Kai Hirdt

Perry Rhodan 3094: Herz des Lichts


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cairanischen Kampfschiffe sich auch nur in Bewegung setzen konnten.

      »Zemina Paath ist Gast der Liga Freier Galaktiker«, verkündete er. »Ein Angriff auf sie gilt als Angriff auf die Liga. Ich fordere die Cairaner hiermit auf, die Kampfhandlungen einzustellen und ...«

      Er verstummte, als der erste Augenraumer auf das Nashadaan schoss.

      3.

      Kro Ganren hatte Bouner Haad bei der Strandwache abgelöst. Auf eine persönliche Gebäudewache verzichteten die Flüchtigen für zwei Stunden und vertrauten auf die Beobachtungssonden, die Shepardt Wilzukudu ihnen überantwortet hatte.

      Sie nutzten die Zeit für ein unerwartetes Nachtmahl bei dem ehemaligen Freund von Emuladsus Mutter. Von außen sah Wilzukudus Heim so schäbig aus wie alle anderen in Goinad – das typisch cairanische Weiß war verwittert und von salzigem Grau überdeckt. Im Inneren jedoch war es warm und gemütlich, und Wilzukudu brachte das leckerste Essen auf den Tisch, das sie seit ihrer Flucht bekommen hatten: selbst erjagtes Fleisch zu selbst geerntetem Gemüse.

      Insbesondere Aipu blühte auf. Er löcherte Wilzukudu mit Fragen zu seiner Großmutter, die er kaum kennengelernt hatte, und der ehemalige Naturforscher unterhielt die Runde mit launigen Erzählungen über sie. Einiges war selbst für Emuladsu überraschend. Ihre Mutter hatte ehrenamtlich in der Stadtverwaltung ausgeholfen, das hatte sie selbst von ihren gelegentlichen Besuchen gewusst. Neu war, dass sie die Fördermittel für den Gemeindeausbau in die Höhe getrieben hatte, indem sie die örtlichen Zuchtbullen und Milchstuten als Einwohner mitzählte und meldete. Ihr Nachfolger hatte von dieser Praxis empört Abstand genommen und damit letztlich Goinads Niedergang eingeleitet.

      Ein paar weitere Anekdoten dieses Kalibers veranlassten Bouner Haad zu dröhnendem Lachen, auch die Terraner amüsierten sich prächtig. Emuladsu lernte ihre Mutter mit ganz neuen Augen zu sehen. Ihr Kontakt war spärlich gewesen, seit Dupa in den Dienst des Cairanischen Panarchivs getreten war. Sie hatte stets geglaubt, ihre Mutter habe einen gesetzten, stillen, würdevollen und etwas einsamen Lebensabend verbracht. Stattdessen hatte die alte Dame wohl gefeiert, bis ihr Körper irgendwann unangekündigt den Dienst quittiert hatte.

      Emuladsus eigene Familie wurde auch Thema, weit stärker sogar, als ihr lieb war. Wilzukudu erkundigte sich nach Aipu und ihren anderen Kindern – von denen Emuladsu zugegeben musste, dass ihr ältester Sohn Parko sich seit Wochen gemeinsam mit Amme-2 um die Versorgung der jüngeren Geschwister kümmerte. Aipu fragte, wann sie nach Ecaitan zurückkehren würden. Er vermisste seine Heimatstadt Orsaidd und seine Geschwister Parko, Arsla, Ileja, Pelga, Omla, Kobo und Kallo.

      Emuladsu verspürte einen Stich in ihrer Brust. »Bald.« Sie drückte Aipu an sich. »Bald gehen wir zurück.«

      Wenn wir nicht ganz woanders hingehen ...

      Ihr war, als hätte sich ihr stiller Schmerz wie ein schweres Tuch über die ganze Runde gelegt. Die Stimmung war verflogen, die Müdigkeit kehrte zurück. Die Terraner bedankten sich für die Einladung, verabschiedeten sich und kehrten in ihr Quartier zurück.

      Wilzukudu überließ ihnen die Sonden für die Zeit, die sie noch in Goinad bleiben wollten. Trotzdem legte sich Emuladsu nicht auf ihr Lager, sondern blieb wach und starrte aus dem großen Fenster ins Halbdunkel.

      »Deine Wachschicht ist vorbei«, sagte Chione McCathey hinter ihr.

      »Genau wie deine«, sagte Emuladsu. »Du schläfst ebenso wenig wie ich.«

      »Willst du darüber reden?«

      »Ich bin die Psychologin hier.«

      »Und ich habe ein bisschen von dir gelernt.«

      Emuladsu legte die Gespürhände aneinander und ließ die Finger der Außenhände rhythmisch aneinander tippen, während sie die richtigen Worte suchte. »Aipu ...«, begann sie schließlich. »Was tue ich ihm hier an? Ich kann mein Kind doch nicht auf der Flucht großziehen. Und was ist mit meinen anderen? Die Amme passt auf sie auf, außerdem ist Parko groß genug, um sich ein paar Wochen um sie zu kümmern. Aber ich kann doch nicht einfach plötzlich verschwinden und nie wiederkehren ...«

      Sie hörte ein Geräusch und erschrak. Hörte Aipu ihnen etwa zu?

