Arthur Miller
Death of a Salesman
Lektüreschlüssel XL
für Schülerinnen und Schüler
Von Rita Reinheimer-Wolf
Reclam
Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgaben:
Arthur Miller: Death of a Salesman. Certain Private Conversations in Two Acts and a Requiem. Hrsg. von Manfred und Gunda Pütz. Stuttgart, Reclam, 1984 [u. ö.]. (Reclams Universal-Bibliothek UB 9172.)
Arthur Miller: Death of a Salesman. Certain Private Conversations in Two Acts and a Requiem. Hrsg. von Herbert Geisen. Stuttgart, Reclam, 2019. (Reclam XL. Text und Kontext. XL 19963.)
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Lektüreschlüssel XL | Nr. 15515
2020 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2020
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-961695-7
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015515-8
1. Schnelleinstieg
Autor | Arthur Miller (1915–2005), US-amerikanischer Schriftsteller und Pulitzer-Preisträger |
Uraufführung | 10. Februar 1949 am Broadway |
Genre | psychologisches Familiendrama |
Ort der Handlung | Haupthandlung: New York (Brooklyn) Rückblende: Boston |
Zeit der Handlung | späte 1940er Jahre: Akt I und II nehmen dabei insgesamt eine Zeitspanne von ca. 24 Stunden ein, während das Requiem an einem späteren Tag spielt; daneben gibt es Rückblenden in die Zeit vor der Großen Depression. |
Zeitgeschichtlicher Hintergrund | die Große Depression von 1929–41 (the Great Depression) der amerikanische Traum (the American Dream) |
Themen | Lebenslüge, Selbstzerstörung, enttäuschte Erwartungen, problematische Vater-Sohn-Beziehung, die Kehrseite des amerikanischen Traums |
Verfilmungen (Auswahl) | 1951, Regie: László Benedek 1985, Regie: Volker Schlöndorff 2000, Regie: Kirk Browning |
Arthur Millers psychologisches Drama Death of a Salesman, bereits 1949 uraufgeführt, hat aufgrund seiner zeitlosen Aussage auch im 21. Jahrhundert nichts von seiner eindringlichen Wirkung auf Theaterbesucherinnen und Theaterbesucher, Leserinnen und Leser verloren.
Das Theaterstück zeichnet sich besonders durch die Repräsentation der Gedanken und Gefühle der Hauptfigur Willy Loman aus, die das Scheitern ihres Scheitern des LebenstraumesLebenstraumes in einem schmerzhaften Prozess realisiert, mit inneren Spannungen hierauf reagiert und schließlich in einem Akt der Selbstzerstörung eine ganz individuelle und tragische Antwort für sich findet. Unabhängig vom Anlass des Scheiterns bzw. von der spezifischen Situation Willy Lomans kann seinen Gedanken und Gefühlen universelle Bedeutung beigemessen werden. In diesem Kontext spielen seine Erinnerungen und die Frage, wie sich diese auf seine gegenwärtige Gedankenwelt und seine Handlungen auswirken, eine entscheidende Rolle. Es stellt sich den Leserinnen und Lesern die Frage, inwieweit Erinnerungen grundsätzlich eine zuverlässige Basis für Reaktionen in der Gegenwart darstellen bzw. wie trügerisch Erinnerungen sein können.
Das Scheitern Willy Lomans hängt eng mit Gegebenheiten zusammen, die jeden Menschen betreffen können. Zu nennen sind hier die Schnelllebige BerufsweltSchnelllebigkeit der Berufswelt und die damit einhergehenden negativen Veränderungen des Arbeitslebens, die geringere Leistungsfähigkeit aufgrund des Alters und durch das Umfeld enttäuschte Erwartungen.
