14. INNEN, GROSSER RAUM (wie in Szene 12) …: Die Zahl der KINDER hat inzwischen zugenommen. Sie stehen oder sitzen noch immer schüchtern in schweigenden Gruppen zusammen. Einige schwarz gekleidete MÜTTER besetzen die Sessel am Kamin. ERNESTO kommt aus der Küche und geht zur Treppe – er bewegt sich langsam, den Kopf gesenkt, als wäre er in Gedanken versunken. In dem Moment bemerkt ein KLEINES MÄDCHEN – das am Fenster Wache gehalten hat – draußen den Jeep des Kaplans und ruft begeistert:
KLEINES MÄDCHEN: »Er kommt! Er ist da! Mister Padre ist da …«
Als ERNESTO das hört, eilt er nach oben – er nimmt die steilen Stufen überraschend behende. Die Kamera folgt ihm, wie er in der Dunkelheit des Obergeschosses verschwindet.
Dann kehrt die Kamera in den großen Raum zurück, wo sich die Kinder an der offenen Tür versammelt haben. Ein vielstimmiger Chor junger Stimmen heißt den KAPLAN willkommen, der sich noch draußen befindet.
KINDER: »Frohe Weihnachten, Mister Padre … Seht nur, der Jeep: voller Caramelli …«
Von der Gruppe der winkenden, plappernden KINDER in der offenen Tür.
SCHNITT AUF:
15. AUSSEN, STRASSE …: Der Jeep des KAPLANS parkt vor dem Haus. LUIGI und UMBERTO sehen zu, wie der KAPLAN und JACK aus dem Wagen steigen.
KAPLAN (winkt den Kindern zu – er spricht einigermaßen fließend Italienisch mit starkem amerikanischem Akzent): »Hallo Kinder! Fröhliche Weihnachten! Tut mir leid, dass ich zu spät bin, aber es war so viel Verkehr, dass wir kaum vorwärtskamen. Die Engländer tranken Tee mitten auf der Straße …«
Eine Prozession UNIFORMIERTER KINDER – kleine Schüler und Schülerinnen einer katholischen Schule – nähert sich dem Gebäude. Die Kolonne schwarz gekleideter Kinder geht sehr korrekt in Reih und Glied den Bürgersteig entlang, vor und hinter ihnen NONNEN.
KAPLAN (begrüßt sie auf Italienisch): »Seht nur, wer da kommt! Meine speziellen Freunde – schön, euch zu sehen! Fröhliche Weihnachten, Ladies und Gentlemen!«
Einige der uniformierten KINDER lächeln ein wenig; aber sie setzen ihren Marsch mit beachtlicher Disziplin fort, angeführt von den wachsamen NONNEN.
KAPLAN (auf Italienisch): »Nanu, Kinder, seid ihr gar nicht neugierig darauf, was sich in all diesen wundervollen Körben und Paketen befindet? Oder seid ihr zu ernsthaft um euch um so etwas wie Kuchen, Apfelsinen, Caramelli, Schokolade und Kaugummi zu kümmern?«
Als die SCHÜLER der Kirchenschule diese magischen Worte hören, ist es vorbei mit ihrem steifen Gehabe und sie stürmen auf den Jeep zu – mit wilden Ausrufen:
UNIFORMIERTE KINDER: »Apfelsinen … Kuchen … Kaugummi … Ist das alles für uns, Mister Padre?«
Die mutigsten von ihnen versuchen, sich einige der Pakete zu schnappen, aber JACK drängt sie zurück.
JACK (auf Englisch): »Immer mit der Ruhe, Kinder – nur immer mit der Ruhe, ja? Jeder bekommt etwas ab, versteht ihr? Also immer mit der Ruhe!«
Die anderen KINDER, die in der offenen Tür gestanden haben, gesellen sich zu den Schülern der katholischen Schule.
Die ganze Schar der Kinder ist um den Jeep versammelt und ruft: »Bonbons … Kaugummi … Caramelli …«
Sowohl die NONNEN, die den Trupp angeführt haben, als auch die MÜTTER, die in der Tür stehen, sind erschrocken und schockiert von dem Spektakel.