      Nein.

      Schlafner kam zu ihnen. »Keine Sorge, er schläft. Viel tiefer und fester, als er es selbst für möglich gehalten hätte.« Er zwinkerte ihr zu. Emuladsu verstand die Botschaft: Der Terraner hatte ihren Sohn mittels seiner Mutantengabe betäubt und seinen Körper veranlasst, einen müdigkeitsinduzierenden Hormoncocktail in seine Adern zu pumpen.

      Nun stießen auch der Haluter, Obioma, Dancer und der TARA-Psi zu ihnen. Mit Ausnahme ihres jungen Sohns und Ganren auf seinem Wachposten war das Team damit komplett.

      Warum auch nicht? Emuladsu hätte gerne noch eine Nacht zum Nachdenken gehabt, aber im Grunde stand ihre Entscheidung fest. Sie konnte sie verkünden. »Obwohl ich es vorhatte, kann ich das Sternenrad nicht verlassen.«

      Ihre Zuhörer schwiegen.

      »Ich kann Aipu kein Leben auf der Flucht zumuten«, begründete sie. »Ich danke euch für eure Hilfe, aber ganz ehrlich: Ich weiß inzwischen nicht mehr, was ich mir eigentlich dabei gedacht habe. Ich bin nicht einverstanden damit, was unsere Regierung mit Tschirmayn gemacht hat. Ich bin erst recht nicht einverstanden damit, dass Aipu dabei helfen musste, das Sternenrad so zu missbrauchen. Aber ... Das ist meine Meinung. Ich kann diese Entscheidung nicht für ihn treffen! Eigentlich ist es eine Ehre, im Hyperschub-Dom des Sternenrads zu dienen. Ich kann ihm diese Chance nicht wegnehmen, wenn er sich entscheidet, sie zu ergreifen!«

      Sie starrte in die Runde. Die Terraner sahen zu ihr hinauf. Emuladsu wartete auf eine Reaktion, auf ein Zeichen der Zustimmung. Sie hatte so viel Zeit mit diesen Wesen verbracht – zeigte sich jetzt, dass sie keine echte Bindung aufgebaut hatten? Dass sie keinerlei Verständnis für Emuladsu hatten, jetzt, da sie kein gemeinsames Ziel mehr verfolgten?

      Es war der Haluter, der als Erster sprach. Er räusperte sich grollend. »Aipu war nicht in der Erforschung des Sternenrads eingesetzt, sondern als Lotse.«

      Emuladsu sah ihn voll Argwohn an. »Und?«

      »Ich habe gedacht, du wüsstest es«, sagte Haad.

      »Was?«

      »Was ich von dem Benshér erfahren habe, den ich vor Aipu aus der Steuerung des Rads befreit habe.«

      »Was?«, fragte Emuladsu noch einmal, nun deutlich gereizt.

      »Der Dienst als Lotse ...« Haad zögerte ein wenig, dann sagte er es unverblümt. »... ist tödlich für alle Wesen außer den Benshéri. Deshalb suchen die Cairaner stets das nächste geeignete Volk. Es braucht Wesen mit der Fähigkeit, in begrenztem Maße in die Zukunft zu sehen. Und diese werden in den Dienst gezwungen, bis sie ...« Erneut eine Pause. »... bis sie verbraucht sind. Und die Suche nach dem nächsten Volk beginnt.«

      »Sie ...« Emuladsu wurde schwindelig. Sie musste sich am Fensterrahmen abstützen. »Sie wollten ihn töten?«

      »Sie wollten ihn benutzen«, korrigierte Schlafner. »Dass er dabei sterben würde, war nicht ihre Absicht. Aber sie haben es in Kauf genommen.«

      Die Gedanken in ihrem Kopf rasten. Das konnte nur, das musste eine Lüge sein!

      Andererseits: Sie war Expertin für terranische Psychologie. Und die Terraner, mit denen sie nun zusammen war, hatte sie in den vergangenen Tagen intensiv kennengelernt. Diese Leute logen sie nicht an.

      »Wir müssen fliehen.« McCathey legte ihr sanft die Hand auf den Arm. »Es gibt keine andere Möglichkeit.«

      »Nein«, sagte Emuladsu. »Wenn er so wichtig ist ...«

      Sie sah die Terranerin an, die in dieser Gruppe am ehesten ihre Vertraute geworden war. »Eine Jägerin verfolgt uns. Eine Jägerin! Sie wird nicht aufgeben, niemals, außer, sie bekommt einen anderen Auftrag. Und den wird sie nicht erhalten, wenn Aipu so wichtig ist. Wir werden niemals sicher sein, nirgendwo,