Susan Anne Mason

Ein neuer Anfang für die Liebe


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er sich natürlich sehr um ihr Wohlbefinden sorgte, war Harry mit seinen zwölf Jahren dagegen noch immer ein Kind. Wie er es auch anstellte – er konnte nur beten, dass Gott sie alle beschützte, bis er sie ausfindig gemacht hatte.

      Andererseits hasste Quinn es, Julia zurückgelassen zu haben. Aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, damit nicht seiner Pflicht nachgekommen zu sein. Doch auch das ergab keinen Sinn, denn bei Mrs Chamberlain war Julia in den besten Händen. Quinn hatte sich von der liebenswürdigen Dame versichern lassen, dass Julias Sicherheit gewährt wäre. Außerdem hatte er auch Emma und Jonathan gebeten, Julia während seiner Abwesenheit zu unterstützen, sollte mal etwas sein. Und sie alle hatten ihm zugesagt, sich um Julia zu kümmern, als wäre sie ein Teil der Familie.

      Allein dieser Gedanke beruhigte Quinn, während der Zug schließlich in Elmvale einrollte. Nun musste er Julia vorerst aus seinen Gedanken verbannen und sich auf seine Brüder konzentrieren.

      Er hatte sich entschieden, zuerst den Ort weiter im Norden anzufahren. Wenn es ihm hier gelang, Cecil zu finden, konnten die beiden zurück bis nach Caledon fahren, wo Harry lebte. Zudem wäre Quinn sicher froh über Cecils Gesellschaft auf dem zweiten Teil seiner Reise. Und wenn alles nach Plan verlief, würden sie letztlich alle drei gemeinsam weiter nach Toronto fahren.

      Im Anschluss könnte Quinn dann zu dem Waisenheim reisen, wo man Becky hin vermittelt hatte. Für diesen letzten Teil seiner Reise wollte er seine Brüder in Pastor Burkes Fürsorge geben.

      Außerdem plante Quinn, auch Julia wiederzusehen. Abhängig davon, wie ihre Situation dann aussah, konnte sie ihn vielleicht auf der Suche nach Becky begleiten. Er nahm an, dass er mit einer Frau an seiner Seite besser aufgenommen werden würde. Denn schließlich konnte ein Mann, der vorgab, Beckys Bruder zu sein, auch als verdächtig angesehen werden.

      Als der Zug mit einem lauten Quietschen zum Stehen kam, schüttelte Quinn den Kopf. Es brachte nichts, so weit in die Zukunft zu blicken. „Ein Schritt nach dem anderen, Junge“, hatte sein Vater immer gesagt.

      Wenige Minuten später setzte Quinn seine Mütze wieder auf, trat aus dem Zug auf das Bahngleis und starrte in die Leere. Abgesehen von der Bahnstation gab es um ihn herum weit und breit nur grüne Landschaft. Mehrere Meilen sah er nichts als Hügel und Bäume. Wie sollte er hier bloß die Farm finden, auf der Cecil arbeitete?

      Nachdenklich trat Quinn in das Bahnhofsgebäude und hoffte, dort jemanden anzutreffen. Dankenswerterweise saß tatsächlich ein Mann am Schalter.

      „Guten Tag“, grüßte Quinn. „Ich habe mich gefragt, ob Sie mir vielleicht helfen können.“

      „Ich werde mein Bestes geben“, erwiderte der Mann mit einem Lächeln. „Suchen Sie nach einer Unterkunft für die Nacht?“ Aufgrund von Quinns Akzent nahm er sicher an, er wäre ein Reisender.

      „Eigentlich bin ich auf der Suche nach meinem jüngeren Bruder, der auf einer Farm hier in der Gegend arbeitet. Doch leider kenne ich den Namen der Farm nicht.“

      Der Mann schaute ihm mit gerunzelter Stirn entgegen. „Das ist, als suchten Sie nach einer Nadel im Heuhaufen. Hier in dieser Gegend gibt es Hunderte von Farmen.“

      Die Worte entmutigten Quinn gewaltig. Kein Wunder, dass Mr Hobday ihm den Namen der Region preisgegeben hatte. Er wusste sicher, wie unwahrscheinlich es war, mit so wenig Informationen fündig zu werden.

