Mal kurz nachdenken … So etwas hatten wir hier doch schon einmal! Welche Art von Informationen standen bei den Fansubs, die Sie sich angesehen haben, in den Übertiteln? Fanden Sie das hilfreich oder überflüssig?
Die Übertitel enthalten vor allem Informationen über die japanische Kultur. Bei Science Fiction findet man auch Übertitel zu serienspezifischem Vokabular. Fansubber halten also mit ihrem Spezialwissen nicht hinter dem Berg. Für Neulinge ist die eine oder andere Information sicher interessant. Die meisten Anime-Fans haben diese Kenntnisse aber selbst und beherrschen nur die japanische Sprache nicht ausreichend, um sich die Originalfassung ohne Untertitel anzusehen. Professionelle Untertitler würden versuchen, unerlässlich notwendige Informationen in die Untertitel zu integrieren. Auch hier gilt: Beim zweiten Ansehen sind diese Zusatzinfos oft lästig.Kulturspezifika1
Amateure untertiteln heute auch andere Filme. So weist Bogucki (2009) darauf hin, dass Amateur-Untertitel zu Filmen, die gerade erst im Kino anlaufen, bereits als Textdateien im Internet stehen können (51). Sie basieren also auf einer illegalen Filmkopie:
Amateur subtitle producers … typically work with a recording of the original, but thy have no access to the post-production script … The quality of their product is thus conditioned by how much they understand of the original. (Bogucki 2009: 49)
Was die Gestaltung der Untertitel selbst angeht, so gehört vieles davon in den Themenbereich des nächsten Teilkapitels, der kreativen und experimentellen Untertitelgestaltung. Zur Schrift in Anime-Fansubs siehe Josephy-Hernández 2017.
2.5.4 Kreative Untertitelgestaltung
Bei den bisher in diesem Kapitel abgedruckten Screenshots wurde die serifenlose Schrift Arial verwendet. Schon diese SchriftSchrift wirkt unterschiedlich, je nachdem, ob sie mit oder ohne BoxBox und mit oder ohne Drop ShadowDrop Shadow steht.
Man kann aber, wie bereits erwähnt, bei UntertitelungsprogrammenUntertitelungsprogramm unterschiedliche SchriftartenSchriftart nutzen. Auszeichnungen wie KursivschriftSchriftKursivschriftKursivschrift und FettdruckSchriftFettdruckFettdruck können ebenfalls verwendet werden, wobei Fettdruck in Unter- oder Übertiteln nicht üblich ist.
Hin und wieder findet man Zeilen ganz in Großbuchstaben, zum Beispiel wenn ein Warnschild in Großbuchstaben im Bild zu sehen ist und der Inhalt im Untertitel wiedergegeben wird. Von der Möglichkeit, durchgehende Groß- und Kleinschreibung einzusetzen, sollte man aber nur sehr sparsam Gebrauch machen – wenn überhaupt.
GRUNDSÄTZLICH GILT, DASS MAN GROSS- UND KLEINSCHREIBUNG SO VERWENDEN SOLLTE WIE ÜBLICH.
grundsätzlich gilt, dass man groß- und kleinschreibung so verwenden sollte wie üblich.
In Bereichen wie Typografie, Textgestaltung und Kommunikationsdesign, aber auch in der Lesbarkeitsforschung und im Bereich Wissensvermittlung sind die Charakteristika einzelner Schriften ein wichtiges Forschungsthema. Nicht jede Schrift liest sich gleich gut. Jede Schrift hat einen anderen Charakter und führt beim Leser zu anderen Assoziationen. Gut lesbare Einführungen in das Thema Typografie bieten Bergner (1990) und Willberg / Forssman (1999).