An das Scheitern der männlichen Hauptfigur ist das Thema des Psychologisches FamiliendramaFamiliendramas gekoppelt, in das die Ehefrau genauso stark wie die beiden Söhne Biff und Happy involviert sind. Es wird wohl kaum Leserinnen und Leser geben, die sich dem Schicksal der Familie Loman mit allen ihren Hoffnungen, Erwartungen und Enttäuschungen entziehen können. Das mag insbesondere an der gekonnten Darstellung des Vater-Sohn-Konfliktes liegen, die das Publikum in den Bann zieht und dazu anregt, Vergleiche mit der eigenen familiären Situation anzustellen.
Trotz dieser sehr starken psychologischen Komponente wird Death of a Salesman häufig vorrangig Sozialkritisches Theaterstückals sozialkritisches Theaterstück betrachtet, da ein allgemeines gesellschaftliches Problem verhandelt wird: Infolge der Wirtschaftskrise von 1929–41 war es Familien der middle class in den USA kaum möglich, den amerikanischen Traum vom materiellen Wohlstand zu verwirklichen, da trotz gesteigerter Leistung der finanzielle Erfolg ausblieb. Zugleich gelang es ihnen aber auch nicht, sich an einen niedrigeren Lebensstandard zu gewöhnen.
Allerdings transportiert Death of a Salesman keine offene politische Botschaft, Sozialkritik wird vielmehr indirekt durch Millers geschickte psychologische Darstellung geübt, zum einen insbesondere durch die Repräsentation von Willys Gedankenwelt und zum anderen durch die Interaktion der Figuren. Zentral ist hierbei das Motiv Schein versus Seinvon Schein versus Sein, d. h. das gesellschaftlich bedingte Vortäuschen besserer Lebensumstände. Und auch die damit zusammenhängende Oberflächlichkeit, die auf Äußerlichkeiten beschränkte Einschätzung von Mitmenschen, setzt Miller gekonnt in Szene. Auch diese gesellschaftskritischen Elemente verleihen Death of a Salesman eine überzeitliche Wirkung, denn heute, in Zeiten sozialer Medien, sind vermeintliche Beliebtheit und damit zusammenhängend die oberflächliche Inszenierung des eigenen Lebens als Erfolgsgeschichte von großer Bedeutung. Das kann sogar so weit gehen, dass diese Darstellung zum Ersatz für die Wirklichkeit wird bzw. die Scheinwelt mit der Wirklichkeit verwechselt wird.
Letztlich werden die Leserinnen und Leser durch die Beschäftigung mit Death of a Salesman mit folgenden ethischen Fragen konfrontiert: Welchen Der Wert eines MenschenWert hat ein Mensch? Erhöht sich der Wert eines Menschen, wenn er beruflich und materiell erfolgreicher als andere ist? Linda Loman, Willys Ehefrau, dient in diesem Zusammenhang als Sprachrohr des Autors, indem sie den Wert eines Menschen losgelöst von seinen beruflichen Leistungen sieht. Diese Haltung sollte das Publikum wachrütteln, denn es geht hier um ein klares Eintreten für die Wertschätzung von Mitmenschen und ein respektvolles Miteinander.
Eine Gesellschaft, die den Wert des Individuums auf seinen sozialen und wirtschaftlichen Erfolg reduziert, ist in den Augen Millers dafür verantwortlich, dass Willy seinen individual pursuit of happiness, sein persönliches Streben nach Glück nicht verwirklichen kann. Der gesellschaftliche Bedrohung von Autonomie und IntegritätDruck bedroht Willys Autonomie und Integrität, d. h. seine Fähigkeit, selbstbestimmt zu handeln und sich selbst treu zu bleiben. Damit geht ein Verlust seines Selbstwertgefühls einher, der zu Isolation und Einsamkeit zu führen droht. In dieser Situation ist die Existenz einer Familie allein – wie das Beispiel des Protagonisten zeigt – noch keine Gewähr dafür, dass das Individuum in seiner Notlage aufgefangen wird. Dennoch kommt der Familie eine ausschlaggebende Rolle zu, wenn es darum geht, eine menschliche Tragödie