazu zu bewegen, weiterzustudieren.

      »Ricky, du kannst es dir noch einmal überlegen«, sagte er vage, doch davon wollte sie nichts wissen.

      »Fabian, da gibt es nichts mehr zu überlegen. Es fühlt sich gut an. Gut und richtig.« Sie blickte in die Runde. »Und was sagt ihr? Oder sollen wir gar abstimmen?«

      Magnus von Roth blickte seine Enkelin ernst an.

      »Ricky, das ist einzig und allein die Entscheidung von Fabian und dir, und niemand sonst hat etwas dazu zu sagen. Wir haben dich unterstützt, als du dich entschieden hattest, mit einem Studium zu beginnen. Und wir sind auf deiner Seite, wenn du es dir anders überlegst. Und weißt du auch, warum? Weil wir dich lieben, weil wir möchten, dass du glücklich bist.«

      Ricky war ganz gerührt, sie sprang auf, lief auf ihren Opi zu, umarmte ihn, gab ihm einen Kuss. »Danke, Opi, und wenn du willst, dann verkaufe ich das Auto und gebe dir das Geld dafür.«

      Magnus von Roth blickte seine Enkelin an.

      »Sag mal, wie bist du denn drauf? Geschenkt ist geschenkt, außerdem kannst du das Auto dafür benutzen, nun häufiger in den Sonnenwinkel zu kommen.«

      Das war ein Argument!

      Sie unterhielten sich noch eine Weile, dann entschuldigten Ricky und Fabian sich.

      Für sie war es jetzt wichtig, ­allein alles noch einmal zu ­besprechen, wenngleich vo­raussehbar war, dass Ricky an ihrer Entscheidung nichts mehr ändern würde.

      *

      Ehe sie losfuhren, wandte Ricky sich ihrem Mann zu.

      »Fabian, bitte entschuldige, dass ich dich und die anderen so überrumpelt habe. Ich wusste es vorher selbst nicht, das schwöre ich. Diese Gerda Schulz hat mich irgendwie vollkommen durcheinandergebracht. Aber jetzt mal ehrlich, ist nicht alles besser so?«

      Er strich ihr über das Haar.

      »Ricky, du hast eine Entscheidung getroffen, und ich akzeptiere sie. Damit musst du dich zufriedengeben.«

      »Aber du bist …, du bist nicht sauer auf mich?«, erkundigte sie sich.

      Er lächelte.

      »Liebes, ich kenne dich lange genug, und ich weiß auch um deine spontanen Entscheidungen. Wenn ich jedes Mal sauer wäre …«

      Ihr Fabian!

      »Fabian, und darum liebe ich dich. Du bist der beste Mann auf der ganzen Welt, und ich kann mich nicht glücklich genug schätzen, dich bekommen zu haben.«

      Er startete.

      »Und jetzt fahren wir nach Hause?«, wollte er wissen. Ricky zögerte.

      »Eigentlich schon, aber wir sind doch ganz in der Nähe, sollen wir nicht einen kurzen Abstecher nach Hohenborn zu deiner Mutter machen?«

      Fabian ließ den Motor absterben.

      Hatte er sich verhört?

      Er warf einen Blick zur Seite.

      »Ricky, wie du weißt, fährt man bei meinen Eltern nicht einfach so vorbei, da muss man sich anmelden. Und selbst wenn es nicht so wäre, hätte ich keine Lust dazu. Die Besuche bei meinen Eltern sind immer sehr frustrierend.«

      Ricky wollte noch nicht aufgeben.

      »Deine Mutter hat sich sehr verändert. Sie ist umgänglicher geworden, und ich habe das Gefühl, dass sie das Verhältnis zu dir und deiner Schwester Stella gern verbessern würde.«

      »Das hätte ihr früher in den Sinn kommen können«, sagte Fabian. »Sie hat uns Kinderfrauen überlassen, hat sich niemals für uns interessiert. Wir sind uns total fremd. Und das kann auch so bleiben.«

      Fabian und seine Mutter!

