»Verlass dich nicht darauf, dass uns dies nützt«, gab der Rancher zurück.
Der Offizier wandte sich ab, verließ den dichten Kreis aus Soldaten und Pferden und ging in die Hütte. Die Tür fiel mit einem dumpfen Laut zu.
Der Kreis vergrößerte sich etwas. Dicht über dem Boden treibender Staub trieb den Gefesselten entgegen und erschwerte ihnen das Atmen.
Der Offizier rief nach dem Corporal und ein paar weiteren Soldaten.
Die Gerufenen trabten zur Hütte hinüber. Jeder schien bemüht zu sein, schnell und schneidig zu wirken, um den Zorn des etwas hirnlosen Vorgesetzten nicht auf sich zu ziehen.
»Den möchte ich nicht zum Gegner haben, wenn er unterwegs ist, um Steuern einzutreiben«, murmelte Corcoran.
»Er wird eine entsprechende Menge Feinde haben«, erwiderte Chet. »Und wenn sich in den Bergen etwas unter den Geflohenen zusammenbraut, würde ich nicht in seiner Haut stecken wollen.«
Der Mann tauchte am offenen Fenster auf und schaute heraus. »Bringt den alten Narren herein!«
Corcoran wurde losgebunden, auf die Beine gezerrt und mit Kolbenhieben zum Haus bugsiert. Die Tür fiel hinter ihm und seinen Bezwingern erneut zu.
In der Küche war der Tisch an die Wand gerückt worden. Die Stühle hatte man in die Kammer dahinter geworfen, um Platz zu bekommen. Die Tür wurde geschlossen und Corcoran dagegengestoßen.
»Wie viele waren es?«
»Wir sahen fünf.«
»Die Namen?«
»Einer wurde Alfredo gerufen.«
»Es waren also nur Männer hier?« Der Offizier baute sich breitbeinig vor Corcoran auf und stemmte die Fäuste in die Hüften.
»Wir sahen nur Männer.«
»Und das wunderte Sie nicht?«
»Doch. Sie sagten, die Frauen und Kinder wären vor den Steuereintreibern bereits geflohen, und sie wollten auch bald weg.«
»Und worauf wollten diese fünf Männer dann noch warten?«
»Das ging mich doch nichts an«, erwiderte Corcoran. »Wir wollten hier nur Wasser für die Tiere und …«
»Das weiß ich inzwischen!«, schrie der junge Kerl mit hochrotem Gesicht.
»Warum fragen Sie dann noch mal danach?«, entfuhr es dem Rancher.
Ein Schlag in den Leib war die Antwort. Er krümmte sich ächzend zusammen. Als er zur Seite taumelte, traf ihn noch etwas in den Nacken, und er stürzte auf die Bretter.
»Der Nächste!«, befahl der Teniente.
Chet McCoy wurde vom Zaun losgeschnitten und in die Hütte geprügelt.
Corcoran schleiften sie etwas zurück und fesselten ihn an Händen und Füßen.
Der Offizier stand neben dem Fenster und schaute zu. »Werft ihn in die Kutsche«, sagte er. »Aber behaltet ihn im Auge. Diese Feuerfresser sind gefährlich!«
Ein Stoß beförderte Chet zur Seite. Corcoran wurde über die schmutzigen Dielen geschleift. Die Tür fiel zu. Eine Kopfbewegung des Teniente veranlasste Chet, nach links zu treten.
Nun baute der Mann sich vor ihm auf. »Wie sah er aus, der sie anführte?«
»Ein großer Mann mit breiten Schultern. Sechsundzwanzig vielleicht. Schwarzes Haar, ein großer, schwarzer Sombrero mit Kupfermünzen am Conchoband, Kreuzgurte vor der Brust wie Ihre Soldaten.«
Der Teniente blickte auf den Corporal, der den Kopf schüttelte.
