meine Zeit einsetze.« »Was wäre dabei so schlimm? Er liebt sowohl sie als auch ihre Frau, sogar ihr Unternehmen ist ihm nicht egal.« »Also gut, meine Zeit gehört Gott und er darf mir Impulse geben, wie ich diese einteile«, Björn wirkte dabei entschlossen und neugierig zugleich. »Das ist eine neue Überzeugung.« »Ja, das will ich, aber was heißt das konkret?« »Wichtig ist, dass sie erst einmal in diese neue Gesinnung eintreten. Und dann werden wir sehen, wie sie darin laufen können.« – Erstaunlich war, dass sich sein verändertes Zeitmanagement nicht nur auf seinen Berufsalltag, sondern auch auf die Paarbeziehung auswirkte. Nein, es ist eigentlich nicht verwunderlich: Veränderungen in unserer Gesinnung wirken sich auch auf andere Lebensbereiche aus.
Ein Ehe-ABC und ein Führungsbuch
Ehepaare, die Verantwortung tragen, sind ganz gewöhnliche Paare. Sie müssen alle Herausforderungen durchbuchstabieren und können alle Wachstumsschritte vollziehen wie jedes andere Paar auch. (Unsere Grundkonflikte als Paar liegen nie in der Tatsache begründet, dass wir Leitungsverantwortung wahrnehmen. Sie werden aber durch den Druck und die Herausforderungen, die mit diesen Aufgaben verbunden sind, manifest und verstärkt.) Deshalb bildet ein Ehe-ABC den ersten Teil dieses Buches. Immer wieder weisen wir dabei darauf hin, wie diese Erfahrungen auch für den Führungsalltag fruchtbar gemacht werden können.
Im zweiten Teil beschreiben wir Wachstumsschritte, die jedes Paar in Führungsverantwortung lernen kann. Dieses Buch ist aus der Beratung von Paaren entstanden. Wir berichten darin auch von unserem eigenen Weg. Die anderen Beispiele sind im Kern wahr, wir haben sie aber so abgeändert, dass die jeweiligen Personen nicht erkennbar sind.
Für und vor wem lese ich dieses Buch?
Noch etwas zu Ihrer Haltung beim Lesen: Sie können das Buch gewissermaßen für Ihren Ehepartner lesen und dabei für alles eine Bestätigung finden, was Sie Ihrem Mann, Ihrer Frau schon immer vorgeworfen haben. Endlich bringt es jemand auf den Punkt!
Wir schlagen Ihnen eine etwas andere Haltung vor. Fragen Sie sich beim Lesen immer wieder betend: Gott, wo redest du zu mir? Welches Angebot machst du mir damit? Wie kommst du mir zur Hilfe? Was nimmst du mir damit ab? Wo möchtest du es uns leicht machen? Wo stellst du mich heilsam in Frage? Sie merken, aus der Lektüre dieses Buches sollen weder Waffen geschmiedet werden, noch soll es Ihnen (neue) Lasten auflegen. Stattdessen möchten wir Ihnen auf jeder Seite die große Einladung unseres ehe- und unternehmerfreundlichen Gottes mitteilen:
»Kommt zu mir, all ihr Geplagten und Beladenen: Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin sanft und demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele« (Matthäus 11,28/29).
Wir danken für die unkomplizierte, zielführende Zusammenarbeit mit David Neufeld, der uns als Verleger ermutigt hat, ein Buch zum Thema Ehe und Verantwortung zu schreiben. Er hat auch, zusammen mit Dr. Walter Lerch (Schiers/Schweiz), das Lektorat übernommen. Wir danken dem Kirchenrat der Evangelischen Landeskirche Graubünden und der Stiftung Jacques Bischofberger für die Druckkostenzuschüsse.
Daniel Zindel und Käthi Zindel-Weber
1Wir haben die Themen dieses Buches Abschnitt um Abschnitt durchdiskutiert und dabei miteinander gerungen, gelegentlich gestritten, gelacht und auch für das werdende Buch gebetet. Ich (Daniel) habe das Manuskript im Entwurf aufgesetzt, gemeinsam sind wir es nochmals durchgegangen, und zwar während eines Sommermonats in Südwestengland. Einigen cornischen Impressionen werden Sie im Verlauf der Lektüre begegnen.
2Manfred Engeli, Finale Eheseelsorge – Konzepte und Praxis, Scesaplana, Seewis 32011. Dr. Manfred Engeli ist Ehe- und Familientherapeut, sein Eheverständnis und der von ihm entwickelte Ansatz der Finalen Eheseelsorge haben uns maßgeblich geprägt.