      Das war leider ein Kapitel für sich!

      Und wenn sie ehrlich war, dann musste sie zugeben, dass sie mit ihrer Schwiegermutter auch nicht viel anfangen konnte. Dazu waren sie zu verschieden, aber Rosmarie hatte sich wirklich verändert. Und sie hatte gelernt, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdiente.

      »Fabian, sie bemüht sich doch wirklich, und wir sind ganz in der Nähe von Hohenborn. Sie hat sich den Hund aus dem Tierheim geholt, und gewiss freut es sie, wenn wir uns den mal ansehen.«

      »Es ist eine Frage der Zeit, wann sie des Hundes überdrüssig sein wird, und ich frage mich, wem sie den dann andrehen will, so wie all die Fehlkäufe, die sie dann auf Stella und uns abzuwälzen versucht.«

      »Fabian, von Omi weiß ich, dass die Leiterin des Tierheims sehr gewissenhaft ist und ganz genau überprüft, ob und wem sie einen Hund gibt. Deine Mutter und dieser kleine Beagle scheinen sich wirklich zu mögen.«

      Fabian seufzte.

      »Ich weiß nicht, warum du immer noch die Partei meiner Mutter ergreifst. Sie hat dir doch, weiß Gott, auch schon das Leben ganz schön schwer gemacht, indem sie versuchte, sich in alles einzumischen. Und wie sie gewettert hat, als sie erfuhr, dass du studieren wolltest.«

      Ricky lachte.

      »Dann kann sie sich ja jetzt freuen, wenn sie erfährt, dass ich das Studium abbrechen werde. Komm, Fabian, du bist doch gar nicht so, du bist eine Seele von Mensch. Wir müssen ja nicht lange bleiben. Aber ich glaube, wenn wir da jetzt hinfahren, ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Rosmarie ist immerhin deine Mutter. Mit seinen Eltern sollte man nicht verkracht sein, denn nichts ist schlimmer als etwas zu bereuen, wenn es zu spät ist.«

      Fabian hielt sich gespielt die Ohren zu, ehe er erneut startete. Sein Auto schoss pfeilschnell nach vorne.

      »Okay, ist ja schon gut. Du hast gewonnen«, sagte er, »aber wir bleiben maximal auf einen Kaffee oder Tee, sehen uns den Hund an, und wenn meine Mutter komisch wird, dann gehen wir sofort, einverstanden?«

      Insgeheim atmete Ricky auf.

      »Einverstanden«, sagte sie, »aber dazu wird es nicht kommen.« Fabian antwortete nicht, er blieb für den Rest der Fahrt schweigsam, und auch Ricky hing ihren Gedanken nach.

      Jetzt, wo sich alles allmählich setzte, bekam sie beinahe Angst vor ihrer eigenen Courage. War es richtig gewesen, aus einem Gedanken heraus allen zu sagen, dass sie ihr Studium aufgeben wollte? Sie hatte es sich doch immer gewünscht, und wie begeistert sie jeden Tag zur Uni gegangen war. War es wirklich diese Frau Schulz gewesen, diese merkwürdige Frau, die ihr Leben nach den Wünschen ihrer Tochter ausrichtete?

      Nein!

      Sie konnte und wollte sich nicht mit dieser Frau vergleichen. Ihr schlechtes Gewissen war schon lange da gewesen. Und man durfte als liebende Mutter seiner Kinder nicht einfach seine eigenen Bedürfnisse über alles andere stellen. Das war egoistisch. Aber sich für seine Familie opfern, das war doch auch nicht der richtige Weg, oder?

      Ricky war so sehr verstrickt in ihre Gedanken, dass sie nicht mitbekam, dass sie ihr Ziel erreicht hatten.

      Fabian hatte gerade den Motor abgestellt, als sich die Haustür öffnete und Rosmarie, mit Beauty an der Leine, das Haus