NONNE: »Kinder! Wie könnt ihr …! Hört auf! Kommt sofort zurück!«
MUTTER: »Kommt zurück! Sofort!«
ANDERE NONNE: »Lasst den Jeep in Ruhe! … Benehmt euch! Sonst gibt es keine Weihnachtsfeier!«
Die KINDER ziehen sich schnell eingeschüchtert vom Jeep zurück.
ERSTE NONNE (an den Kaplan gewandt): »Es tut mir s o leid, dass sie Ihnen Unannehmlichkeiten gemacht haben, Mister Padre. Es sind gute Kinder, im Allgemeinen. Aber sobald sie das Wort Caramelli hören, scheinen sie den Verstand zu verlieren.«
KAPLAN (lachend; auf Italienisch): »Das macht doch nichts, Schwester, das macht doch nichts: Es ist ja nichts passiert, alles ist vollkommen in Ordnung. Außerdem bin ich es, der die Schuld an der ganzen Aufregung trägt: Ich hätte nicht so mit den Kindern reden sollen …«
NONNE: »Sie sind eben zu gut zu ihnen, Mister Padre.«
KAPLAN (an die Kinder gewandt; auf Italienisch): »Beeilt euch, Kinder! Zurück ins Haus! Ihr erkältet euch hier draußen, in diesem eisigen Wind. Ich bin in einer Minute bei euch: Lasst nur Jack und mich diese Sachen abladen.«
Die KINDER werden wie eine Herde Schafe von den NONNEN und MÜTTERN ins Haus getrieben. Der KAPLAN und JACK beginnen damit, den Jeep abzuladen. LUIGI und UMBERTO, die die vorige Szene amüsiert beobachtet haben, kommen näher – ängstlich und verlegen.
LUIGI (auf Italienisch): »Mister Padre … bitte …«
KAPLAN (auf Italienisch): »Was ist denn, Junge?«
LUIGI: »Mein Freund Umberto und ich … wir würden gern … wenn wir dürfen … wir würden gern beim Abladen helfen.«
KAPLAN (auf Italienisch): »Aber natürlich, Jungs. Sehr nett von euch.«
JACK (an den Kaplan gewandt; auf Englisch): »Was will er denn?«
KAPLAN (auf Englisch): »Nichts. Sie wollen nur helfen.«
JACK: »Na, ich weiß nicht. Die Sache hat bestimmt einen Haken. Warten Sie’s ab.«
UMBERTO (trägt Pakete; auf Italienisch): »So viele Sachen. Ganz bestimmt wundervolle Sachen.«
KAPLAN (auf Italienisch): »Ich hoffe, dass es gute Sachen sind.«
LUIGI: »Wenn wir nur einen Blick darauf werfen dürften …«
KAPLAN: »Einen Blick drauf werfen? Das dürfte kein Problem sein. In ein paar Minuten werden all diese Pakete aufgemacht.«
UMBERTO: »Ja, aber dann sind wir nicht dabei.«
KAPLAN: »Warum nicht?«
LUIGI: »Weil das drinnen im Haus stattfindet.«
KAPLAN: »Und warum kommt ihr nicht hinein?«
LUIGI: »Weil wir zu alt sind.«
KAPLAN: »Zu alt – wozu?«
UMBERTO: »Zu alt, um zu einem Kinderfest eingeladen zu werden.«
KAPLAN (lachend): »Unsinn. Kommt einfach mit, Jungs. Das heißt, falls ihr nicht zu stolz seid, zusammen mit den Kindern zu feiern«
LUIGI und UMBERTO (gleichzeitig): »Nein, wir sind nicht zu stolz … Dürfen wir wirklich mitkommen? … Danke, Mister Padre, danke …«
Von nun an geht das Abladen des Jeeps sehr schnell vor sich. LUIGI und UMBERTO eilen schwer beladen zum Haus. Der KAPLAN und JACK folgen, die Arme voller Pakete.
KAPLAN (an Jack gewandt; auf Englisch): »Ich glaube, ich habe den Haken entdeckt. Eine förmliche Einladung zu unserer Weihnachtsfeier – darum ging’s den beiden Burschen!«
JACK: »Ich wusste, dass sie uns nicht aus lauter Freude an der Sache helfen.«
Sie haben das Haus erreicht.
SCHNITT AUF: