Thomas Schröder

Samos Reiseführer Michael Müller Verlag


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ein.

      Eher als Kuriosum erwähnenswert ist die große Umgehungsstraße, die vom Ge­biet bei Tris Ekklisiés (an der Straße Richtung Pythagório) in weitem Bo­gen ober­halb von Kalámi bis weit hin­ter das Hospital verläuft; die schnel­lere Zufahrt zum Kran­ken­haus war auch das offizielle Argument für diese sehr „großzügig“ ge­plante Um­ge­hung.

      Das alte Áno Vathí besetzt die Hänge im Süden des Städtchens. Hier oben lässt sich zwischen den alten, in tradi­tio­neller Bauweise errichteten Häusern noch jene Idylle finden, die man unten im betriebsamen Hauptort vielleicht manchmal vermisst. Zu­mindest einen Spaziergang durch die steil anstei­gen­den Gassen des ruhigen Orts­teils sollte man in jedem Fall einplanen. Leider ent­völkert sich Áno Vathí fast zu­sehends - noch vor zwanzig Jahren lag die Einwohnerzahl hier um fast ein Vier­tel höher als heute.

      Am Rand des Geschehens: der kleine Fischerhafen von Sámos-Stadt

      Die Vergangenheit der Siedlung ist ver­gleichsweise kurz, reicht sicher nicht über die Wiederbesiedelung der Insel im 16. Jh. zurück. Die ersten Häu­ser entstanden da­mals im Gebiet von Áno Vathí, das sich in seiner Hang­lage vor schnellen Piraten­überfällen eini­ger­maßen sicher fühlen durfte. Erst zu Ende des 17. Jh. wagten sich ei­nige Kaufleute hinunter an die Küste; vor­erst nur, um dort einzelne Warenlager zu errichten. Der teilautonome Status, den die Insel ab 1832 erhielt, und der damit ver­bundene kräftige Wirtschafts­auf­schwung verhalfen der kleinen Küs­ten­siedlung zu einem rasanten Boom. Vom Hafen Káto Vathí wurden die Gü­ter des Hinterlan­des verschifft, gin­gen Wein, Leder, Seife und der einst­mals be­rühmte Tabak von Sámos in alle Welt. Damals und in den folgenden Jahr­zehn­ten entstanden auch die neo­klassi­zis­tischen, heute teilweise verfal­len­den, immer häufiger aber aufwändig re­no­vierten Villen, die dem Ortsbild ei­nen eigenen Reiz verleihen. An­gesichts des wirtschaftlichen Erfolges war es nur fol­gerichtig, dass die auf­strebende Sied­lung, mittlerweile die größte der Insel, 1855 zur Hauptstadt ernannt wurde.

      Einen Stadtplan, dem auch die Lage der einzelnen Hotels und Res­taurants zu ent­neh­men ist, fin­den Sie in der hinteren Um­schlag­klappe.

      Bewacht vom „Löwen der Freiheit“: die Platía Pythágoras

      An Sehenswürdigkeiten bietet Sámos-Stadt mehr Klasse als Masse. Altehr­würdige Bauten wird man in der ver­gleichsweise jungen Siedlung natür­lich vergebens suchen. Höhepunkte eines Stadt­bummels sind das hervorra­gend bestückte Archäologische Museum und der romantische Ortsteil Áno Vathí.

      Byzantinisches Museum: Früher im Bischofspalast unter­ge­bracht, dann ins Gebiet hinter der Ein­kaufsstraße Lo­gothéti umgezogen, prä­sen­tiert das Byzan­ti­nische Mu­seum praktisch aus­schließ­lich kirchliche Kunst des 15.-19. Jahrhunderts, darun­ter kostbare Ikonen und Mess­ge­wän­der, üppig versilberte Kruzifixe und Gefäße, reich mit Gold und Silber ver­zierte Bücher etc. Lange geschlossen, hat das Museum seit ei­nigen Jahren zumindest offiziell wie­der geöffnet (Mo-Fr 10-14 Uhr; Ein­tritt 1,50 €); falls man dennoch vor ver­schlos­senen Türen steht, lohnt sich even­tu­ell eine Anfrage bei der Kir­chen­verwaltung um die Ecke.

