weitere Telefonate?«
»Seither herrscht Ruhe«, sagte sie leise. »Aber ich spüre, daß ich belauert werde. Er wird wieder anrufen und mich bedrohen.«
»Sie sollten Urlaub nehmen, meine Liebe«, schlug Agatha Simpson energisch vor.
»Den habe ich bereits genommen«, gab sie zurück. »Vor zwei Tagen habe ich ihn angetreten. Ich werde noch heute mit meiner Mutter an die Küste fahren.«
»Darüber sollte man sich vielleicht unterhalten, Miß Simmons«, schlug Josuah Parker vor. »Mylady verfügt über einige Landsitze, die sich als Urlaubsziel geradezu anbieten.«
»Landsitze, Mister Parker? Kleine Häuser«, wiegelte die ältere Dame sofort ab. »Aber ich bin gern bereit, Sie dort aufzunehmen. Ihr Mut soll belohnt werden.«
»Mut, Mylady? Ich sterbe vor Angst.«
»Sie stehen ab sofort unter meinem Schutz, meine Liebe«, beruhigte Agatha Simpson ihren Gast. »In ein paar Tagen werde ich diesen Frauenjäger gefaßt haben‘«
»Ja, er nannte sich am Telefon immer Frauenjäger«, fügte sie ihrem Bericht noch schnell hinzu. »Das hätte ich beinahe vergessen. Und er sagte noch jedesmal, ich würde mich in seiner Frauenfalle fangen.«
»Er wird bald in seiner eigenen Falle zappeln«, prophezeite die ältere Dame optimistisch. »Überlassen Sie das ruhig mir, meine Liebe. Ich werde Sie selbstverständlich nach Hause begleiten. Sie haben nichts mehr zu befürchten.«
»Vielleicht vorher noch eine Frage, Miß Simmons«, bat Josuah Parker. »Pflegen Sie gewisse Kontakte zu Damen, die ebenfalls in leitenden Stellungen tätig sind?«
»Man sieht sich hin und wieder«, antwortete Helen Simmons. »Einige Male im Jahr treffen wir uns zu einem gemeinsamen Abendessen und besprechen dann unsere Probleme. Wir Frauen haben es nicht leicht, uns gegen die Männer durchzusetzen.«
»Auch über die gemeinsamen Abendessen sollte man sich noch unterhalten«, meinte der Butler. »Während des Dinner dürfte dazu reichlich Zeit sein.«
»Dinner?« fragte Agatha Simpson. »Heute wollte ich eigentlich einen Diät-Tag einlegen. Aber nun gut, ich werde ein Opfer bringen und eine Kleinigkeit zu mir nehmen. Richten Sie sich aber wirklich nur auf einen Imbiß ein, meine Liebe.«
»Ich glaube, ich werde keinen Bissen hinunterbekommen«, meinte sie.
»Was Sie nicht tragisch nehmen sollten, meine Liebe. Später mal wird sich das alles wieder einrenken.«
*
»Nun, Mister Parker, was halte ich von der jungen Dame?« wollte Lady Agatha wissen. »Sie ist durchaus seriös, was ich von Anfang an wußte.«
»Myladys Menschenkenntnis ist immer wieder wegweisend«, lautete Parkers Antwort. »Miß Simmons konnte in der Tat wichtige Hinweise liefern, wie Mylady herauszuhören beliebten.«
»Selbstverständlich.« Sie nickte nachdrücklich. »Das ist mir nicht entgangen, Mister Parker. Und was fiel mir auf?«
»Miß Helen Simmons sprach von einem Gesprächskreis jener Damen, die leitende Stellungen einnehmen.«
»Richtig.« Sie nickte erneut und lächelte den Butler wohlwollend an. »Jetzt bin ich gespannt, ob Sie da ebenfalls gewisse Zusammenhänge erkennen, Mister Parker.«
»Mylady planen, die jungen Damen zu befragen, ob auch sie vom Frauenjäger belästigt wurden.«
»Das ist es«, meinte sie erleichtert. »Sie haben tatsächlich aufgepaßt, Mister Parker. Ich dachte schon, Sie hätten das überhört.«
»Miß Simmons war so entgegenkommend, einige Namen zu nennen«, erinnerte Josuah Parker. »Myladys Erlaubnis vorausgesetzt, sollte man sich mit den betreffenden Damen ins Benehmen setzen.«
»Das ist die heiße Spur, auf die ich gewartet habe«, freute sie sich nachdrücklich. »Jetzt werde ich meinen Fall bald abschließen können, Mister Parker.«
»Er ist im Grund bereits gelöst, Mylady«, versicherte Parker in seiner höflichen Art. »Darf man übrigens an die Herren erinnern, die sich nach wie vor im Brunnenschacht befinden?«
»Brauche ich die noch?«
»Man könnte sie der Polizei in die Hände spielen, Mylady.«
»Ich lasse Ihnen da völlig freie Hand, Mister Parker«, gab sie zurück. »Um solche Details kümmere ich mich nicht.«
Sie erhob sich und tat kund, sie wolle über den Frauenjäger noch ein wenig meditieren. Sie hatte mehr als nur Kleinigkeiten zu sich genommen und brauchte etwas Ruhe. Zudem, und das war Parker bekannt, lief im Fernsehen ein Kriminalfilm, den sie auf keinen Fall versäumen wollte. Sie winkte ihrem Butler hoheitsvoll zu und schritt über die geschwungene Treppe ins Obergeschoß.
