Ernst Vlcek

Perry Rhodan 151: Sternenfieber (Silberband)


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entfernten sie sich vom Virenschiff. Von einem der Pilze stürzte sich ein großer Vogel herab. Er warf sich auf Meinsters Gefährtin, wurde aber von ihrem Prallschirm zurückgeschleudert und flatterte krächzend davon.

      Doran Meinster blieb neben den verrotteten Stümpfen einiger Grashalmbäume stehen. »Wir müssen genau hier entlang gehen«, sagte er. »Ich spüre, dass da etwas ist, das denkt und Einfluss auf uns nehmen will.«

      Ein dünnes, sehr engmaschiges Netz spannte sich über ihnen zwischen einigen Pilztrichtern. Kopfgroße Spinnen lauerten darin. Mirandola Cainz schaltete ihr Flugaggregat ein und schwebte unter dem Netz hindurch. Von einem Pilz, der mit seinen vielfach aufsteigenden Stämmen einem terranischen Ziegenbartpilz glich, fiel ein türkisfarbener Schleier auf sie herab und umhüllte sie.

      »Seht euch das an«, lachte Mirandola. »Das zarte Ding scheint nicht zu ahnen, was ein Prallschirm ist, geschweige denn ein tödlich wirkender ...« Sie schrie auf, denn ihr Abwehrfeld brach jäh zusammen, und der dünne Schleier wickelte sich um ihren rechten Arm.

      Bevor die anderen ihr helfen konnten, verschmolz das eigenartige Gebilde mit dem SERUN.

      Unfassbar schnell glitten drei weitere dieser türkisfarbenen Gewebe heran. Die Schutzschirme von Vendor, Meinster und Bytargeau erloschen, und die Schleier verschmolzen mit den SERUNS.

      »Zurück an Bord!«, entschied Meinster. »Unter diesen Umständen müssen wir uns einiges mehr einfallen lassen.«

      Sie kehrten um – und erlebten die nächste Überraschung. Die Schleuse öffnete sich nicht.

      Stronker Keen blickte Reginald Bull verwundert an. »Ist das dein Ernst?«, wollte er wissen.

      »Der Permanente Konflikt ist die Lösung«, entgegnete Bull. »Er sorgt für eine ständige Herausforderung und damit für Stimulation.«

      »Ich wundere mich über dich«, kommentierte das Virenschiff. »Du hast dich verändert.«

      »Verändert? Unsinn.« Bully schüttelte lachend den Kopf. »Ich habe die Wahrheit erkannt, das ist alles. Mir ist endlich klar geworden, dass ich ein Ewiger Krieger bin. – Und deshalb werden wir uns von dem Konglomerat trennen und die EXPLORER an die Spitze der Kolonialflotte setzen!«

      Bull trug das Permit wieder an der linken Hand. Er spürte eine bislang ungeahnte Kraft davon ausgehen. Vor allem machte ihm die Faust des Kriegers deutlich bewusst, dass er ein begnadeter Stratege und Anführer war.

      »Wenn ich dich richtig verstehe, willst du die Letzte Schlacht entscheiden«, folgerte Stronker Keen.

      In Bulls wasserblauen Augen schimmerte es fanatisch. »Ich habe meine große Aufgabe erkannt und akzeptiere sie.«

      Keen schüttelte den Kopf. Zweifelnd blickte er den Freund an. »So habe dich nie reden gehört, Bully. Ich fürchte, du willst mich auf den Arm nehmen.«

      »Nein. Eremit hat etwas in mir geweckt, das schon zu lange geschlummert hat. Ich muss mich einer ungeheuren Herausforderung und Verantwortung stellen. Die Letzte Schlacht ist nicht zu vermeiden. Es liegt an mir, die Entscheidung herbeizuführen.«

      Stronker Keen blickte den Freund nachdenklich an und lächelte kaum merklich dabei. »Ich habe verstanden«, sagte er, nickte Bully zu und verließ die Zentrale. Der ehemalige Sturmreiter war überzeugt, dass Bull es nicht so ernst meinte, wie es sich anhörte. Er kannte den Aktivatorträger schließlich recht gut – als temperamentvollen, mitunter etwas derben Mann, der alles sein konnte, nur nicht Militarist oder gar Kriegstreiber.

      Von der Zentrale aus verfolgte Reginald Bull, wie Stronker Keen und Lavoree sich trafen, kurz miteinander redeten und auf ein anderes Schiff überwechselten. Er lächelte flüchtig, ließ sich in seinen Sessel sinken und befahl: »Ausklinken!«

      »Hoffentlich hast du genau überlegt, was du tust«, entgegnete das Virenschiff.

      »Ich sagte: Ausklinken! Dabei bleibt es.«

      Die eigentliche EXPLORER, Segment 1, scherte aus dem Verband der Virenschiffe aus und nahm Kurs auf die CICLANT. »Ich komme zu euch an Bord!«, ließ Bull die Admirale knapp wissen.