      „Wie ist denn der Name Ihres Bruders? Vielleicht bin ich ihm ja Mal begegnet.“

      „Cecil Aspinall“, sagte Quinn und stützte die Arme auf den Schalter. „Er ist sechzehn Jahre alt und arbeitet hier nun schon seit einigen Jahren.“

      Überrascht flogen die Brauen des Mannes in die Höhe. „Cecil? Den Jungen kenne ich tatsächlich! Er ist oft hier und wartet auf den Zug, um Waren für Mr Sherman abzuholen. Ein sehr höflicher junger Kerl.“

      „Großartig!“ Quinn konnte sein Glück gar nicht fassen. „Können Sie mir den Weg zu Mr Shermans Farm erklären?“

      Augenblicklich legte sich ein Schatten über das Gesicht des Mannes und er straffte die Schultern, bevor er Quinns Blick erwiderte. „Also … an Ihrer Stelle wäre ich vorsichtig. Mr Sherman ist nicht gerade die Freundlichkeit in Person. Es wird ihm nicht gefallen, wenn Sie auf seiner Farm herumschnüffeln.“

      Auch Quinn straffte nun langsam die Schultern. „Vielen Dank für den Rat. Ich werde auf jeden Fall klopfen und mich vorstellen, wie es sich gehört, bevor ich auf der Farm ‚herumschnüffle‘.“

      Der Mann zögerte kurz, zuckte dann aber die Achseln. „Wie Sie meinen, Mister. Die Farm von Mr Sherman befindet sich auf der Rural Road Nr. 3. Das ist etwa acht Meilen nördlich von hier.“

      „Acht Meilen?“, wiederholte Quinn. Seine Hochstimmung hatte einen Dämpfer bekommen. „Ich nehme nicht an, dass es hier in der Nähe eine Möglichkeit gibt, ein Pferd zu leihen?“

      „O doch. Hanks Pferdestation liegt nur zwei Blocks von hier in diese Richtung“, erwiderte er und zeigte nach rechts.

      „Vielen Dank, Sir. Sie waren mir eine große Hilfe!“

      „Viel Erfolg mit Ihrem Bruder.“

      Bei dem ernsten Blick dieses Mannes fragte sich Quinn, was genau ihn auf der Farm erwarten würde.

      Kapitel 8

      Mit schnell schlagendem Herzen klopfte Julia an die Tür von Dr. Claybornes Büro und trat wieder einen Schritt zurück. Das Atmen fiel ihr schwer. Eine schleichende Angst, die sie allnächtlich wach hielt, hatte sie hierhergeführt. Sie musste etwas tun. Ihren Verdacht ein für alle Mal bestätigen oder aus dem Weg räumen.

      „Herein.“ Julia holte tief Luft und trat ein.

      Dr. Clayborne saß am Schreibtisch und war umgeben von mehreren Stapeln Bücher und Papiere. „Miss Holloway, was kann ich für Sie tun?“

      Julias Mund war wie ausgetrocknet und die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen. Es war eine dumme Idee! Dr. Clayborne war immer gut zu ihr gewesen – sie konnte nicht noch einen Gefallen erbitten! „Ach, vergessen Sie es. Ich … Es ist nicht so wichtig.“

      „Gibt es ein Problem mit Ihrer Arbeit?“, fragte er und schob die Brillengläser auf dem Nasenrücken hoch. „Wenn man Sie nicht gut behandelt, kann ich mit dem Verantwortlichen sprechen.“

      „Nein, das ist es nicht“, erwiderte sie und verschränkte die Hände. „Wie schon gesagt, es ist nichts Wichtiges.“ Sie wandte sich wieder in Richtung Tür.

      „Es war wichtig genug, um Sie nach Ende Ihrer Schicht zu mir zu führen“, sagte er und sah sie mit freundlichen Augen an. „Warum erzählen Sie mir nicht einfach, was Ihnen auf dem Herzen liegt?“

      Aber wie sollte sie ihre Scham bloß überwinden und darüber reden? Und was, wenn er sie sofort kündigen ließe, nachdem er von ihrem Geheimnis wusste? „Das kann warten.“

      Doch als sie nach dem Türknauf greifen wollte, begann sich plötzlich der ganze Raum zu drehen. Eilig hielt sie sich am Türrahmen fest, ihr schwirrte der Kopf!

      „Miss Holloway?“ Die Stimme des Doktors klang, als käme sie aus einem Tunnel.

      Mit einer Hand an der Stirn umklammerte sie mit der anderen den Türrahmen, um aufrecht stehen zu bleiben. Sie würde jetzt nicht in Ohnmacht fallen. Nicht jetzt.

      „Sie sind ja ganz blass geworden“, sagte Dr. Clayborne, nahm sie beim Arm und führte sie zu einem Stuhl. „Lehnen Sie den Kopf an und atmen Sie tief durch. Ich hole Ihnen ein Glas Wasser.“

      Julia tat wie ihr geheißen. Als Dr. Clayborne zurückkam, konnte Sie schon wieder klar sehen, obgleich nun ihr Magen zu rebellieren drohte.

      Dr. Clayborne hielt ihr das Glas an die Lippen. „Trinken Sie, am besten mehrere kleine Schlucke. Das bringt Ihren Kreislauf wieder in Schwung.“

      Die kühle Flüssigkeit besänftigte Julias ausgetrocknete