Größe, um sich an eine starke Männerbrust zu schmiegen.
„Nein“, sagt Nathan leise. „Das liegt mir wirklich fern. Ich möchte nur, dass du vorsichtig bist.“
„Warum, zum Teufel?“, rufe ich frustriert.
„Pssst!“ Nathan legt mir einen Finger auf die Lippen und ich kann nicht widerstehen. Ich stupse den Finger mit der Zunge an, kitzle ihn. Nathan stöhnt kaum hörbar und zieht sich beinahe fluchtartig zwei Schritte zurück.
„Nathan“, wispere ich lockend.
„Nicht!“ Es klingt verzweifelt.
„Du machst mich irre“, zische ich verärgert. „Dein widersprüchliches Verhalten und ständig diese Andeutungen.“
„Welches widersprüchliche Verhalten?“ Er blickt sich schnell um und versucht, in der Dunkelheit etwaige Lauscher auszumachen, bevor er weiterspricht. „Du baggerst doch mich an. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich dir Avancen gemacht habe.“
Damit hat er leider recht.
„Du findest mich nicht attraktiv?“, frage ich verdattert. Nathan lacht, dreht sich um und geht. Ich hätte ihm ein herzhaftes Arschloch hinterhergebrüllt, wenn es nicht ein dermaßen zärtliches Lachen gewesen wäre. Ich seufze. Auch Einbildung ist eine Bildung. Knurrig setze ich den Weg fort. Ich soll vorsichtig sein ... Bin ich etwa in Gefahr, weil ich mit der Fragerei Welshams Mörder näherkomme? Prompt hebt sich meine Laune.
Gut so!
Leute, die unter Stress stehen, begehen Fehler. Und dann schlage ich zu.
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Kaum habe ich mein Haus betreten, stutze ich. Es riecht merkwürdig. Nicht nach vergammeltem Kühlschrank, wie in Welshams vier Wänden, sondern nach einem Aftershave, das definitiv nicht meines ist. Der Geruch ist kaum wahrnehmbar, dennoch er ist da. Ich lausche, aber es ist nichts zu hören. Angespannt und alle Sinne auf Hochtouren geschaltet, schleiche ich von Raum zu Raum. Nichts ist gestohlen und nichts wurde beschädigt. Ich öffne Schranktüren und spähe in den Harry-Potter-Abstellraum unter der Treppe. Niemand springt mir entgegen. Im oberen Bad sitzt die Winkelspinne neben dem Spiegelschrank an der Wand. Ich bezweifle, dass es ihr Aftershave ist, das ich wahrnehme. Trotzdem bin ich mir sicher, dass jemand in meinem Haus war, obwohl ich keinen weiteren Anhaltspunkt dafür finde. Eventuell ist die Häkeldecke auf der Sofalehne etwas verrutscht oder in der Küche steht ein Stuhl näher am Tisch als zuvor. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass ich paranoid werde, weil ich heute von Maggie und Nathan deutliche Warnungen erhalten habe.
Kurz entschlossen trete ich wieder in den Regen hinaus, ignoriere den Sturzbach, der auf mich niedergeht, und eile quer durchs Dorf. Endlich stehe ich vor einem Gartentor, das vorschriftsmäßig in den Angeln hängt. Es lässt sich ganz leicht öffnen und quietscht nicht einmal. An der gelb gestrichenen Haustür betätige ich den Türklopfer und warte. Es dauert nicht lange, bis mir Nathan öffnet.
„Warst du heute Morgen in meinem Garten?“, frage ich ihn, während mir das Wasser aus den Haaren und in den Mantelkragen läuft.
„Wo ist dein Schirm?“
„Habe ich zu Hause vergessen. Und? Warst du das heute Morgen?“
Nathan lehnt sich mit der Schulter gegen die Türzarge und verschränkt die Arme vor der Brust. „Nein.“
„Es war eine Person da. Im Garten. Er … oder sie … ist weggelaufen, als ich aus dem Fenster schaute. Und vorhin war jemand in meinem Haus.“
Nathans Augen werden schmal. „Wurde etwas entwendet?“
Ich schüttle den Kopf, woraufhin Regentropfen in sämtliche Richtungen fliegen. „Ich denke, in Bloomwell wird nicht gestohlen?“
„Hast du keine Gummistiefel?“, will Nathan wissen.
Ich starre auf meine teuren Lederschuhe hinab. Sie sind vollständig durchnässt – genau wie der Rest von mir.
„Gummistiefel passen nicht zum Anzug.“
Nathan seufzt und gibt die Tür frei. „Komm rein.“
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Eine halbe Stunde später sitze ich in eine Decke gehüllt auf einem grauen Sofa und trinke eine Tasse English Caramel. Dazu gibt es Cheesecake-Cookies mit weißen Schokoladensplittern. Ich könnte süchtig nach den Dingern werden. Meine Haare müssen wie ein Vogelnest aussehen, da ich sie nur mit einem Handtuch frottieren konnte. Der Anzug, das Hemd und die Krawatte hängen auf Kleiderbügeln über Nathans Badewanne und tropfen vor sich hin. Die Schuhe sind mit Zeitungspapier ausgestopft. An den Füßen trage ich inzwischen geliehene dicke Stricksocken, da meine eigenen über dem Wannenrand liegen.
Nathans Zuhause ist gemütlich. Kein Möbelstück passt zum anderen und gerade deshalb harmoniert alles miteinander. Er hat die einzelnen Teile vom Sperrmüll geholt oder auf Trödelmärkten erworben und aufgearbeitet. Bunte Kissen und in knalligen Farben gestrichene Wände vermitteln die behagliche Fröhlichkeit aus der Hippiezeit. Das habe ich ihm nicht zugetraut. Bislang hat er sich ja dauernd grummelig-mysteriös gegeben. Er sitzt mir gegenüber, anstatt sich an mich zu kuscheln.
Hey!
Es stört mich ungemein, dass er Abstand hält, da sein Verhalten an meinem Ego kratzt. Schließlich bin ich bis auf die Boxer unter der Decke nackt, bin gepflegt, müffele nicht und befinde mich optisch betrachtet im oberen Ranking der Sexiest-Man-Alive. Wieso liegen wir uns nicht längst in den Armen und haben schmutzigen Sex? Weil SIE es ihm verbieten?
Nathan schweigt schon seit geraumer Zeit. Bestimmt hängt er eigenen Gedanken nach. Es wäre nett, wenn er sie mit mir teilen würde, immerhin hat sich jemand in meinem Haus herumgetrieben. Oder überlegt er sich insgeheim, wie er mich am geschicktesten wieder loswird? Nein! Nie und nimmer. Dennoch fühle ich mich trotz der Decke, den Keksen und dem Tee allmählich wie ein Störenfried.
„Es tut mir leid, wenn ich dir Umstände bereite.“
Nathan hebt den Kopf, als würde er aus einer Trance erwachen.
„In Bloomwell helfen wir einander“, rattert er den häufig verkündeten Spruch herunter, als wäre der den Einwohnern per Gehirnwäsche eingetrichtert worden. Unwillkürlich schneide ich eine Grimasse.
„Wenn du heute nicht nach Hause möchtest, kann ich das verstehen. Du darfst gerne bei mir bleiben.“
Sofort habe ich unsere ineinander verschlungenen Körper vor Augen.
„Ich könnte dir das Gästezimmer herrichten.“
Bye, bye, du schöner Traum!
Soll ich etwa die ganze Nacht wach liegen und an den knusprigen Kerl denken, der sich mit mir unter einem Dach befindet?
„Nein, danke. Ich werde zu Hause schlafen.“
„Wie du willst.“ Nathan erhebt sich, als hätte ich ihm mit meiner Entscheidung das Startzeichen gegeben. „Ich bringe dir etwas zum Anziehen.“
Offenbar hat er es doch eilig, mich loszuwerden.
„Wir könnten uns vorher einen Film reinziehen“, schlage ich vor. „Bei mir gibt es bloß zwei Sender.“
Nathan schüttelt den Kopf. „Ich habe überhaupt keinen Fernseher.“
„Oder wir spielen Karten? Scrabble? Kniffel? Beschäftigen uns mit Huckekästchen?“
„Ich bringe dich jetzt nach Hause“, sagt Nathan sanft. An der Tür stockt er. „Besitzt du eigentlich eine Waffe?“
„Nein. Ich habe Pfefferspray für den Notfall.“ Lediglich 4,9 Prozent der britischen Polizei trägt eine Schusswaffe. Nach den Terroranschlägen haben die Bobbies ein wenig aufgerüstet, trotzdem sind die meisten einzig und allein mit ihren Schlagstöcken auf Streife.
„Warum willst du das wissen?“, erkundige ich mich.
„Wo ist es?“