Dr. Petra Bracht

Abnehmen garantiert


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und dann auch noch genussvoll zu essen. Kein noch so schlechtes Gewissen kann Sie aufhalten …

      Zugegeben, das allein wäre keine Katastrophe. Wenn Sie es schaffen, sich noch am gleichen oder spätestens am nächsten Tag wieder für eine der neuen »gesünderen« Alternativen zu entscheiden, hat dieser Ausrutscher keine Konsequenzen. Leider neigen Menschen aber dazu, so eine Ausnahme als Ausrede beziehungsweise Gelegenheit zum »Aussteigen« zu nutzen, nach dem Motto: »Wenn ich heute schon einmal schwach geworden bin, ist es sowieso aus.« Also geht der Tag genauso weiter, man schlittert von einem Ausrutscher zum nächsten und recht schnell sind Ausnahmen keine Ausnahmen mehr, sondern die Regel.

      Worauf ich hinauswill: Es wird immer mal wieder einen Tag geben, an dem Sie einer Verlockung nachgeben. Entscheidend ist, wie Sie damit umgehen. Wenn solche Ausnahmen dazu führen, dass Sie Ihr Ziel immer mehr aus den Augen verlieren und das Vorhaben, sich konsequent mit schlank machenden Lebensmitteln zu ernähren, immer wieder auf den nächsten Tag verschoben wird, dann rutscht das Wunschgewicht in immer weitere Ferne. Morgen ist ja schließlich auch noch ein Tag. Das Problem ist nur, dass es morgen wieder die gleiche Ausrede gibt … Um alte Gewohnheiten zu verändern, braucht es Konsequenz.

      ERNÄHRUNG KANN UNSERE GENE BESIEGEN

      Kennen Sie Sätze wie: »Dafür kann ich doch gar nichts, wir haben bei uns in der Familie alle Gewichtsprobleme.« Ich weiß, dass das, was ich Ihnen jetzt sage, unbequem werden könnte. Aber ich habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Von nichts kommt nichts, Sie müssen Klartext erfahren. Und der lautet: Die Macht der Vererbung ist weitaus weniger mächtig als angenommen. Denn der Grund, weshalb innerhalb einer Familie gehäuft Übergewicht auftritt, ist weniger die genetische Verwandtschaft, sondern die gleichen oder ähnliche Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, die alle Familienmitglieder ihr Leben lang prägen.

      So hart das zunächst klingen mag, hat es doch etwas Gutes: Wir alle müssen und können selbst Verantwortung für unseren Körper übernehmen. Unser Erbgut besteht nämlich nicht nur, wie lange Zeit vermutet, aus der starren Abfolge der DNA-Bausteine, also unseren Genen, sondern auch noch aus einer weiteren Informationsebene von chemischen Substanzgruppen, die diese Gene an- oder abschalten können. Diese »Fähigkeit« ist der Epigenetik zu verdanken, der »Übergenetik«. Sie macht es möglich, dass wir die Aktivität unserer Gene selbst regulieren können.

      Durch dieses noch recht neue Wissen entsteht eine unfassbar große Möglichkeit, unser Leben selbstverantwortlich zu gestalten und somit auch Übergewicht der Vergangenheit angehören zu lassen. Denn die meisten der für unser Thema ausschlaggebenden Gene können über den Lebensstil an- und ausgeschaltet werden. Vor allem unsere Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten spielen dabei eine wichtige Rolle.

      DICKE MÜTTER, DICKE KINDER?

      Schwangere Frauen werden zunehmend dicker: Waren 2007 noch 34 Prozent von ihnen übergewichtig und 12,3 fettleibig, sind es mittlerweile 40 beziehungsweise 15,8 Prozent. Natürlich wird eine Frau in der Schwangerschaft ganz automatisch schwerer. Das ist normal und liegt unter anderem an der wachsenden Gebärmutter, an eingelagertem Wasser, den Brüsten, die sich aufs Stillen vorbereiten, und natürlich an dem Kind, das in ihr heranwächst. Viele Frauen sind aber schon übergewichtig, bevor sie schwanger werden. Und wenn sie es dann sind, nehmen sie es mit dem, was und wie viel sie essen, erst recht nicht so genau.

      Zu viele überflüssige Kilos sind nicht nur eine Katastrophe für die werdende Mutter, weil sie unter anderem mit einem erhöhten Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck und Schwangerschaftsvergiftung einhergehen. Sie bedeuten auch für das Kind ein erhöhtes Geburtsgewicht sowie ein späteres Übergewichtsrisiko. Eine zu hohe Gewichtszunahme in der Schwangerschaft erhöht zudem auch das Risiko des Kindes für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und das Metabolische Syndrom.

      Das alles erklärt auch, weshalb heute jedes siebte Kind zu viel Gewicht mit sich herumträgt. 15,4 Prozent der Kinder im Alter zwischen drei und siebzehn Jahren sind zu dick, sechs Prozent leiden bereits in diesen jungen Jahren an Fettleibigkeit. Nicht zu vergessen: Wenn Menschen bereits als Kinder übergewichtig sind, bleiben sie es häufig ein Leben lang. Umso wichtiger ist es, zu wissen, dass wir den Genen nicht hilflos ausgeliefert sind.