Abhängigkeit
Es war für mich (Daniel) eine der größten Entlastungen, als mir bewusst wurde, dass ich nicht für das Glück meiner Frau zuständig bin. Unabhängigkeit von Menschen lässt einen atmen. Freiheit in der Ehe ist eine Voraussetzung, damit die Liebe gedeiht. Fehlt die Freiheit, wird die Ehe zum Gefängnis. Anfangs fühlte ich mich für das Wohlergehen meiner Frau verantwortlich. Ich hatte ein inneres Pflichtgefühl, sie zufrieden stellen zu müssen. Wenn ihr eine Wanderung, die ich geplant hatte, nicht gefiel, fühlte ich mich schuldig. Wenn sie mir ein Problem präsentierte, meinte ich, es sofort lösen zu müssen. Die große Erleichterung trat dann ein, als ich merkte: Ich bin in erster Linie Gott gegenüber für mein eigenes Tun und Ergehen verantwortlich. Die Beziehung zu ihm hat erste Priorität. Er stillt letztlich meine Bedürfnisse und auch die meiner Frau. Ihr Job ist es nicht, mich zu befriedigen. Wunderschön, wenn sie es tut, aber ein Anrecht darauf habe ich nicht.
Das war auch meine (Käthis) Entdeckung, dass mein Mann letztlich nicht für mein Glück zuständig ist. Wir lernten Schritt für Schritt, die durch den Partner unbeantworteten Wünsche und Sehnsüchte zwar weiter wach zu halten, sie aber bei Gott zu deponieren und uns von ihm beschenken zu lassen oder auch eine gewisse Zeit der Leere auszuhalten. Wir wurden so abhängig von Gott und in einer guten Art unabhängig voneinander. Gerade aus dieser neu gewonnenen Freiheit heraus konnten wir uns einander echt zuwenden.
Der Mythos der Unabhängigkeit
Abhängig zu sein, ist für uns moderne Menschen sehr herausfordernd. Seit dem Zeitalter der Aufklärung heißt es: Wage es doch, aus deiner selbstverschuldeten Unmündigkeit auszusteigen. Gebrauche dazu deine Vernunft! Was leierst du bei einem heraufziehenden Gewitter zu deinem Schutz den Rosenkranz herunter oder liest im Bibelbuch? Lies das Buch der Natur und ziehe daraus die richtigen Schlüsse. Entdecke das Naturphänomen der Elektrizität und baue einen Blitzableiter. – Der autonome Mensch, der sich so von »Gott« befreit, wird säkular und mündig. Was hat seine »Mündigkeit« hervorgebracht? An der Oberfläche enorm viel. Wir Menschen haben auf der Ebene der Naturwissenschaften und der Technik Erstaunliches geleistet, im Bereich des Machbaren (des Verhaltens) ist uns viel gelungen.
In der Beziehung zu uns selbst, in Paar-und Familienbeziehungen, als Gemeinschaft sind wir nicht weiter gekommen. Im Gegenteil. Hier, wo es um tiefere Schichten unseres Seins geht, um das, was sich in unserer Gesinnung abspielt, scheinen wir aufgeklärten Menschen zu verkümmern: Nachhaltige, verlässliche und glückliche Beziehungen sind selten geworden und die Emanzipation von der vertrauenden Abhängigkeit von Gott hat uns in neue Verstrickungen geführt: Entweder ist an ihre Stelle die Abhängigkeit von Menschen getreten oder wir leben ganz auf uns selbst fixiert. Unser Gott sind jetzt die eigenen Lust- und Unlustimpulse: Sie steuern unser Verhalten. Die zwölf Gebote sind auf zwei reduziert worden: Lustgewinn und Schmerzvermeidung. Damit wird das Individuum, losgelöst von Gott und der Gemeinschaft, Sklave seiner selbst.
Auf Gott und den Mitmenschen bezogen
Wir können also nicht nicht abhängig sein, so wie wir nicht nicht kommunizieren können. Wir sind es immer, entweder von Gott, von anderen Menschen oder unserem Ego. Warum? Weil wir von unserem Wesen her auf Beziehung angelegt sind. Wir sind als Säuglinge am Gegenüber unserer engsten Bezugspersonen erst richtig Mensch geworden. Jemand hat uns das Leben geschenkt, uns gesäugt und genährt, beschützt und gereinigt, uns das Sprechen und den aufrechten Gang gelehrt. Wir sind als Empfangende und Schenkende geschaffen. Mensch sein heißt, Beziehung zu leben. Dies umfasst neben der horizontalen, zwischenmenschlichen Ebene auch eine vertikale: Wir sind auf ein höheres Du hin angelegt: »Und Gott schuf den Menschen