Cassie Hill

Haut an Haut - geheime Lust | Erotischer Roman


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Knospen befanden sie sich noch immer an derselben Stelle wie vor zehn Jahren. Ich fuhr mit den Fingerspitzen über den kleinen Bauchansatz, den ich immer gehasst hatte. Aber da ihn die meisten Kerle erotisch fanden und auf ihn abfuhren, hatte ich mich mehr oder minder mit ihm arrangiert.

      Kerle – das klang ein wenig abfällig, aber ja, so bezeichnete ich die Männer inzwischen. Meine Erfahrungen mit dieser Gattung waren nicht besonders gut. Entweder sie wollten ein fügsames, sanftes Weibchen, das sie dominierten, oder eine eigenständige, für sich sorgende Partnerin, die ihnen aber wie selbstverständlich die Hemden bügelte und das Abendessen kochte.

      Beides war ich nicht.

      Ich zog meinen leichten lilafarbenen Sommerpulli über der weißen Hose glatt und lächelte mir noch einmal aufmunternd zu, bevor ich das Bad verließ und nach meiner Handtasche griff.

      Plötzlich fiel er mir wieder ein – dieser geheimnisvolle Brief ohne Absender …

      Ein dicker Büttenumschlag hatte gestern zwischen verschiedenen Fachzeitschriften und einer Handvoll Rechnungen in meinem Briefkasten gelegen. Fast hätte ich ihn übersehen. Ich fischte ihn aus der übrigen Post und steckte ihn ungeöffnet in meine Handtasche. Morgen war auch noch ein Tag. Denn ich war spät dran und der Abend gehörte Connie und Katja, meinen beiden besten Freundinnen. Danach vergaß ich den Brief. Erst jetzt fiel er mir wieder ein und augenblicklich packte mich die Neugier.

      Wer schickte mir einen Brief ohne Absender?

      Und wer benutzte heute noch Umschläge aus Büttenpapier?

      Aus dickem Büttenpapier!

      Sicherlich hätte ich die Einladung zu einer Hochzeit erwartet, wäre dieses edle, kaum noch verwendete Papier das geeignete Medium dafür gewesen. Und der fehlende Absender hätte mich auch nicht irritiert. Doch meine Freundin Connie heiratete ihren Traummann Mark erst am zweiten Januar, dem Tag, an dem sich der Beginn ihrer kolossalen Liebesgeschichte jährte. Mit der Einladung zu diesem Event rechnete im Herbst. Jetzt war Sommer. Alle anderen Freunde waren bereits verheiratet, oder es war wie bei mir weit und breit kein Partner in Sicht, mit dem ein solches Ereignis anstand.

      Während ich Ulrikes Büro betrat, kramte ich den geheimnisvollen Umschlag aus meiner Tasche. Meine Fingerspitzen fuhren über das feine, weiche Papier, bevor ich nach dem silbernen Brieföffner auf Ulrikes Schreibtisch griff und das Kuvert aufritzte.

      Ich zog ein gefaltetes Anschreiben – ebenfalls aus dickem Büttenpapier –, den Flyer eines Luxus-Spa und eine Eintrittskarte aus dem Umschlag. Mit hochgezogenen Brauen legte ich Flyer und Eintrittskarte auf den Tisch und faltete gespannt den handgeschriebenen Brief auseinander. Beim Lesen wurden meine Augen immer größer.

      Liebe Sandra,

      was hältst du von einer kleinen Auszeit im Paradies?

      Ich weiß, dass du deine spärlich bemessene Freizeit genießt – mit herrlichen Urlauben und gemeinsamen Unternehmungen mit deinen Freunden. Du besuchst Ausstellungen, Konzerte oder Museen. Du gehst ins Kino und in die Oper und genießt dein Leben.

      Doch eine attraktive Frau wie du sollte sich regelmäßig feiern und verwöhnen lassen.

      Ich würde mich freuen, wenn du meine Einladung ins Paradies annimmst und den kommenden Samstag im Heaven verbringst. Eine Eintrittskarte liegt diesem Schreiben bei. Und natürlich auch ein Flyer, damit du weißt, was genau dich dort erwartet.

      Außerdem habe ich eine Überraschung für dich.

      Komm, lass dich feiern und verwöhnen.

      Kein Absender!

      Und eine Unterschrift fehlte auch!

      Wer hatte mir diesen Brief geschickt und lud mich zu einem Wellnesstag im Heaven ein?

      Im ersten Moment fiel mein Verdacht auf Connie und Katja. Meine beiden Freundinnen wussten, wie hart ich arbeitete. Daher glaubte ich zunächst, sie überraschten mich mit der Einladung in das wundervolle Spa, das idyllisch an einem Hang oberhalb eines Sees lag. Gehört hatte ich von diesem Wellnesstempel bereits.

