Ben Furman

Ich schaffs!


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verbessern müssen.

      Wenn wir alle Probleme in entsprechende Fähigkeiten verwandeln konnten, wird aus der ursprünglichen Liste der »Probleme« eine mit Fähigkeiten, die erlernbar sind. Es gibt nur wenige Kinder, die mehrere Fähigkeiten gleichzeitig erlernen können. Daher müssen Sie als Nächstes, am besten gemeinsam mit dem Kind, entscheiden, welche der Fähigkeiten es zuerst erlernen möchte.

      In solch einem Fall ist es ratsam, nicht gleich mit der am schwierigsten zu erlernenden Fähigkeit auf der Liste anzufangen, sondern stattdessen mit einer einfacheren – selbst wenn es nur die ist, nach dem Essen »Danke« zu sagen. So erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit, dass es dem Kind gelingt, diese Fähigkeit zu erwerben, was wiederum sein Selbstvertrauen stärkt und es darauf vorbereitet, die nächste Fähigkeit zu erlernen, selbst wenn diese beträchtlich schwieriger ist.

      Ich sprach über den achtjährigen Mike mit seinem Lehrer und seiner Mutter. Mike war zu dem Zeitpunkt nicht dabei. Seine Mutter und sein Lehrer erzählten mir, dass Mike viele Schwierigkeiten hat. Neben anderen Dingen trödelte er morgens herum, so dass er oft zu spät zur Schule kam. Er schien nicht die Energie aufzubringen, seine Hausaufgaben zu machen, außer wenn ein Erwachsener die ganze Zeit dabei war, um ihm zu helfen. Bei jedem kleinen Rückschlag bekam er einen Wutanfall. Wir brauchten nicht lange, um eine Liste der Fähigkeiten zu erstellen, die Mike erlernen sollte.

      Mikes Mutter schaute sich die Liste an und frage: »O. k., welche dieser Fähigkeiten soll Mike nun zuerst lernen?« Ich war mir unsicher, und so fragte ich sowohl die Mutter als auch den Lehrer nach ihrer Meinung. Nach einiger Überlegung kamen sie zu der Schlussfolgerung, dass es wohl das Wichtigste für Mike wäre zu lernen, morgens pünktlich zur Schule zu kommen. Dies war eine gute Fähigkeit für den Anfang. Sie war für Mike nicht zu schwer zu erlernen, und ein Lernerfolg würde ihm wahrscheinlich den Weg bereiten dafür, auch die anderen Fähigkeiten zu erlernen.

      Komplexe Probleme aufteilen

      Ein »großes« oder komplexes Problem in eine einzige Fähigkeit zu verwandeln, kann schwierig sein. Geläufige Beispiele für komplexe Probleme sind mangelnde Konzentration, geringes Selbstwertgefühl und fehlendes Einfühlungsvermögen. Wir können das »Verfähigen« solch großer Probleme einfacher machen, wenn wir sie zunächst in kleinere Einheiten aufteilen und diese dann eine nach der anderen in die entsprechenden Fähigkeiten verwandeln.

      Ich gab gerade einen Workshop über die Auflösung von Themen aus der Kindheit, als eine der Teilnehmerinnen, eine Sonderschullehrerin, uns von einem extrem schüchternen Jungen in ihrer Klasse erzählte, der ihrer Beschreibung nach praktisch keinerlei Selbstwertgefühl hatte.

      Die Lehrerin hatte eines Tages alle Kinder gebeten, ein Bild von sich zu malen, und dieser Junge malte einen Tiger. Das war recht überraschend, denn der Junge selbst ähnelte eher einer verängstigten Maus als einem Tiger.

      Es folgte eine Diskussion darüber, warum dieser schüchterne Junge sich selbst als Tiger gemalt hatte, wenn doch dieses Bild so weit von der Wirklichkeit entfernt war. Die Lehrerin vermutete, dass der Junge auf diese Weise ausdrücken wollte, dass er zwar kein Tiger sei, aber doch gerne einer wäre. Wir überlegten noch eine Weile und kamen dann zu dem Schluss, dass er damit vielleicht sagen wollte, dass in ihm ein Tiger wohnt, der nur darauf wartet, von der Leine gelassen zu werden.

      Die Idee des inneren Tigers löste anfangs einiges Gelächter aus, aber nach einer Weile wurde das Bild für uns lebendig. Es ermöglichte uns, unsere Aufmerksamkeit von den vielen Problemen des Jungen weg und auf die Fähigkeiten zu lenken, die er in sich selbst entdecken muss, um sich in die gewünschte Richtung zu entwickeln. Die Metapher des Tigers half uns, die Fähigkeiten und Kompetenzen zu erkennen, die er noch entwickeln muss, wie z. B. »sich trauen, die Fragen der Lehrerin im Unterricht zu beantworten« und »sich trauen, mit den anderen Kindern zu spielen«. Es ist oft schwer, »große« Probleme wie ein geringes Selbstwertgefühl direkt anzugehen. Wenn wir aber das große Problem in mehrere kleinere zu erlernende Fähigkeiten aufteilen, können wir sofort Ideen entwickeln, wie das Kind diese Fähigkeiten erlernen kann – um den inneren Tiger zu wecken.