»So einen Mann gab es hier nie«, sagte der Soldat. »Aber die beiden, die in den Hof kamen, die gehörten hierher.«
»Ein Komplott! Und ihr Gringos seid daran beteiligt. Ihr sollt herausfinden, wie wir reagieren, was wir nun tun, ob wir die Suche aufgeben! Wo sollt ihr euch mit den anderen treffen? Wo erwartet Alfredo euch?«
Chet wusste schon, was nun folgen würde. Noch eine Minute, vielleicht nicht einmal so lange, dann würde er auf den Dielen liegen wie Corcoran vorhin. Brutal zusammengedroschen, vielleicht mehr tot als lebend. Aber diesmal wollte er es ihnen schwer machen. Sie waren im Moment nur zu dritt in der Küche. Die anderen verfrachteten Corcoran draußen gerade in die Kutsche.
»Wo?«, fragte der Offizier wieder.
»Ihr seid verrückt!«
Sie griffen sofort an. Der Teniente war der schnellste von ihnen und kam von vorn. Chet wehrte seine Faust ab und knallte ihm die Handkante gegen den Hals. Der Schlag traf mit solcher Wucht, dass der Mann das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte.
Chet wirbelte herum. Der Schlag des Corporals verfehlte dadurch sein Gesicht, streifte aber noch am Ohr entlang, und McCoy war es, als würde glühender Stahl ihn streifen. Er nahm nur kurz Maß und setzte dem Soldaten die Faust voll auf die Nase. Der brüllte, als wäre er aufgespießt worden, taumelte mit rudernden Armen zurück und knallte gegen die Wand. Chet wollte ihm nach. Doch da traf der achtkantige Revolverlauf des dritten Soldaten ihn von hinten.
Seine Bewegung erstarb. Er brach zusammen.
7
Drei schwerbewaffnete Reiter hielten auf einem Plateau und schauten in die dunstverhangene Ebene hinunter. Einer von ihnen hielt ein Fernrohr aus Messing am Auge und grinste ein wenig.
Ihre Aufmerksamkeit galt der von Reitersoldaten umringten Kutsche, die sich nach Norden entfernte. Eine lange Staubfahne hing hinter den Rädern und Hufen in der Luft und breitete sich nach Westen zu langsam wie ein Teppich aus.
»Die Gringos stecken im Wagen«, sagte der Mexikaner mit dem Fernrohr, das er nun sinken ließ.
»Dann sind ihre Pferde und die Stiere auf dem Rancho zurückgelassen worden.«
»Das wird wohl so sein, Pancho.«
»Holen wir sie uns. Unsere Leute werden dankbar dafür sein. Vielleicht sind auch die Waffen der Gringos noch dort.«
Noch einmal setzte der eine Reiter das Fernrohr an, beobachtete die Reiter um die Kutsche und versuchte, sie zu zählen.
»Was suchst du noch, Pablo?«
»Wir müssen wissen, dass es alle sind, die zu dem Wachkommando der Kutsche gehörten. Damit wir wissen, ob uns auf dem Rancho eine Überraschung erwarten könnte.«
»Zurückgebliebene Soldaten?«
»Du sagst es.« Der Mann ließ das Rohr sinken. »Nein, sie sind es alle. Der Teniente rechnet wohl nicht damit, dass sich dort noch einmal einer von uns sehen lässt.«
»Sie erwarten, in El Carrizo eine Lösegeldforderung zu erhalten«, grinste Pancho. »Was würde die Señorita wohl wert sein, wenn man sie wirklich verkaufen wollte?«
»Das hängt wohl nur davon ab, wie viel Geld Don Esteban beschaffen könnte, Pancho.« Pablo schob das Fernrohr in die Satteltasche und lenkte sein Pferd in den Hohlweg, der abwärts führte.
»Aber darüber brauchen wir uns ja nicht den Kopf zu zerbrechen«, sagte der dritte Reiter. »Don Estebans Geld interessiert die Señorita nicht einmal selbst.«
Nach einer halben Stunde erreichten sie den Rand der Berge, hielten am Ende des Canyons und beobachteten noch einmal das öde, wüstenähnliche Land.
Der Staub war nach Westen gezogen und durchsichtig geworden. Er trieb auch bereits höher und hing wie ein großer Schleier vor der Sonne, die hinter ihm wie eine grüngelbe Scheibe aussah. Von der Kutsche und den Reitern konnten sie in der flimmernden Luft nichts mehr sehen.
»Weiter!« Pablo schnalzte mit der Zunge und verließ den Schutz der roten, zerrissenen Felsen.