Falk Stirkat

Der belogene Patient


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gegen Corona, die uns aktuell zur Verfügung steht – abgesehen von Impfungen natürlich.

      

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      AEROSOLE

      Bei Aerosolen handelt es sich um kleinste Tröpfchen, die beim Sprechen oder Husten und sogar beim normalen Atmen entstehen. Ihr Durchmesser ist kleiner als fünf Mikrometer (µm), also unvorstellbar winzig. Kommen sie mit Luft in Berührung, trocknen sie sofort aus und werden noch leichter. Aus diesem Grund können sich Aerosole über eine bestimmte Zeit (meist ein paar Minuten bis eine halbe Stunde, je nach äußeren Bedingungen) in der Luft halten. Sie stehen praktisch dort. Es bildet sich eine hochgefährliche Infektionswolke. So kann man erklären, dass sich Menschen am Virus angesteckt haben, die nachweislich keinen direkten Kontakt zu einem Infizierten hatten. Sie sind einfach durch die Aerosol-Wolke gelaufen – zum Beispiel im Restaurant oder im Schlachthof – und haben buchstäblich im falschen Moment eingeatmet. Weitere Infektionswege sind übrigens die direkte Tröpfcheninfektion, bei der Teilchen, die größer als fünf Mikrometer sind, übertragen werden, und die Kontaktinfektion über einen Mittler wie die Hand. Dieser Infektionsweg macht aber nach aktuellem Wissen nur einen kleinen Anteil aus und wurde anfänglich stark überschätzt.

      Im Labor konnte man zeigen, dass die Ausbreitung der Aerosole durch den Mund-Nasen-Schutz dramatisch gebremst wird. Die Membran nimmt den winzigen Teilchen schlicht die kinetische Energie und die Infektwolke, die einen Infizierten umgibt, wird deutlich kleiner.

      Der Effekt von Mund-Nase-Schutz und den sozialen Distanzierungsmaßnahmen konnte rückblickend in Studien analysiert werden2 und ist enorm. Die jeweiligen Einzelmaßnahmen reduzieren die Übertragung der Coronaviren um mehr als zehn Prozentpunkte. Insgesamt kann die Verbreitung des Virus also um fast 25 Prozent eingedämmt werden – nur durch zwei simple und unkomplizierte Verhaltensweisen. Die Bedingung: Alle müssen mitmachen! Allerdings wurde es zunehmend schwierig, die Bevölkerung auf immer neue, zum Teil auch undurchdachte Maßnahmen, die eher ein Resultat politischer Kompromisse als echter Wissenschaft sind, einzustimmen. Wir müssen aber, trotz oft katastrophaler Krisenkommunikation darauf achten, uns und andere zu schützen.

      Und so schleicht sie sich in unser Leben ein, die neue Normalität – und wird so schnell nicht wieder verschwinden. Denn auch wenn der Impfstoff endlich zur Verfügung steht, sind Verteilungsprobleme unumgänglich. Umso wichtiger sind regelmäßige Testungen. Und so versuchen wir mit Trial und Error, mit Testungen und Impfstoffforschung, mit Vernunft und Disziplin dem Geschehen Herr zu werden und müssen auf unserem Weg auch einsehen, dass es einige gibt, die nicht mitgehen wollen, weil ihnen die Fähigkeit zum Verständnis einer grundlegenden Wahrheit fehlt: Niemand kennt den richtigen Weg – wir können nur versuchen ihn zu gehen.

      DIE MEDIEN TRAGEN EINE MITSCHULD

      Auch wenn wir hier ein sehr sensibles Thema ansprechen – diskutieren sollte man es allemal. Denn tatsächlich tragen die Medien auch einen Teil der Schuld an der sehr verwirrenden Situation – und das nicht nur in Sachen Corona, sondern auch in Bezug auf sämtlichen anderen Lug und Trug, der von Pseudoheilern und Scharlatanen verbreitet wird. Diese Aussage mag Sie vermutlich überraschen. Den Medien pauschal den Schwarzen Peter zuzuschieben ist schließlich traditionell Aufgabe von militanten Gruppierungen, die – frei nach dem Motto Lügenpresse – alle über einen Kamm scheren und wenig differenziert argumentieren. Das Problem der Medien ist aus unserer Sicht nicht, dass sie zu wenig ausgewogen berichten, sondern zu viel!

