Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Johnnys neue Masche


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      „Ich erfuhr erst hinterher, wer er ist.“

      „Klingt dünn, Ihre Geschichte. Von wem?“

      „Von einem Freund.“

      Cormick nahm seine Zigarre und stellte fest, daß sie erloschen war. Er warf sie in den Papierkorb.

      „Sagt Ihnen der Name Tobby etwas?“

      „Nein.“

      Cormick blickte seine sehweigenden Gorillas wütend an.

      „Ich wette, der Bursche lügt noch mehr, als ich das an seiner Stelle tun würde. Ich glaube, ihr könnt es mal mit ihm versuchen.“

      Joewandte sich um. Die drei starrten ihn lauernd an. Trotzdem glaubte er nicht, daß sie Ernst machen würden. Dazu wirkte das Ganze zu theatralisch, zu unwirklich und unecht.

      Die Spannung entlud sich auf eine andere Weise, als er sich das vorgestellt hatte. Am vorderen Ende des Sattelschleppers war ein Abteil abgetrennt. Die Verbindung war eine schmale Aluminiumtür, die jetzt geöffnet wurde.

      Er fuhr herum.

      Das Mädchen war groß, langbeinig und so frisch, wie man es nicht der Klimaanlage allein zuschreiben konnte. Anfang Zwanzig, schätzte Jo. Sie war schön, blond und schmalgesichtig. Ihr hellblaues Kostüm hatte bestimmt allerhand gekostet. Es hatte die gewisse mo dische Linie, die nur für harte Zechinemännchen zu haben ist.

      Sie warf Joenur einen kurzen Blick zu und wandte sich dann an Cormick.

      „Eine Nachricht für Sie, Sir! Eben durchgekommen.“

      Cormick nahm den Zettel, den sie ihm gab, und überflog ihn. Jetzt warf sie Joeeinen zweiten, längeren Blick zu, und Joeerwiderte ihn. Es war kaum zu glauben, was manche Sattelschlepper unter der Aluminiumhaut hatten.

      Cormick sprang auf.

      „Das erklärt alles“, brummte er. „Walker, wir brauchen Sie nicht mehr. — Al, wir starten sofort.“

      Sie brachten Joean die Tür und hatten es plötzlich sehr eilig, ihn loszurwerden.

      „Das nächste Mal gibt’s hoffentlich Kaffee und Kuchen“, meinte Joegrinsend und kletterte nach draußen.

      „Hoffen Sie, daß es kein nächstes Mal gibt“, sagte einer der Gorillas und schlug die Tür zu.

      Joestand in der sengenden Hitze des Parkplatzes. Die Zugmaschine röhrte los und jagte ihm eine Ladung Kohlenoxyd durch den Auspuff ins Gesicht. Der schwere Truck rollte los.

      Für alle Fälle notierte sich Joedie Nummer des Lastzuges, obwohl er nicht glaubte, daß er etwas davon haben würde.

      Es gab ein paar Anhaltspunkte, die viel wertvoller waren. Bis zur letzten Sekunde waren sie höflich zu ihm gewesen. Die Drohungen waren offensichtlich Bluff gewesen. Das war das eine.

      Das andere war die Anrede „Sir“, die das Mädchen gebraucht hatte. Schien eine straffe Organisation zu sein, die auf gewisse Formen Wert legte.

      Joehatte jetzt eine ziemlich klare Vorstellung, mit wem er es zu tun hatte. Auch ahnte er, welche Nachricht der Mann, der sich Cormick nannte, erhalten hatte.

      Er sah keinen Grund, seinen Angeltrip ausfallen zu lassen. Jetzt schon gar nicht mehr.

      Wenn ein Privatdetektiv so gefragt war wie Joe Barry, dann mußte er schon allerhand dazu tun, um einen Kurztrip zum Angeln auch wirklich durchzuführen.

      Vor der Abfahrt mußte er den Ereignissen gegenüber besonders dickfällig sein. Joekonnte sich nicht an ein einziges Mal erinnern, da nicht im letzten Augenblick etwas besonders Dringendes gekommen wäre. Wäre er dem immer nachgegangen — er hätte seit sieben Jahren noch keinen einzigen Urlaubstag gehabt.

      Den Aufenthalt selbst mußte er so planen, daß er nicht erreichbar war — oder doch nur unter erheblichen Strapazen und Zeitverlust.

