der Gedanke, eine Fähigkeit zu entwickeln, für Kinder viel attraktiver und motivierender als die Vorstellung, Schwierigkeiten überwinden zu müssen.
Die Motivation aufbauen
Wenn man sich mit einem Kind darüber geeinigt hat, welche bestimmte Fähigkeit es entwickeln sollte, heißt das aber noch lange nicht, dass das Kind auch motiviert ist, diese Fähigkeit zu erlernen. Es kann sein, dass noch das ein oder andere getan werden muss, um die Motivation des Kindes aufzubauen. Wir können beispielsweise das Kind auffordern, der zu entwickelnden Fähigkeit einen Namen zu geben, oder dem Kind helfen, die Vorteile des Erlernens zu erkennen, oder mit ihm frühzeitig Pläne schmieden, wie es feiern kann, wenn es die Fähigkeit erlangt hat. Zusätzlich können wir noch sicherstellen, dass es mehrere Menschen in seinem Umfeld gibt, die willens sind, das Kind zu unterstützen und ihm beim Erlernen der Fähigkeit zu helfen.
Die Fähigkeit üben
Wenn wir das Kind erfolgreich motiviert haben, die Fähigkeit zu erlernen, dann ermutigen wir es, die Fähigkeit zu üben. Wir zeigen ihm auch einen geeigneten Weg, die Fähigkeit zu üben, und stellen sicher, dass es viel positives Feedback bekommt, wann immer es übt und die Fähigkeit zeigt.
Lernen geschieht selten linear, und daher müssen wir auch auf Rückschläge gefasst sein – das heißt Zeiten, in denen das Kind die erlernte Fähigkeit vorübergehend verliert und das problematische Verhalten zurückkehrt.
Das Lernen verstärken
Wenn das Kind seine Fähigkeit erlernt hat, geben wir ihm zu Ehren ein Fest. Vorher schlagen wir ihm noch vor, allen Menschen, die es unterstützt haben oder die ihm geholfen haben, zu danken. Als ein weiterer wichtiger Schritt des Prozesses versuchen wir auch, dem Kind eine Gelegenheit zu verschaffen, die neu erlernte Fähigkeit an jemand anderes weiterzugeben. Zum Schluss einigen wir uns dann gemeinsam mit dem Kind auf die nächste Fähigkeit, die es erlernen möchte.
Die Geburt von »Ich schaffs«
Mitte der 90er Jahre kontaktierten mich zwei kreative Sonderschullehrerinnen, Sirpa Birn und Tuija Terävä, und baten mich, ihr Supervisor zu werden. Diese beiden Frauen arbeiteten im Tageszentrum Keula, einer Sonderschule für Kinder mit speziellem Förderungsbedarf. Sie waren außerordentlich engagiert bei ihrer Arbeit mit den Kindern und Familien. Ich traf mich kurz darauf mit Sirpa und Tuija, um zu diskutieren, wie ich sie am besten unterstützen kann. In dieser Besprechung kamen wir auf folgende Idee: Ich würde nicht als ihr Supervisor in der üblichen Form (mit regelmäßigen Sitzungen zur Besprechung ihrer Fälle) fungieren, sondern wir würden gemeinsam eine Methode entwickeln, die Probleme zu lösen, vor denen Kinder stehen. Diese Methode könnten wir dann jedem beibringen, der Ideen braucht, um Kindern bei der Überwindung ihrer Schwierigkeiten helfen zu können. Diese Zusammenarbeit führte dann zur Geburt dessen, was wir später »Ich schaffs« nannten.
Die Ziele
Am Anfang des Projekts setzten wir uns eine Reihe klarer Ziele. Zunächst wollten wir eine Methode entwickeln, die effektiv und nützlich für die Arbeit mit vielen die Kinder betreffenden Themen ist. Die Methode sollte sich für die Lösung der alltäglichen Schwierigkeiten genauso anbieten wie für die ernsteren Probleme, für die professionelle Helfer zu Rate gezogen werden, die sich auf Kinder mit besonderen Bedürfnissen spezialisiert haben.
Die Methode sollte zielgerichtet und leicht zu verstehen sein, weil es uns wichtig war, dass jeder, der sich um Kinder kümmert, sie anwenden kann und aus ihr Nutzen ziehen kann. Sie sollte in verschiedenen Umgebungen wie zu Hause, in Schulen, Kindergärten, Familienberatungsstellen, Heimen etc. einsetzbar sein.
Wir wollten auch, dass die Methode von den Kindern anerkannt wird. Über die Jahre habe ich bei meiner Arbeit mit Kindern die Überzeugung gewonnen, dass wir die uneingeschränkte Mitarbeit des Kindes brauchen, wenn wir Ergebnisse erzielen möchten. Aus diesen Gründen war es für uns wichtig, dass unsere Ideen auch kindgerecht (wirksam) waren und dass Kinder die Methode ansprechend finden.