Dass im Kino immer eine serifenlose SchriftSchriftserifenlose Schrift verwendet wird, also eine Schrift ohne die kleinen Häkchen an den Enden, hat sich durch die technischen Gegebenheiten entwickelt. Die kleinen Serifen sehen schnell unsauber und ausgefranst aus, wenn die technische Qualität der Untertitel nicht sehr gut ist, so dass der Einsatz einer SerifenschriftSchriftSerifenschrift mit früheren Verfahren nicht zu leisten war. Auch im Fernsehen werden aus technischen Gründen serifenlose Schriften für die Untertitel eingesetzt. Der alte VideotextVideotext besteht aus sichtbaren Pixeln. Es handelt sich dabei stets um ProportionalschriftenSchriftProportionalschriftProportionalschrift. Das bedeutet, dass ein „i“ sehr viel weniger Platz benötigt als ein „m“. Bei der klassischen Schreibmaschinenschrift, einer Monospace-Schrift, brauchen alle Buchstaben gleich viel Platz.
Serifenlose Schriften lassen sich nicht nur gut auf Filmen fixieren, sie gelten auch als besonders gut lesbar. Allerdings darf man hier nicht verallgemeinern. Es gibt serifenlose Schriften, bei denen das kleine „l“ und das große „I“ kaum zu unterscheiden sind; bei manchen verschwimmen „r“ und „n“ hintereinander leicht zu einem „m“ (Willberg / Forssman 1999: 21, 28 und 76). Selten gebrauchte serifenlose Schriften wirken auf den ersten Blick fremd und ziehen die Aufmerksamkeit stärker auf sich, als es vermutlich gewollt ist (und ohne dass sich der Leser so richtig darüber im Klaren ist, was ihm seltsam vorkommt).
Garamond (Serifenschrift), schwarz, zentrierter Übertitel (Die Kunst des Spickens © Daniel Wolf / Daniel Frei)
Im Internet und auf DVDs herrscht eine größere Schriftvielfalt als im Kino. Man könnte überspitzt sagen, dass alles, was die Untertitelungsprogramme möglich machen, irgendwann und von irgendwem auch gemacht wird. Bei der Aufführung des Films The Pillow BookThe Pillow Book (Die BettlektüreDie Bettlektüre, Großbritannien etc. 1996) von Peter Greenaway auf ARTEARTE wurde für die Untertitel bewusst eine kalligraphische SchriftSchriftkalligraphische Schriftkalligraphische Schrift verwendet, die das Thema des Films reflektierte (vgl. Wahl 2003: 88). Foerster (2010) analysiert die Untertitelung von Night WatchNight Watch (die englisch untertitelte Version von Nochnoi Dozor, Russland 2004), bei der ungewöhnliche Platzierungen und Schriftarten genutzt werden, um die Wirkung des Films zu verstärken.
Wie wir eine Schrift wahrnehmen, hängt auch stark davon ab, wo wir ihr normalerweise begegnen; das haben Sie in der Bücherei sicher bemerkt. Es gibt typische Schriften für Zeitungen (also für Fließtext in schmalen Spalten), für Romane (für Fließtext, der über die Seitenbreite läuft), für Comics (handschriftliche Druckbuchstaben – oder Imitationen davon). Mit den heutigen Untertitelungsprogrammen kann man solche Schriften auch für Untertitel benutzen.
Diese im Internet und für Privatbriefe sehr beliebte SchriftSchrift, nämlich Comic Sans?
Oder diese liebliche Handschriftenimitation, Lucida Handwriting?
Oder ziehen Sie die frühere Standardeinstellung in Word vor, die Serifenschrift Times New Roman, die nur ein paar Jahre nach Einführung einer neuen Standardeinstellung fast schon historisch wirkt?
Und dann gibt es noch die fast vergessene Schreibmaschinenschrift, eine Monospace-Schrift, bei der jeder Buchstabe gleich viel Platz hat.
Krazy KatKrazy Kat (USA 1916) kennen Sie bereits. Sie können noch einmal zu Kapitel 2.3.4 zurückblättern, um Beispiele für Untertitel zu sehen. Hier kommen noch zwei neue. Gefällt Ihnen diese Lösung?