      Joehatte seine Jagdhütte sorgsam ausgesucht. Sie lag am Paradox Lake, fünfunddreißig Meilen vom nächsten befahrbaren Weg entfernt und nur mit geländegängigem Jeep erreichbar. Die nächste Siedlung war eine kleine Indianerreservation fünfzehn Meilen weiter nördlich gelegen. Seit dem Jahre 1880 war dort nichts mehr passiert; eine Störung so gut wie ausgeschlossen. Telefon gab es in der Hütte nicht, und den Fernseher, den Joevorgefunden hatte, hatte er im See versenkt, da, wo er am tiefsten war.

      Dieses Sitting-Bull-Leben dauerte drei Tage. Joemachte die alte Erfahrung, daß Telefon, Autoverkehr und Tiefkühlkost, zwar lustige Gesellen, aber entbehrlich sind, und daß sie die Chance, hundertvierzig Jahre alt zu werden, verringern.

      Am vierten Tag kämpfte Joesich mit dem Jeep durch den Morast, hinterließ die Schlüssel beim Jagdhüter und war vier Stunden später in New York.

      Die Stadt lag immer noch unter der gleichen Hitzeglocke. Ihre Dunstwolke empfing ihn bereits in White Plains.

      Joehatte sein Spezialrezept, um den neuesten Klatsch zu erfahren. Das war unumgänglich; in seinem Beruf mußte man auf dem laufenden sein.

      Er fuhr in seine Stammkneipe, Billys Inn, an der Ecke Gun Hill Road, Jerome Ave. Der Inhaber polierte schwitzend an seinen Gläsern.

      „Hallo, Jo“, begrüßte er seinen alten Stammgast. „Was gefangen?“

      „Einen Vierzigpfünder“, sagte Joemit unbewegtem Gesicht. „So lang!“ Er breitete die Arme aus.

      „Deine Fische werden auch immer größer. Muß der zunehmende Wohlstand sein“, stichelte Billy. „Was soll’s sein?“

      „Ein Bier. Ich glaube, ich habe was zu löschen!“

      „Bei dieser lausigen Hitze kein Wunder.“

      Das Glas war appetitlich beschlagen und wirkungsvoller als die Feuerwehr.

      „Was Neues?“ fragte Jo.

      „Die Stadt hat sich fein gehalten“, meinte Billy, unentwegt schwitzend. „Heute abend ist ’ne große Feier.“

      „Wo?“

      „Im ,Marberryʻ. Johnny Combo zieht seinen Geburtstag auf. Der Kerl bildet sich wahrhaftig ein, das Datum seiner Ankunft auf dieser Erde sei ein freudiges Ereignis gewesen.“

      „Ja, ich habe von der Fete gehört“, erinnerte sich Jo.

      „Alle Glitzersteine, die noch in der Stadt sind, werden heute abend bei Johnny vorgeführt. Der Polizeipräsident hat angefragt, ob er ein paar Mann zur Bewachung schicken soll. War ironisch gemeint. Johnny hat dankend abgelehnt. Bei ihm seien alle ehrlich. Nun rätseln die im Center, wer der größere Witzbold ist.“

      „Steht die Gästeliste in der Zeitung?“ erkundigte sich Jo.

      „Und ob. Was meinst du, was das Ereignis heute abend für die Reporter ist? Die haben doch jetzt in der Sauregurken-Saison nichts zu schreiben. Seit drei Tagen sind die Gesellschaftsspalten voll mit Berichten über Johnnys große Feier. Wie es heißt, kommt ein Flugzeug mit Gästen aus Florida.“

      „Ja, die Bruback-Gang“, murmelte Joeund überflog die Namensliste in der Zeitung, die Billy ihm gebracht hat.

      „Andere kommen aus Acapulco, Mexiko. Sogar aus Frankreich kommen sie. Der alte Johnny läßt sich den Spaß was kosten.“

      „Sicher glaubt er, er würde nur einmal im Leben vierzig.“

      „Klar, der ist doch bescheuert!“ meinte Billy grinsend.

      Joevertiefte sich in die Liste. Es war ein imponierendes Aufgebot von Ganoven, das Johnny da zusammengestellt hatte. Eine Menge Namen waren Joebekannt; Leute, die wieder draußen waren oder denen man nichts nachweisen könnte, über die man aber im Center dicke Akten führte. Auch prominente Ex-Größen des unteren Broadway.

      Eins stand fest: Wenn das „Marberry“ heute abend in die Luft flog, dann konnte die New Yorker Polizei ihren Personalbestand getrost um die Hälfte reduzieren. Dann würde