      Wenig später wechselte er auf das Flaggschiff der cloreonischen Kolonialflotte über. Er wurde von zwei Offizieren empfangen, untertänig begrüßt und in die Zentrale geführt. Schon als er eintrat, fiel ihm auf, dass auch bei den Cloreonen etwas anders geworden war. Er stand nicht mehr Admiral Tarcicar von Ciclaun gegenüber, sondern einem Offizier, der deutlich größer war als Tarcicar, stark abfallende Schultern hatte, und dessen Augen eine eigentümlich gelbe Färbung aufwiesen. Der Cloreone trug die Uniform eines Admirals.

      Auch die anderen Admirale waren ausgetauscht worden. Reginald Bull stand unter höchster Anspannung und eruierte jede Kleinigkeit.

      »Was ist vorgefallen?«, fragte er. Sein Tonfall und jede seiner Gesten unterstrichen, dass er der Ewige Krieger war, der einzig und allein den Befehl über die Flotte beanspruchte. Er machte deutlich, dass er keinen Widerstand dulden würde.

      Der Admiral beugte den Oberkörper und drückte die Arme demütig nach hinten. »Vergib unsere Eigenmächtigkeit«, sagte er. »Wir sahen uns gezwungen, Tarcicar als Oberbefehlshaber der Flotte zu entfernen. Er ließ erkennen, dass er nicht konsequent handeln würde, weil er mit denen da unten reden wollte.«

      Der neue Admiral von Ciclaun zeigte auf den Boden. Es war klar, dass er die Organzellen-Kultur der Mutterwelt meinte. Die Flotte war gekommen, um ihr Ursprungsvolk in der Letzten Schlacht auszulöschen.

      »Ausgezeichnet«, lobte Bull. »Ich will deinen Namen und den der anderen Offiziere wissen.«

      Der Ciclauner stellte sich als Admiral Quarskigar vor. Danach ließ er die anderen Offiziere einzeln antreten und stellte sie vor.

      »Ich übernehme das Kommando über die Flotte!« Reginald Bull war entschlossen, seine neu gewonnene Macht im Sinn des Kriegers Kalmer einzusetzen.

      Das Permit wies ihn als Krieger aus, also war er der Krieger, zumal jeder ihn ohnehin so sehen wollte. Ob Kalmer oder Bull, was spielte das schon für eine Rolle? Er wusste nicht einmal, ob Kalmer tatsächlich noch lebte.

      »Wir müssen die Dschungelinsel verlassen!«, drängte Doran Meinster. »Andernfalls erfahren wir nie, was in diesem Sonnensystem eigentlich vorgeht. Volcayr ist zweifellos bestens über alles informiert.«

      Ein bedrohliches Rauschen hing plötzlich in der Luft, dann explodierte grelle Helligkeit. Eine Druckwelle erfasste Meinster und seine Gefährten und schleuderte sie in den Pilzwald zurück. Ein ohrenbetäubendes Dröhnen rollte über sie hinweg; es regnete Glut, Asche und Pflanzenreste.

      Doran Meinster stürzte in einen der Pilzkelche, in dem meterhoch eine klare Flüssigkeit stand. Vergeblich bemühte er sich, freizukommen. Erst als er dem Antigrav höchste Leistung abverlangte, konnte er sich langsam aus der klebrigen Masse herausheben.

      Mirandola Cainz landete in einem der Netze und sah sich Dutzenden der großen Spinnen ausgesetzt. Colophon Bytargeau prallte gegen den Stamm eines Riesengrases und klammerte sich daran fest. Faustgroße Samenkörner prasselten auf ihn herab, als wollten sie ihn verschütten.

      »Was war das?«, fragte Mirandola Cainz, während sie mühsam versuchte, die Spinnen loszuwerden. »Ist ein Raumschiff in der Nähe abgestürzt?«

      »Ein Meteorit ...«, antwortete Bytargeau. »Er hat einen der Berge erwischt und dessen Flanke aufgerissen. Seht euch die Staubwolke an. Der Wind treibt sie glücklicherweise von uns weg aufs Meer hinaus.«

      In der Ferne zogen weitere Glutspuren über den Himmel. Es schienen nur kleine Brocken zu sein, die Dutzende Kilometer entfernt ins Meer schlugen. Neuer Donner rollte heran, Dampfwolken stiegen in die Atmosphäre auf.

      Agid Vendor beschaffte sich bereits einige besonders große und fleischige Blätter, flog mit ihnen zu Meinster und schabte die zähklebrige Flüssigkeit von seinem SERUN.

      Er zeigte zu dem Berg hinüber, den der Meteorit getroffen hatte. »Mein Instinkt behauptet, dass wir dorthin