Patricia Vandenberg

Sophienlust Box 15 – Familienroman


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Denise von der Sache erfuhr, schmunzelte sie. Das sah so ganz nach ihrem Sohn Nick aus. Aber der Einfall war so gut, dass sie ihn dafür nur loben konnte. Sie bat Frau Rennert, dafür zu sorgen, dass die Kinder noch einige Extrasüßigkeiten erhielten.

      Die zwei Tage, die Heidi, Bärbel und Vicky nun noch in ihrem Krankenzimmer verbringen mussten, wurden ihnen zur Ewigkeit.

      Am Morgen des dritten Tages war es dann endlich so weit. Anja untersuchte die drei Mädchen noch einmal gründlich. Das Resultat war sehr zufriedenstellend. Sie hatten alle drei die schwere Krankheit ohne Schaden überstanden. Allerdings brauchten sie noch ein bis zwei Wochen lang sehr viel Ruhe und Schonung. Die Ärztin nahm sich vor, deshalb mit Frau Rennert, Frau von Schoenecker und auch mit Bärbels Mutter zu sprechen.

      Der Vormittag verging damit, dass die kleine Krankenstation aufgelöst wurde. Wie ein Empfangskomitee standen die Kinder vor den für sie bis dahin tabu gewesenen Räumen und empfingen die drei Außenseiter. Das war kurz vor dem Mittagessen, das sie schon wieder alle gemeinsam einnehmen wollten.

      Zur gleichen Zeit telefonierte Anja mit ihrer Familie. Felicitas und Stefan wussten die glückliche Neuigkeit schon seit einigen Tagen. Aber sie fieberten Anjas Heimkehr ungeduldig entgegen. Doch vorerst lud Anja ihre kleine Tochter zu der Kaffeeparty ein.

      Felicitas war überglücklich. »Darf ich Stoffel mitbringen?«, bettelte sie.

      »Natürlich darfst du das, Filzchen.« Als Anja auflegte, spürte sie, dass sie sich auf die Kaffeeparty, bei der sie ihr Töchterchen zum ersten Mal seit Wochen wieder würde in die Arme schließen können, genauso freute wie die Kinder.

      Gleich nach dem Mittagessen ließ Frau Rennert genügend Gartentische und Stühle auf dem Rasen hinter dem Haus aufstellen. Magda hatte sechs Torten gebacken. Sie fand, dass sie ihr besonders gut gelungen waren.

      Beim Aufdecken des Kaffeegeschirrs halfen die älteren Kinder mit. Die jüngeren schwärmten unter Nicks Aufsicht im Garten aus und pflückten einen Riesenblumenstrauß, den sie Anja am Nachmittag überreichen wollten.

      »Nicht so viele von der gleichen Sorte«, schimpfte Nick, als Fabian gleich fünf dunkelrote Rosen auf einmal schnitt. »Der Strauß soll doch schön bunt werden.«

      »Na ja«, meinte Fabian. »Rosen sind ja schließlich die schönsten Blumen.« Dabei drückte er Nick die fünf langstieligen Rosen in die Hand.

      Denise war selbst nach Wildmoos gefahren, um Felicitas abzuholen, da Dr. Stefan Frey an diesem Nachmittag Sprechstunde hatte.

      Mit vor Aufregung geröteten Wangen kletterte das Kind in Sophienlust aus dem Wagen.

      »Lauf hinters Haus«, schlug Denise ihr vor. »Dort findest du deine Mutti bestimmt.«

      »Komm, Stoffel!«, rief Felicitas und rannte los. Aufgeregt sprang der Spaniel hinter ihr drein.

      Anja hatte sich gerade mit warmen Worten für den wunderschönen Blumenstrauß bedankt. Eine größere Freude als diesen Beweis ihrer Anhänglichkeit hätten die Kinder ihr gar nicht bereiten können. Als sie sich gerade an die Kaffeetafel setzen wollte, kam ein braun-weiß gefleckter Spaniel um die Hausecke gesprungen, dem ein kleines Mädchen mit langen braunen Haaren folgte.

      »Filzchen!«, riefen einige der Kinder erfreut aus und sprangen auf.

      Doch Felicitas sah nur ihre Mutti. Der vertraute Anblick trieb ihr noch im Laufen die Tränen in die Augen. »Mutti!« Und dann stürzte sie sich mit einem glücklichen Aufschluchzen in Anjas Arme.

      Anja nahm ihr Kind auf den Arm und liebkoste es vor aller Augen. Erst jetzt wurde ihr voll bewusst, wie sehr Felicitas ihr gefehlt hatte. Sie streichelte ihr Haar und ihr Gesichtchen und presste sie immer wieder an sich.

      Doch da forderte auch Stoffel sein Recht. Er sprang bellend an Anja hoch.

      »Siehst du, er freut sich auch, Mutti«, strahlte Filzchen.

      Anja begrüßte auch den Hund. Dann nahmen sie alle an dem gedeckten Tisch Platz. Stoffel saß zu Filzchens Füßen.