      Konzentrationsschwäche ist ein anderes Beispiel eines komplexen Problems, mit dem man viel leichter arbeiten kann, wenn man es in kleinere Einheiten aufteilt. Aber wenn man es sich genau überlegt, ist »mangelnde Konzentration« eigentlich kein Problem an sich. Es ist ein Überbegriff für ein weites Feld von spezifischeren Problemen. Nehmen wir an, wir würden diese alle auflisten und sie in die entsprechenden Fähigkeiten verwandeln, dann ergäbe dies wahrscheinlich solch eine Liste:

      •Die Fähigkeit, eine bestimmte Zeit lang an einem Ort zu bleiben

      •Die Fähigkeit zuzuhören, ohne zu unterbrechen

      •Die Fähigkeit abzuwarten, bis man an der Reihe ist

      •Die Fähigkeit, sich zu melden, wenn man etwas im Unterricht sagen möchte

      »Mit anderen Kindern spielen zu können« ist ein weiteres Beispiel für eine komplexe Fähigkeit, die schwer zu »knacken« wäre, ohne sie zunächst in eine Reihe kleinerer Fähigkeiten aufzuteilen.

      Harrys leicht reizbares Temperament war in der Schule so auffällig, dass er nur unter ständiger Aufsicht durch das Schulpersonal mit anderen Kindern spielen durfte. Als Harry gefragt wurde, welche Fähigkeit er lernen wolle, sagte er, dass er lernen möchte, mit anderen Kindern zu spielen. Harry wusste, dass er etwas tun musste, um seine Wutanfälle in den Griff zu bekommen.

      Sein Temperament zeigte sich zu unterschiedlichen Anlässen im täglichen Ablauf in der Schule. Eine der alarmierendsten Ausdrucksformen seines Temperaments bestand darin, dass er auf dem Klettergerüst auf dem Spielplatz plötzlich ohne Grund wütend wurde und dann ein anderes Kind vom Klettergerüst zu Boden stieß. Die Fähigkeit, die Harry am dringendsten erlernen musste, war, mit anderen Kindern auf dem Klettergerüst zu spielen, ohne jemanden herunterzuschubsen. Das war eine Fähigkeit, die für Harry einfach zu erlernen und konkret genug war, um sofort anzufangen, sie zu üben.

      Aus Sicherheitsgründen übte Harry seine Fähigkeit zunächst innerhalb des Schulgebäudes. Einmal pro Woche bekam er die Gelegenheit, mit einem anderen Kind zusammen in der Turnhalle am Reck herumzuturnen. Wenn beide Kinder auf dem Reck waren, sollte Harry dem Lehrer und seinen Schulkameraden zeigen, dass er mit dem anderen Kind eine Weile lang freundschaftlich spielen kann. Als Harry wiederholt gezeigt hatte, dass er es kann, wurde ihm erlaubt, das Gleiche auf dem Klettergerüst im Schulhof auszuprobieren. Er machte schnelle Fortschritte, und innerhalb eines Monats fühlte sich das Schulpersonal sicher genug, ihm zu erlauben, ohne Aufsicht auf dem Hof zu spielen. Praktisch sah das so aus, dass Harry von da an auf den Spielplatz gehen durfte, um mit den anderen Kindern zu spielen, selbst wenn der Aufsichtslehrer noch im Gebäude war.

      Mit etwas aufzuhören ist keine Fähigkeit

      Lassen Sie mich noch einmal betonen, dass eine Fähigkeit nicht bedeutet, etwas Falsches nicht zu tun, sondern etwas Richtiges zu tun. Dies ist ein einfaches Prinzip, aber es braucht ein wenig Übung, um es richtig hinzubekommen. Wenn man Eltern nach ihrer Meinung fragt, welche Fähigkeit ein Kind erlernen sollte, passiert es häufig, dass Sie eine Antwort wie die bekommen: »Es sollte lernen, das nicht zu tun.«

      Die folgenden vier Beispiele verdeutlichen, wie man von dem, was das Kind nicht tun soll, dahin kommt, was das Kind tun soll.

       »Welche Fähigkeit soll Sven erlernen?«

      »Er sollte lernen, zu anderen Kindern nicht gemein zu sein.«

      »Richtig. Also, in welcher Fähigkeit muss er sich verbessern, so dass er nicht mehr gemein zu anderen Kindern ist?«

      »Er sollte verstehen, dass er nicht immer derjenige sein kann, der allen anderen sagt, was sie tun und lassen sollen.«

      »Alles klar, aber um das hinzubekommen, welche Fähigkeit muss er da erlernen?«