      Stadtpark: Ent­stan­den ist der kleine, aber sehr viel­fältig mit Büschen und hohen Bäumen be­grün­te Park im 19. Jh. als Palast­garten des von den Türken ein­ge­setzten, jedoch grie­chisch-ortho­doxen Hegemonen. Der zugehörige Palast hat die Bombardierun­gen des Zwei­ten Welt­kriegs leider nicht über­stan­den. Der Park ist schon länger ge­schlossen. Wann die geplante Neu­gestaltung stattfindet und der Park wie­der­eröffnet wird, stand bei Re­dak­tions­schluss noch nicht fest.

      Frische Produkte der Insel: Markt bei der Spyrídon-Kirche

      Ágios Spyrídon: Schräg gegenüber dem Park steht die in üppigem Marmor ge­hal­tene Kirche des Hl. Spyrídon, Stif­tung des reichen Tabak­händlers Pa­schális aus dem Jahr 1909. Auch die Innenausstattung wur­de überwiegend aus Spenden dieser Zeit bestritten; ei­ni­ge Ikonen sind aller­dings älteren Da­tums. Stolz sind die Ein­wohner auf die geschichtliche Be­deutung der Kirche: 1912 wurde hier offiziell der An­schluss der Insel an Griechenland gefordert.

      Rathaus: Nordöstlich der Kirche und di­rekt hin­ter dem Stadtpark gelegen, bil­dete das alte Rathaus zur Zeit der Autonomie den Tagungsort der Natio­nal­versamm­lung. Ein Blick in das zu den Büro­zeiten zugängliche Gebäude lohnt sich.

      Die beste archäologische Sammlung von Sámos, gleichzeitig eine der schön­sten Sammlungen dieser Art, die man auf griechischen Inseln überhaupt be­wun­dern kann, verteilt sich auf zwei Ge­bäude im Umfeld des Rathauses.

      ♦ Tägl. außer Dienstag 8.30-16 Uhr. Eintritt 4 €, ermäßigt 2 €.

      Neubau: Er wurde aus Mitteln der Volks­wagenstiftung errichtet; bei der Ein­wei­hung war denn auch der da­malige Bundespräsident Richard von Weiz­säcker per­sön­lich zugegen. Aus­gestellt sind hier Skulpturen aus dem Gebiet des bedeuten­den, nahe Pytha­gório gelegenen Heiligtums Heraíon. Ein Plan dokumentiert die Aus­gra­bungs­stätte, Erklärungen gibt es auch in deutscher Sprache. Zu den berühm­testen Exponaten zählt die (kopflose) Figurengruppe des Geneleos, entstan­den um 560/540 v. Chr. und benannt nach dem Bildhauer, der sie schuf. Frontal ste­hen die verbliebenen Mitglieder der sicher wohlhabenden Familie zum Be­trach­ter. Ur­sprüng­lich waren es, den Aus­sparungen im Sockel nach zu schlie­ßen, sechs Per­so­nen; ganz rechts au­ßen und im Gegensatz zu den an­der­en lie­gend dargestellt, befand sich wohl der Vater, der auch der Auftraggeber ge­wesen sein dürfte. Den Hö­hepunkt der im Hera­íon gemachten Funde bildet jedoch eine riesige Jüng­lings­statue aus ar­chaischer Zeit, ein Kouros. Wie alle Jünglingsfiguren (Kou­roi) jener Epo­che ist sie nackt, im Ge­gen­satz zu den Mädchenfiguren (Ko­ren), die immer be­kleidet dar­ge­stellt waren. Eines aber hatten beide Ge­schlech­ter gemeinsam: Alle erhalten ge­bliebe­nen Köpfe tragen den Aus­druck ei­nes feinen Lächelns.

      Der kolossale Kouros von Sámos

      Den linken Oberschenkel und den Arm einer offenbar rie­sigen Jüng­lingsstatue aus archaischer Zeit besaß das Mu­seum schon lange. 1973 fand man auch den rechten Oberschenkel. Und 1980 be­kamen die drei einsamen Kör­perteile aus dem 6. Jahrhundert vor Christus ein weiteres Mal Gesellschaft: Im He­raion stießen deut­sche Archäolo­gen auf den massiven Körper aus Marmor.