auf welcher Ebene einer Organisation – sehr häufig unter begrenzenden Rahmenbedingungen handeln. Deswegen ist ein Hebel für Veränderungen genau dort, bei den Bedingungen, bei den Strukturen, Vorschriften und Gepflogenheiten.
Doch so einfach, wie es manchmal bei überzeugten Systemdenkern wie Reinhard Sprenger klingt, ist das nicht. Man kann den institutionellen Rahmen leicht ändern, behauptet der »Managementdenker«. Dass das aber nicht so leicht ist, wird schon daran deutlich, dass das Subjekt in diesem Satz »man« ist. Wer genau sollte handeln und wer kann es?
Die Antwort auf diese Fragen bleibt der Systemblick schuldig. Und nicht nur das. Es fehlt auch die Berücksichtigung der psychischen Prozesse in jedem Einzelnen von uns. Die laufen immer ab, ob wir wollen oder nicht, willkürlich oder unwillkürlich, bewusst oder unbewusst, und sie prägen Ihr Verhalten mindestens ebenso wie die Sie umgebenden Kontexte. Muster, die sich in Ihrem Leben bewährt haben, wenden Sie wieder an. Da kann der Kontext sein, wie er will.
Wer jahrelang gelernt hat, seine eigene Leistung zu optimieren – angespornt von Noten für Einzelleistungen und individuellen Belohnungen –, wird nicht zum Teamplayer, weil jetzt die Gruppe gemeinsam einen Bonus bekommt. Der wird weiterhin zusehen, seine eigene Leistung zu maximieren, und vielleicht sogar entnervt das Unternehmen verlassen, weil seine Anstrengungen nicht mehr nach dem gewohnten Muster belohnt werden. Wer umgekehrt das Unternehmen wechselt und von einer Teamkultur in ein Umfeld kommt, in dem ganz klar die Leistung des Einzelnen im Vordergrund steht, wird sich vermutlich ebenso mit der Anpassung an dieses System schwertun. Unsere eigenen Gewohnheiten und gelernten Muster spielen eine mindestens ebenso große Rolle wie die Kontexte, in denen wir uns bewegen. Wir nehmen uns selbst immer mit, wohin wir auch gehen.
Das bedeutet auch, dass uns trotz aller äußeren Zwänge immer noch eine Menge Möglichkeiten bleiben, autonom auf den Kontext zu reagieren. Ein gutes Beispiel dafür ist für mich Paul Polman, der frühere CEO von Unilever. Der Niederländer setzte unter anderem die an der Börse üblichen Quartalsberichte aus, da er sie als hinderlich für die Entwicklung des Unternehmens erlebte. Er entschied sich, an dieser Stelle das gängige Spiel nicht mitzuspielen. Von Paul Polman wird später noch einmal die Rede sein. Er hat sich an vielen Stellen nicht damit zufriedengegeben, dass das System nun mal so ist und er daher nur in bestimmter Weise handeln kann. Solche Sätze höre ich – leider – nur allzu oft. Das ist auch nur zu verständlich angesichts der gefühlten Aussichtslosigkeit, in der eigenen Organisation Impulse für Veränderungen zu setzen. Doch für mich ist die Frage nicht wirklich, ob es möglich ist. Denn das ist es für mich ganz klar. Die für mich viel spannendere Frage lautet: »Wie ist es möglich?«
Alles oder nichts?
New Work hat unglaublich viele Facetten. Von innovativen Arbeitszeitmodellen und Homeoffices über eine veritable Gesellschaftsutopie zum Systemblick. Individuum, Unternehmen oder Gesellschaft – wo ansetzen? Überall? Vielleicht fragen Sie mich das jetzt ebenso wie diejenigen, die Vorträge von mir gehört oder mich in Gesprächen rund um unsere AUGENHÖHE-Filme erlebt haben. Lange habe ich mich das auch selbst gefragt. Recht schnell war mir klar, dass ich mich keiner der bestehenden Positionen wirklich zugehörig fühle. Ich konnte einigen mehr, anderen weniger abgewinnen, doch so richtig zu Hause fühlte ich mich nirgends. Es war also schnell klar: Es ist weder das eine noch das andere. Nun bin ich eine notorische Sucherin nach dem »Sowohl-als-auch« und war eine ganze Weile so unterwegs. Ich fragte mich, ob sich die Positionen vereinen lassen, ergänzen lassen mit den Ideen der jeweils anderen. Schon eher. Doch auch nicht wirklich. Mit dieser Erkenntnis stieg mein Frust und ich dachte: Vielleicht ist es ja auch nichts von alledem. Aber nee, dafür sind viele Gedanken und Einsichten zu wertvoll, sie müssten schon Berücksichtigung finden. Doch wie?
Es reicht nicht, unsere Unternehmen im Hinblick auf wachsende Komplexität zu optimieren.
Nur Eigenverantwortung statt Fremdbestimmung ist zu wenig, das ist nicht radikal genug. Es ist zu wenig, nur auf das Wohlergehen der Menschen zu schauen. Es reicht nicht, unsere Unternehmen im Hinblick auf wachsende Komplexität zu optimieren. Alle diese Betrachtungsweisen empfinde ich auf ihre Art als unvollständig, ich finde, sie werden dem Thema nicht gerecht. Ich glaube, es ist im Sinne des Tetralemmas Zeit für die fünfte Alternative. Nicht das eine oder das andere, kein Sowohl-als-auch und auch nicht Weder-noch, sondern nichts von alledem und selbst das nicht. Das bedeutet: etwas völlig Neues. Eine neue Neue Arbeit. Eine, die Freiheit, Selbstständigkeit und Verantwortung genauso berücksichtigt wie Teilhabe an der Gesellschaft, Solidarität sowie soziale und ökologische Folgen. Dazu möchte ich mit diesem Buch einen Beitrag leisten. Und das, ohne zu wissen, wie sie genau aussieht, diese neue Neue Arbeit. Denn ich glaube, das ist etwas, woran viele Ansätze kranken: Es steckt in ihnen die Idee, auch für andere zu wissen, was richtig ist und wie es geht. Doch das kann nicht funktionieren, darum wird es im Kapitel »Autopoiese respektieren« noch ausführlich gehen.
Auch dieses Buch kann und will nicht wissen, was gut für Sie ist. Es ist als eine Einladung zu einer Entdeckungsreise gemeint. Ich bin gespannt, was wir, was Sie und ich finden werden.
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