Aber es reichte uns nicht, dass die Kinder die Methode mögen. Wir wollten auch, dass die Eltern sie schätzen, und wir wollten mit ihr die Beziehungen zwischen den Erwachsenen, die sich um ein Kind kümmern, verbessern. Dies verlangte, dass die Methode auf dem Grundgedanken basiert, nicht irgendjemanden für die Schwierigkeiten des Kindes verantwortlich zu machen, sondern stattdessen jeden als Ressource anzusehen. Alle diejenigen, die dem Kind nahe stehen, sollten als Unterstützer angesehen werden, die auf die eine oder andere Art in der Lage sind, dem Kind zu helfen, die zu entwickelnde Fähigkeit zu erlernen.
Diese Ziele hatten wir zu Beginn unserer Arbeit vor Augen. Wir trafen uns alle paar Wochen und entwickelten Ideen, die Sirpa und Tuija mit ihren Kollegen im Tageszentrum Keula dann ausprobierten. Auch mein Kollege Tapani Ahola arbeitete an der Entwicklung der Ideen mit. Schritt für Schritt, nach einigen geglückten und weniger gelungenen Versuchen, konnten wir ein 15-Schritte-Programm aufstellen, das wir dann »Ich schaffs« nannten.
»Ich schaffs« wird erwachsen
Nun, da »Ich schaffs« nicht nur bei uns in Finnland, sondern auch in anderen Ländern weithin Akzeptanz gefunden hat, können wir sicher behaupten, dass wir die Ziele erreicht haben, die wir uns ursprünglich für das Programm gesetzt hatten. Es funktioniert gut, die Kinder sind begeistert, und die Eltern stehen ihm uneingeschränkt positiv gegenüber. »Ich schaffs« hat positive Auswirkungen auf die Beziehung der Eltern untereinander, und wenn es in Schulen oder anderen Einrichtungen angewendet wird, unterstützt es die Zusammenarbeit zwischen den dort Beschäftigten und den Eltern. Am wichtigsten ist aber, dass die »Ich schaffs«-Methode so einfach ist, dass sie von jedem angewendet werden kann: sowohl von Eltern und Lehrern als auch von anderen Menschen, die beruflich damit zu tun haben, Eltern zu helfen, deren Kinder Probleme zu bewältigen haben.
»Ich schaffs« erfordert ein Umdenken
»Ich schaffs« ist zwar eine einfache Methode, sie anzuwenden ist aber nicht ganz so einfach, wie es zunächst aussehen mag. Mit dieser Methode zu arbeiten, erfordert von uns ein Umdenken, und ihre Umsetzung ist mit einigen Anstrengungen verbunden.
Die westliche Psychologie lehrt uns, dass die Probleme von Kindern von Umweltfaktoren wie z. B. der Beschaffenheit der Familie, dem Umgang miteinander und der Erziehung herrühren. Diese Denkweise führt dazu, dass Eltern anfangen, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben, wenn ihre Kinder vor Problemen stehen. »Das kommt davon, dass du ihm immer nachgibst!« oder »Kein Wunder, dass sie so ist. Du musst sie ja ständig antreiben!« oder »Auf unserer Seite der Familie hatten wir nie solche Probleme!« Das gleiche Phänomen – »Blamestorming«, wie es manchmal genannt wird – zeigt sich auch, wenn Kinder in der Schule Schwierigkeiten haben. »Er wäre sicher besser in der Schule, wenn Sie Interesse an seinen Hausaufgaben zeigen würden«, könnte ein Lehrer im Gespräch mit den Eltern sagen. Die Eltern würden normalerweise die Worte des Lehrers als Anschuldigung verstehen und im Gegenzug antworten: »Er war letztes Jahr viel besser in der Schule, als er noch einen anderen Lehrer hatte!«
»Ich schaffs« verhindert »Blamestorming«. Wenn wir mit »Ich schaffs« arbeiten, verbringen wir nicht so viel Zeit damit, die Ursache für das Problem des Kindes herauszufinden. Stattdessen lenken wir den Fokus auf das, was das Kind lernen muss, und vermeiden somit diese typischen fehlersuchenden und anschuldigenden Gespräche, die für traditionellere Ansätze beim Umgang mit Schwierigkeiten in der Kindheit charakteristisch sind.
Dennoch möchte ich herausstellen, dass das nicht bedeutet, dass wir vor der Tatsache die Augen verschließen, dass es auch viele negative Einflüsse der psychosozialen Umwelt auf das Kind geben kann. Im Gegenteil: Dadurch