»Sie sollten sich etwas entspannen, Mister Parker«, rief sie dann nach unten. »Vielleicht war das alles etwas zuviel für Sie. Sie sind auch nicht mehr der Jüngste.«
»Myladys Fürsorge ist bemerkenswert.« Josuah Parker deutete eine Verbeugung an. »Planen Mylady für den Abend oder die Nacht noch etwas?«
»Ich werde darüber nachdenken«, entschied sie und verschwand im Korridor der oberen Etage. Damit wußte Parker aus einschlägiger Erfahrung, daß er über etwa anderthalb Stunden Zeit verfügte, die er nach Belieben nutzen konnte. Er begab sich ins Souterrain des Hauses, in dem sich seine privaten Räume befanden.
Hier verfügte er über einen großen Wohnraum, der im Stil einer Kapitänskajüte eingerichtet war. Es gab viel Teakholz, Messing und Holzpaneele, dazu ein Ledersofa und passende Sessel. Der Schlafraum war entsprechend geschmackvoll eingerichtet, ebenso das große Bad. Zusätzlich hatte Parker sich hier unten seine Werkstatt eingerichtet, die Eingeweihte schlicht und einfach Labor nannten. Hier ersann, entwickelte und baute der Butler die vielen technischen Überraschungen, die seine Gegner immer wieder verwirrten.
Von den privaten Räumen aus erreichte man über einen Verbindungskorridor die große, modern eingerichtete Wirtschaftsküche des Hauses. Josuah Parker war ein erstklassiger Koch, der aus Passion das Essen für Mylady und sich selbst zubereitete. Selbstverständlich gab es auch hier unten eine zentrale Warnanlage, über die das ganze Haus zu kontrollieren war. Sie war mit der Schalttafel im Wandschrank oben im Erdgeschoß des Hauses gekoppelt.
Der Butler rief Horace Pickett an und erkundigte sich erst mal nach Lem Stiller und Richie Wilmings, die er in Mister Picketts Obhut gegeben hatte.
»Die wollen Sie unbedingt sprechen, Mister Parker«, sagte der ehemalige Eigentumsumverteiler.
»Schwierigkeiten machen sie nicht, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.«
»Vielleicht wollen Sie sich noch mal um Mylady verdient machen, Mister Pickett«, erwähnte der Butler noch, nachdem er sich bedankt hatte. »Es gibt da in Wimbledon einen Gasthof, in dem sich hin und wieder berufstätige Damen zu treffen pflegen. Könnten Sie eruieren, Mister Pickett, um welche Frauen es sich handelt? Es wäre recht angenehm, wenn man zusätzlich noch die Adressen dieser Berufstätigen in Erfahrung bringen könnte.«
»Das nehme ich selbst in die Hand«, antwortete Pickett. »Ich brauche nur den Namen des Restaurants.«
Parker nannte ihn und empfahl Pickett, sich einen Smoking anzuziehen.
»Es dürfte sich um ein recht teures Restaurant handeln, Mister Pickett«, meinte der Butler. »Die Spesen werden selbstverständlich von Mylady übernommen.«
»Ich werde kaum etwas ausgeben«, erwiderte Pickett. »Ich habe übrigens meine Fühler ausgestreckt, was den Frauenjäger betrifft, von dem Sie mir erzählt haben.«
»Meine Wenigkeit geht davon aus, daß Sie durchaus fündig geworden sind, Mister Pickett.«
»Dieser Frauenjäger wird mit Falconer und Casnell in Verbindung gebracht«, berichtete Pickett weiter. »Es heißt, sie würden sich damit gegenseitig Schwierigkeiten machen wollen. Ob das stimmt, kann ich nicht