      Irrsinn wird als Meinung akzeptiert

      Dieses Paradoxon ist nicht nur zu beobachten, wenn es um gesundheitliche Themen geht, sondern auch bei anderen wissenschaftlichen Fragestellungen, wie etwa der des Klimawandels. Hier begehen insbesondere die zur Neutralität verpflichteten (oder besser verdammten) öffentlich-rechtlichen Medien einen eminenten Fehler: Sie räumen beiden »Seiten« die gleiche Bedeutung ein und versuchen eine Plattform für einen »fairen« Gedankenaustausch zu bieten. Was erst mal ziemlich gut klingt, ist aber unterm Strich ein riesiges Problem. Denn mit dieser Herangehensweise hieven die zahlreichen TV- oder Radioformate Quacksalber und Dummschwätzer auf eine Stufe mit seriösen Wissenschaftlern. Da sitzt dann ein überzeugter Impfgegner oder Coronaleugner oder ein Leugner des Klimawandels neben einem Experten auf diesem Gebiet und der Kampf ist eröffnet. Das hat in ungefähr das Niveau, als diskutierte ein Grundschüler mit dem Mathelehrer über die Aufgaben der letzten Abiturprüfungen. Aber es ist amüsant – und bringt Quote. Der naturwissenschaftlich unkundige Zuschauer bekommt suggeriert, dass sich zwei Menschen um ein Thema streiten, die beide eine bestimmte Position einnehmen und darüber diskutieren, welche die bessere ist. Das stimmt aber nicht. In politischen Fragen mag das öffentliche Ringen um den besten Weg ein probates, wenn nicht notwendiges Mittel sein. Beim Thema Wissenschaft ist es das nicht! Denn hier geht es nicht darum, alternative Möglichkeiten anzubieten, sondern darum, über den aktuellen Stand des Wissens zu einem bestimmten Thema aufzuklären. Mit der Teilnahme von beispielsweise Impfgegnern an einer Diskussion über das Impfen tut man genau das nicht, sondern gibt vor, es gäbe zwei gleichwertige, alternative Wissensstände. Dabei ist es doch völlig absurd, wenn ein studierter Immunologe mit einem Molkereifachmann diskutieren muss. Auch wenn Letzterer selbstverständlich keinerlei Ahnung von der Materie hat, bekommt der Impfgegner doch die Möglichkeit, andere Laien durch Emotionen von einem hochgefährlichen Irrweg zu überzeugen, der am Ende sogar Leben kosten könnte. Gut gemeint ist hier also nicht gleich gut gemacht. Basierend auf dem Gleichheits- und Ausgewogenheitsprinzip verhelfen verschiedene Medien hier hochgefährlichen Typen zu einer Öffentlichkeit, mit der sie großes Unheil anrichten. Hinzu kommt, dass die Anti-Wissenschafts-Lobbyisten in der Regel ein regelrechtes Medientraining durchlaufen haben. Sie wissen sehr gut, wie sie es schaffen, die Emotionen der Zuschauer für sich zu vereinnahmen, und stellen die oft etwas unbeholfenen Wissenschaftler nicht selten derart bloß, dass die sich dreimal überlegen, ob sie sich noch mal einer solchen völlig sinnlosen Diskussion stellen.

      Zu beobachten war das auch während der Corona-Zeit. Immer wieder bekamen Pandemieleugner in den Medien eine Bühne zur Verbreitung ihres Blödsinns. Am Ende müssen also wir alle uns fragen, inwiefern unsere Gewohnheiten, Medien zu konsumieren, denjenigen ein Forum bietet, die es absolut nicht bekommen sollten.

      

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      MYTHOS 2: WADENWICKEL HELFEN GEGEN FIEBER

      Die Logik ist eigentlich bestechend: Durch Kühlung der Unterschenkel und der dort befindlichen oberflächlichen Venen wird ein Teil des Blutes gekühlt, das sich in der Folge im gesamten Körper verteilt und das Fieber senkt. Leider entbehrt diese vermeintliche Logik jedweder sinnvollen Physiologie des Fiebers. Denn dabei handelt es sich um einen äußerst komplexen Vorgang, der sich nicht mit ein paar Umschlägen umkehren lässt. Bei der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Wadenwickeln sollten wir aber noch einen Schritt weiter vorne beginnen und uns fragen, weshalb wir das Fieber überhaupt senken wollen. Die Aufgabe der Erhöhung der Körpertemperatur ist nicht abschließend geklärt. Dass Fieber dabei hilft, Bakterien und Viren abzutöten, weil deren Organismus die Hitze nicht toleriert, ist mittlerweile revidiert und nicht mehr gültig. Fieber ist ein viel komplexerer Vorgang und entsteht eben nicht nur bei Infektionen, sondern auch bei Tumorerkrankungen, Knochenbrüchen oder anderen Traumata. Hinzu kommt, dass Wissenschaftler bereits in den 1990er-Jahren in einer groß angelegten Beobachtungsstudie3 feststellen konnten, dass die Entwicklung von Fieber bei bestimmten Erkrankungen mit einem erheblichen Überlebensvorteil einhergeht. Dabei untersuchten sie über 700 Patienten, die an einer Blutvergiftung erkrankt waren, und stellten fest, dass die, bei denen das Krankheitsbild mit schwerem Fieber einherging, viel schneller genesen konnten. Es ist also, abgesehen vom Unwohlsein, das mit dem Fieber einhergeht, überhaupt nicht sinnvoll, die Körpertemperatur zu senken.

      Gefährlich wird es erst, wenn das Fieber über 42 °C steigt. Dann könnten insbesondere Nervenzellen in Mitleidenschaft gezogen werden. Möchte man die Körpertemperatur senken, so stehen einige Medikamente zur Verfügung, die in die komplexen Kaskaden eingreifen. Beispiele wären Ibuprofen oder