      Doch eine attraktive Frau wie du sollte sich regelmäßig feiern und verwöhnen lassen – nein, Connie und Katja würden so etwas niemals schreiben. Das war einfach nicht ihr Stil. Auch die anderen Zeilen passten absolut nicht zu meinen Freundinnen. Sie hätten sich humorvoller Sätze bedient, gewürzt mit ein wenig Ironie und Sarkasmus.

      Ich bemerkte, wie ich bei dem Gedanken an Connie und Katja lächelte – die beiden hatten sich bereits in ihrer Kindheit kennengelernt und waren seitdem wie Schwestern. Ich hatte sie während des Studiums getroffen. Selbstverständlich waren Connie und Katja an der gleichen Fakultät eingeschrieben. Sie machten fast alles gemeinsam. Während eines Mittagsessens in der Uni-Mensa war weit und breit kein Platz mehr frei, außer am Tisch der beiden. Ich fragte, ob ich mich zu ihnen setzen dürfte, wir kamen ins Gespräch, verstanden uns prächtig und trafen uns ab diesem Zeitpunkt regelmäßig in der Kantine. Sehr lange blieb es dabei nicht. Schon bald teilten wir einen Großteil unserer Freizeit und verbrachten die Urlaube miteinander. Drei fest aufeinander eingeschworene Single-Frauen, die in jeder Hinsicht perfekt harmonierten und sich bei Problemen oder Liebeskummer umeinander kümmerten.

      Nachdem wir unser Studium abgeschlossen hatten, machten wir alle drei Karriere. Connie leitete die Presseabteilung eines multinationalen Konzerns, Katja war Personalchefin in einem erfolgreichen Familienbetrieb, und ich hatte meine Praxis und die Dozentenstelle an der Universität.

      Unsere Freizeit verbrachten wir weiterhin zusammen. Und obwohl Connie inzwischen mit ihrem Verlobten Mark zusammenlebte, trafen wir uns noch immer regelmäßig.

      Ich legte das Schreiben beiseite und nahm den Hochglanzflyer des Spa zur Hand. Die Vorderseite zeigte das Foto eines Infinity-Pools, der direkt in den See zu fließen schien. Am Beckenrand standen bequem aussehende breite Liegen, auf denen sich schöne, schlanke Menschen in knappen Bikinis und unifarbenen Badehosen sonnten. Zwischen den Liegen befanden sich filigrane Beistelltische mit geeisten Cocktail- und Sektgläsern.

      Ich faltete den Flyer auseinander und betrachtete die Fotos der riesigen Gartenanlage, die sich über mehrere Ebenen bis hinunter zum See erstreckte. Die über die Anlage verteilten Liegen und Wasserbetten waren extrem breit, die vor der Sonne schützenden Strohschirme ausladend. Das Wasser in den Whirlpools sprudelte goldglitzernd und ein kleines Saunadorf auf einer Ebene in der Mitte des Gartens zierte eine Unmenge an Bambuspflanzen. Auf einem anderen Bild war ein elegantes Restaurant mit großzügigem Außenbereich zu sehen, in dem sich lachende, gut gelaunte Gäste kulinarisch verwöhnen ließen.

      Konzentriert las ich die kurzen Texte. Hier gab es wirklich alles, was das Herz begehrte. Neun Themensaunen, drei Aufgusssaunen, vier Dampfbäder, einen Kosmetik- und Massagebereich, gemütliche Ruheräume mit ausladenden Wasserbetten, schicken Sitzgruppen und Kaminen mit prasselnden Feuern, an die man sich ungestört mit einem interessanten Buch zurückziehen oder lediglich etwas trinken konnte.

      Es gab Tagessuiten mit monströsen Whirlpools und riesigen Betten, in denen ganz zwanglos vier Personen Platz fanden. Die komplette Innenausstattung – Möbel, Teppiche und Dekorationen – stammte aus Indonesien. … damit du weißt, welches Paradies auf dich wartet. Das war es in der Tat – ein Paradies! Doch wer hatte mir diese Einladung geschickt? Connie und Katja kamen nicht infrage.

      Mit zusammengezogenen Brauen überlegte ich, welcher Freund oder wer aus meiner Familie mich mit einem Wellnesstag überraschen wollen könnte.

      Nein, sie schieden alle aus. Weder meine Freunde noch meine Eltern oder meine Schwester schickten mir eine anonyme Einladung. Die wollten, dass ich wusste, wenn sie mir etwas schenkten, dachte ich und schmunzelte.

      Jetzt schaute ich mir die Schrift genauer an. Handelte es sich eher um eine männliche oder um eine Frauenhandschrift?

      Eindeutig männlich! Die Buchstaben waren schnörkellos, klar und kerzengerade.

      Warum war mir das nicht gleich aufgefallen?

      Ich packte Brief, Flyer und Eintrittskarte zurück in den Umschlag und konsultierte meinen Kalender im Smartphone.