wortwörtlichen Sinne! – er benutzte dazu einen kleinen Pinsel als Hilfsmittel und übertrug den Pollen von den Staubblättern einer Pflanze (in diesem Fall der Vaterpflanze) auf die Narbe einer anderen Pflanze (der Mutterpflanze). Die Samen, die aus dieser Anpaarung zustande kamen, pflanzte er wieder ein und beobachtete, welche physischen Merkmale sich bei jeder Kreuzung ausbildeten. Die folgenden Absätze erklären nun die drei Vererbungsregeln, die Mendel aus diesen Versuchen ableitete.
Vorherrschaft sichern
Für seine Experimente kreuzte Mendel reinerbige Pflanzen, also reinerbig große mit reinerbig kleinen Pflanzen oder reinerbige Pflanzen mit glatten Samen mit reinerbigen Pflanzen mit runzeligen Samen und so weiter. Kreuzungen von Eltern, die sich nur in einem Merkmal wie Größe oder Samenform unterscheiden, nennt man monohybride Kreuzungen.
Für die Beschreibung von Mendels Experimenten und Ergebnissen nutze ich den Buchstaben P für die Parenteral- oder Elterngeneration, Nachkommen der ersten Kreuzung sind die Filialgeneration und erhalten die Bezeichnung F1. Die Folgegeneration zu F1, wenn deren Nachkommen untereinander gekreuzt werden (oder sich selbst bestäuben), heißt F2 (die Generationenfolge ist in Abbildung 3.3 dargestellt).
Abbildung 3.3: Monohybride Kreuzungen zeigen, wie die einfache Vererbung abläuft.
Hätte sich Mendel nun am Kopf gekratzt und da aufgehört, hätte er nicht sehr viel aus der Sache gelernt. Er ließ aber zu, dass sich die F1-Generation selbst bestäubte, und machte eine interessante Beobachtung: Rund 25 Prozent der F2-Nachkommen waren jetzt wieder klein, die restlichen Pflanzen (circa 75 Prozent) groß (siehe Abbildung 3.3).
Als sich die F2-Generation selbst bestäubte, zeigte sich, dass die kleinen Pflanzen reinerbig waren – alle hatten kleine Nachkommen. Seine großen F2-Pflanzen brachten jedoch große und kleine Nachkommen hervor. Etwa ein Drittel seiner großen F2-Pflanzen war reinerbig und produzierte nur große Nachkommen. Der Rest produzierte wieder große und kleine Nachkommen im Verhältnis 3:1 (das heißt ¾ groß und ¼ klein).
Nach Tausenden von Kreuzungen kam Mendel zu der korrekten Schlussfolgerung, dass die Faktoren, die für Samenform und -farbe, Hülsenfarbe, Pflanzengröße und so weiter verantwortlich sind, immer pärchenweise arbeiten, weil in der F1-Generation immer nur ein Phänotyp zur Ausprägung kam, während in der F2-Generation hingegen beide Phänotypen sichtbar wurden. Aufgrund seiner Beobachtung in der F2-Generation folgerte er, dass das, was auch immer ein bestimmtes Merkmal (also hier zum Beispiel die geringe Pflanzengröße) kontrollierte, in der F1-Generation zwar vorhanden, aber irgendwie versteckt war.
Segregation der Allele
Segregation bedeutet im Prinzip eine »Entmischung« oder Trennung. Im genetischen Sinne werden hier die zwei Faktoren – die Allele – getrennt, die den Phänotyp festlegen. Abbildung 3.4 zeigt die Trennung der Allele über drei Generationen hinweg. Das Kürzel für ein dominantes Allel ist üblicherweise ein Großbuchstabe, und derselbe Buchstabe kleingeschrieben bezeichnet das rezessive Allel. In diesem Beispiel benutze ich G für das dominante Allel, das gelbe Samen hervorruft, und g für das rezessive Allel, das grüne Samen erzeugt.
Im Segregationsbeispiel in Abbildung 3.4 sind die Eltern (die Pflanzen in der Generation P) homozygot. Weil Erbsenpflanzen diploid sind (sie besitzen zwei Kopien eines Gens, siehe Kapitel 2), wird der Genotyp einer Pflanze mit zwei Buchstaben beschrieben. Zum Beispiel hat eine reinerbige Pflanze mit gelben Samen den Genotyp GG, reinerbige Pflanzen mit grünen Samen gg. Die Gameten (die Geschlechtszellen wie Pollen oder Eizellen), die in jeder Pflanze produziert werden, haben aber nur ein Allel (Geschlechtszellen sind haploid). Deswegen können reinerbige Pflanzen nur Gameten eines Typs erzeugen – GG-Pflanzen werden nur G-Gameten produzieren und gg-Pflanzen nur g-Gameten. Wenn aber ein G-Pollen auf eine g-Eizelle (oder umgekehrt ein g-Pollen auf eine G-Eizelle) trifft, wird der Nachkomme Gg beziehungsweise gG – dies ist die heterozygote F1-Generation.
Abbildung 3.4: Das Prinzip der Segregation und Dominanz, dargestellt am Beispiel von drei Generationen von Erbsenpflanzen mit gelben oder grünen Samen
Alle Pflanzen der F1-Generation produzieren zwei Arten von Gameten: G und g. Wenn sich die F1-Generation (gG/Gg) selbst befruchtet, sind in der F2-Generation durch die Segregation nun vier Kombinationen möglich: GG, Gg, gG und gg. Phänotypisch sehen GG, Gg und gG gleich aus: Alle haben gelbe Samen. Nur die Kombination gg bringt grüne Samen hervor. Das Verhältnis der Genotypen ist 1:2:1 (¼ homozygot dominant, ½ heterozygot, und ¼ homozygot rezessiv) und das Verhältnis der Phänotypen ist 3:1 (dominanter Phänotyp zu rezessivem Phänotyp).
Wenn sich die F3-Generation wieder selbst bestäubt, entstehen aus den gg-Eltern wieder gg-Nachkommen und GG-Eltern produzieren nur GG-Nachkommen. Die Gg(gG)-Pflanzen wiederum erzeugen GG-, Gg- und gg-Nachkommen im selben Verhältnis wie in der F2-Generation: ¼ GG, ½ Gg und ¼ gg.
Heute wissen die Forscher, dass das, was Mendel als pärchenweise arbeitende Faktoren bezeichnet hat, Gene sind. Einzelne Genpaare (das heißt auf einem Locus) kontrollieren ein Merkmal. Das heißt, das Gen für die Größe der Pflanzen sitzt