in der Ferne. Es war die Nacht, in der 1942 die Stadt Lübeck bombardiert wurde. Der Himmel war rot und die Einschläge beängstigend. Meine Mutter sagte voller Angst: „Lübeck brennt, lasst uns beten!“ Auch das Krankenhaus wurde bombardiert, wie wir hinterher erfahren haben. Hatte Gott mich und mein Leben wieder einmal gnädig bewahrt?
Die Flüchtlinge und Verwundeten kamen zu Scharen in unseren Ort, auch viele Kinder waren dabei, die zum Teil noch unter Schock standen. Hier wurden die Menschen erst einmal notdürftig versorgt und bekamen zu essen. Meine Mutter war Rot-Kreuz-Schwester und auch unermüdlich mit im Einsatz, sie hatte kaum Zeit für mich, aber das konnte ich verstehen. Viele Helfer und Helferinnen arbeiteten Hand in Hand, um in dieser Not zu helfen.
Das Kriegsende
Meine Mutter hatte nochmal geheiratet. Auch dieser Vater mußte an die Kriegsfront und war sogar 4 Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft. Das konnte meine Mutter nur ganz schwer ertragen, besonders an Feier- und Festtagen. So empfand ich jedenfalls ihre Sorgen und Ängste, die damit verbunden waren. Ich weiß noch, dass wir viel für ihn gebetet hatten. Ja und eines Tages erfuhren wir, dass dieser Vater zurück nach Deutschland und nach Hause kommen wird. Natürlich war die Freude groß. Als er dann endlich wieder bei uns ankam, war nicht alles so einfach für mich, wie ich dachte. Aber ich bekam dann noch 2 jüngere Brüder, Wolf Dieter und Gerrit – sie sind bis heute zwei richtige Schätze!
1945 war der Krieg beendet. Nach der Schulzeit arbeitete ich in einem Gästehaus bei Verwandten an der Ostsee. Mein Onkel hatte zu der Zeit gesundheitliche Probleme und konnte seinen Arm fast nicht mehr bewegen, da wurde jede Hilfe gebraucht. Das hieß für mich, bei allen Arbeiten im Haus, in der Küche, bei der Bedienung der Gäste usw. mitzuhelfen. Das fand ich interessant, ich habe viel gelernt und das Bedienen der Gäste machte mir große Freude. Gute Kontakte sind dabei entstanden. Auch eine Jugendgruppe war zu uns gekommen mit einem sehr netten Leiter. Als ich ihm zum ersten Mal begegnete, habe ich mich doch tatsächlich in ihn verliebt. Wir wurden gute Freunde und ich merkte, dass auch ich ihm etwas bedeutete. Mit diesem Christian, einem Jurastudenten, entwickelte sich über die Jahre ein lebhafter Briefkontakt. In größeren Abständen trafen wir uns auch mal.
2. Meine Zeit in Stuttgart
Praktikum als Haushaltshilfe
Eigentlich wollte ich Kinderkrankenschwester werden, denn ich dachte, damit auch in anderen Ländern arbeiten zu können. In Lübeck fand ich aber keinen Ausbildungsplatz. Später ergab sich für mich eine Gelegenheit, nach Stuttgart umzusiedeln. Dort gab es das Fröbelseminar, eine Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen. Dafür musste ich aber vorher ein Praktikum über mindestens ein Jahr gemacht haben. Ich fand eine nette Familie mit zwei kleinen Kindern und einem Boxerhund, die eine Hilfe für ihre Kinder Bettina und Cornelia sowie im Haushalt brauchten und mich einstellten. Diese Arbeit hat mir viel Freude gemacht, obwohl ich so viel zu lernen hatte. Ich konnte nicht mal vernünftig kochen.