      Es gibt kein Übergewichtsgen

      Auch wenn man das eine Weile in den Medien immer wieder gelesen hat: Es gibt kein Gen, das allein verantwortlich für zu viele Kilos ist. Sie finden, das ist eine schlechte Nachricht? Keinesfalls, das ist wunderbar! Schließlich bedeutet das, dass jeder Mensch abnehmen kann – auch diejenigen, die zu den Trägern des sogenannten Adipositasgens FTO gehören.

      FTO steht für »fat mass and obesity associated« (mit Fettmasse und Fettleibigkeit verbunden) und eine Forschergruppe um Prof. Peter Kovac von der Universität Leipzig entdeckte 2007, dass diese Genvariante bei Menschen mit Übergewicht gehäuft nachzuweisen ist. Man war dementsprechend hoffnungsvoll, endlich die Ursache für Übergewicht gefunden zu haben. Doch eine Studie von 2016 konnte die Erwartungen nicht erfüllen. FTO scheint zwar die Fettverbrennung zu hemmen. Allerdings weiß man inzwischen, dass diese genetische Veränderung, sofern sie aktiv ist, insgesamt nur für ein bis zwei Kilo im Jahr verantwortlich ist. Menschen, die das Adipositasgen in sich tragen, können also genauso gut abnehmen wie Menschen ohne diese Veranlagung. Allerdings könnte es sein, dass FTO besonders aktiv wird, wenn man viele gesättigte Fettsäuren zu sich nimmt, wie das bei einer Ernährung mit viel Fleisch, Wurst, Fast Food und Milchprodukten der Fall ist. Umso wichtiger ist für die Betroffenen eine pflanzenbasierte Ernährung, wie ich Sie Ihnen in diesem Buch vorstelle.

      DIE DOPAMINFALLE

      Unser Körper wird geregelt von Hormonen und Botenstoffen. Einer dieser Neurotransmitter ist das »Glückshormon« Dopamin, das besonders bei Übergewicht eine einzigartige Rolle spielt. Denn es lässt uns immer wieder in die gleiche Falle laufen.

      Dopamin steht in einer engen Verbindung zu unserem Belohnungszentrum im Gehirn und wird durch »lustvolle« Beschäftigungen wie Sex, Arbeiten, Internetsurfen und sogar Sport aktiviert. Je nach Ausmaß der Aktivität kann dabei eine regelrechte Sucht entstehen.

      Dass auch Essen und Trinken ein gutes und befriedigtes Gefühl hinterlassen, von dem man unbedingt mehr haben möchte, ist ein außerordentlich kluger Schachzug der Natur: Unser Körper ist so beschaffen, dass er Aktivitäten, die das Überleben sichern, mit Glücksgefühlen belohnt. Das Glückshormon Dopamin ist also quasi der Erfüllungsgehilfe des genetischen Prinzips, uns immer zu bedienen, wenn wir etwas zu essen haben können.

      In früheren Zeiten des Mangels war das extrem hilfreich und sicherte unseren Fortbestand. Leben wir aber wie heute in Zeiten des Überflusses, kann dieser Geniestreich der Natur im schlimmsten Fall tödlich sein. Denn die andere Seite der Medaille ist, dass wir nach immer mehr Dopamin streben, dass wir nie zufrieden sind mit dem, was wir haben, sondern ständig mehr wollen und gierig auf den nächsten Kick warten. Wir sind süchtig nach mehr Besitz, mehr Macht, mehr Sex, mehr Genuss – und nach mehr Essen.

      Das epidemische Problem des Übergewichts und der zunehmend größer werdenden Fettleibigkeit in den Wohlstandsstaaten dieser Welt resultiert aus dieser Dopaminfalle. Sie ist der Grund dafür, dass wir ständig und überall essen. Dazu kommt, dass wir gerade dann am meisten mit Glücksgefühlen belohnt werden, wenn wir besonders reichhaltiges und fettes Essen zu uns nehmen.

      Es ist wichtig, dass Sie sich dieser Zusammenhänge bewusst sind, denn sie zeigen, warum es so schwer ist, sich anders zu ernähren, weniger und seltener zu essen oder Sport zu treiben. All das ist genau das Gegenteil unserer »genetischen Lust«, die dazu verführt, einfach nur »reinzustopfen«, was heute überall zur Verfügung steht – und zu dem wir darüber hinaus noch durch all die Marketingticks der Lebensmittelindustrie verführt werden.

      Wenn wir uns von diesen Kräften treiben lassen, weil wir sie nicht kennen, gerät die Evolution in eine Sackgasse. Wer aber über all das informiert ist, kann seinen Willen gezielter einsetzen und seinem Wunschgewicht Schritt für Schritt näher