      *

      Corinna saß neben Jochen im Wagen. Die beiden fuhren in Richtung Sophienlust. Nach einem weiteren Ruhetag auf der Hütte hatte sich Corinna so weit in Ordnung gefühlt, dass sie sich entschlossen hatten, zurückzufahren. Die Ungeduld trieb die beiden nun weiter und würde sie wohl erst verlassen, wenn sie auf Sophienlust angelangt waren und Bärbel gesehen hatten.

      Es war noch früh am Morgen. Corinna und Jochen hatten das kleine Gebirgsdorf nach einem raschen Abstieg von der Hütte eben erst verlassen.

      »Wie lange werden wir bis Sophienlust brauchen?«, fragte Corinna und blickte auf ihre Armbanduhr.

      »Wenn wir gut vorankommen, können wir am späten Nachmittag in Sophienlust sein«, überlegte Jochen. »Es wird eine anstrengende Fahrt werden. Wenn du müde wirst, kannst du dich auf den Rücksitz legen und ein wenig schlafen.«

      »Ich glaube nicht, dass ich die Ruhe habe, zu schlafen«, meinte Corinna. »Dazu bin ich viel zu aufgeregt.«

      Jochen verstand sie. Auch ihm wurde bange, wenn er an Bärbel dachte. Doch Frau von Schoenecker hatte am Telefon erklärt, dass Bärbel die Krankheit bereits überstanden habe. Denn trotz der frühen Stunde hatten sie es gewagt, bei Frau von Schoenecker anzurufen.

      »Hoffentlich dürfen wir auch wirklich schon zu ihr«, sagte Corinna aus ihren Gedanken heraus.

      Jochen wusste sofort, was sie meinte. »Das glaube ich bestimmt«, tröstete er sie. »Wenn Frau von Schoenecker dir bestätigt hat, dass Bärbel über den Berg ist, dann besteht ja auch keine Ansteckungsgefahr mehr.«

      Es wurde tatsächlich später Nachmittag, bis sie in die Nähe von Sophienlust kamen. Corinna hatte während der Fahrt keine einzige Minute geschlafen. Kurz vor der Abzweigung der Landstraße, die geradewegs nach Sophienlust führte, steigerte sich ihre Unruhe zur Nervosität. Vielleicht ist Bärbel doch nicht so gesund, wie Frau von Schoenecker mir am Telefon versicherte, überlegte sie plötzlich. Vielleicht wollte sie mich erst nach Sophienlust kommen lassen, um mir hier eine schreckliche Wahrheit zu sagen.

      Bei solchen Gedanken, aus der Angst um ihr Kind geboren, konnten nun auch Jochens tröstende Worte Corinna nicht mehr beruhigen.

      Als die beiden in den Hof von Sophienlust einfuhren, drangen fröhliche Kinderstimmen an ihr Ohr. Doch Corinna sah niemand. Sie sprang, kaum dass Jochen angehalten hatte, aus dem Wagen und ging den Stimmen nach.

      Da bog gerade Denise um das Hauseck herum. Einen Moment blieb sie überrascht stehen, dann erkannte sie Corinna Saller. Mit einem erfreuten Lächeln kam sie auf die junge Frau zu. »Guten Tag, Frau Saller. Wie schön, Sie wiederzusehen.« Sie reichte Corinna und anschließend auch Jochen die Hand. »Bärbel erwartet Sie schon sehnsüchtig«, fügte sie hinzu.

      »Sie ist …, es geht ihr besser?«, stotterte Corinna.

      »Aber ja«, bestätigte Denise sofort und sah, wie unendlich erleichtert Corinna aufatmete. Was musste die arme Frau für Ängste ausgestanden haben. »Sie haben einen guten Zeitpunkt für Ihre Rückkehr ausgewählt. Heute durften unsere drei kleinen Patienten zum ersten Mal wieder zu den anderen Kindern.«

      »Gleich drei sind erkrankt?«, fragte Corinna erstaunt.

      Denise nickte. »Bärbel hat zwei Kinder angesteckt. Aber diese Gefahr ist ja nun zum Glück auch vorüber.«

      Bei diesen Worten atmete Corinna noch einmal erleichtert auf und tastete nach Jochens Hand. Da erkannte Denise, dass die beiden zueinandergefunden hatten. Sie freute sich darüber. »Die Kinder sitzen alle im Park hinter dem Haus und feiern die Rückkehr ihrer drei Spielgefährten bei Kakao und Torte«, berichtete sie. »Bärbel sitzt mitten unter ihnen.«

      Lächelnd blickte Denise dem jungen Paar nach, das mit schnellen Schritten in Richtung der lauten Kinderstimmen ging.

      Bärbel sah ihre Mutti sofort. Sekundenlang stand sie reglos und wie erstarrt, dann lief sie mit einem kleinen Schrei auf Corinna zu.

      Corinna