Nachdem ich gerade erst eine Woche dort war, beschloss dieses Ehepaar zu meinem großen Erstaunen, allein zum Gardasee zu fahren. Sie überließen mir kurzerhand die Kinder, den Hund und das ganze Haus. Ich bekam noch entsprechende „Regieanweisungen“ und dann verabschiedeten sie sich und fuhren los. Was für eine Situation! Einerseits war ich überrascht, schockiert und unsicher, ob ich das schaffen kann. Ich hoffte sehr, dass ja auch alles gut geht. Andererseits freute ich mich über das Vertrauen, das sie mir in dieser Situation entgegenbrachten. Ich versuchte mein Bestes, um mit diesen gegebenen Umständen bestmöglichst fertig zu werden.
Mein größtes Problem waren meine mangelnden Kochkenntnisse. Die Rettung war ein Dr. Oetker-Kochbuch. So kam ich in Übung und war froh, wenn jeder Tag mit genügend Arbeitseinsatz und gutem Willen gelang. Die Kinder liebte ich sehr, auch der Hund wurde immer zutraulicher. Die täglichen Anrufe der Eltern taten mir doch gut. So habe ich diese Zeit mit Gottes Hilfe sogar erfolgreich geschafft und das stärkte mein Selbstbewusstsein enorm. Weil ich die Kinder so liebte, bin ich länger dortgeblieben als geplant – ganze vier Jahre.
Freundschaftsjahre während meiner Ausbildung
Sogar mein guter Freund Christian besuchte mich in Stuttgart. Er kam extra die ca. 400 km von Leverkusen angereist. Wir haben schöne Ausflüge in die Umgebung gemacht, die ich inzwischen kannte. Mit seinem Jurastudium war Christian auch gut vorangekommen, was mich für ihn freute. Nun waren auch seine Eltern daran interessiert, mich kennenzulernen. Ich besuchte sie baldmöglichst in den Semesterferien. Ich fühlte mich gleich in Christians Familie sehr wohl und angenommen, lernte auch den jüngeren Bruder Rolf kennen. Zu einem anderen Zeitpunkt äußerten sie mal, dass sie mich gerne als ihre Schwiegertochter sehen würden. Von meiner Seite aus stand dem nichts entgegen. Ich wollte allerdings noch meine Berufsausbildung abschließen, das hatte ich mir jedenfalls vorgenommen.
1960 habe ich mit meiner Ausbildung am Fröbelseminar als Kindergärtnerin und Hortnerin begonnen und es war eine gute Zeit. Zu meiner Freude erhielt ich sogar ein Stipendium für diese zwei Jahre. Inzwischen hatte ich viele Freunde und Freundinnen. Als Clique genossen wir neben den täglichen Lernprozessen das Studentenleben mit den unterschiedlichsten Veranstaltungen, aber ganz besonders den „Ball der Nationen“ als Höhepunkt des Jahres. Ungarische Freunde hatten mir Csardastanzen beigebracht und damit waren wir eine Attraktion bei diesem Ball. Im Max-Kade-Studentenheim trafen wir uns häufig, um Feste zu feiern, es gab Diskussionsabende oder interessante Unterhaltung. Wir machten herrliche Ausflüge zur „Schwäbischen Alb“, in die wunderbare Landschaft dieses schönen Schwabenlandes.
Liebeskummer
In meinem Herzen hatte mein Freund Christian den ersten Platz, dies war wohl auch ein guter Schutz für mich, keine losen Beziehungen einzugehen. Dann geschah aber etwas, was mein Leben total erschüttert hat! Es kam ein Brief von meinem geliebten Christian mit der Aussage: Traute, ich muss Dir gestehen, dass ich mich in ein anderes Mädchen verliebt habe, die ich auch heiraten möchte. Er schrieb, dass es ihm leidtue für mich, mir Schmerzen mit dieser Nachricht zuzufügen usw. Es hat lange gedauert, bis ich mich an diesen Gedanken gewöhnen konnte. Ich musste diesen Sachverhalt nun mal irgendwie akzeptieren. Alles schien ganz hoffnungslos für mich in dieser Situation.
Es