Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Alles nur Theater


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Es hieß, er arbeite an einem neuen Stück.

      Walker fuhr mit dem Lift hinauf und klingelte. Donelly öffnete selbst. Der stämmige Mann mit dem phlegmatischen Zug im Gesicht glich eher einem Buchhalter denn einem erfolgreichen Autor.

      „Kommen Sie herein, Mr. Walker“, sagte er mit seiner rostigen Stimme. „Ich Wußte, daß Sie kommen würden, wenn Sie den Namen Baldon hören.“

      „Vermutlich haben Sie das Hellsehen aus Ihren Stücken gelernt.“

      „Möglich“, nickte Donelly, „Detektive haben immer etwas von Jagdhunden an sich, wenigstens in meinen Stücken. Trinken Sie einen Whisky? Scotch? Bourbon?“

      „Bourbon“, sagte Joe und brannte sich eine Chesterfield an. „Kommen wir zur Sache, Mr. Donelly! Wer wollte Sie umbringen?“

      „Soweit sind wir noch nicht“, erklärte Donelly schleppend. „Wir sind erst auf Seite 8 dieses Stückes. Der Mörder ist noch unbekannt, aber die ersten Verdachtsmomente zeichnen sich ab,“

      „Großartig“, grinste Joe. „Sie schreiben bei sich selbst ab, wie?“

      „Heute morgen“, sagte Donelly, ohne den Einwand zu beachten, „war ich im Baldon-Theater. Ich hatte mich mit dem Regisseur verabredet. Sie müssen wissen, Mr. Walker, daß ich seit einem halben Jahr im Auftrag von Tony Dunhill, dem Inhaber des Dunhill-Theaters, an einem Kriminalstück arbeite,“

      „Sie schrieben doch früher für Baldon“, warf Joe ein. „Hatten Sie Streit mit ihm?“

      „Nein“, sagte Donelly. „Wir trennten uns freundschaftlich, und ich ging zu Dunhill … “

      „Baldons Konkurrenz!“

      „Schon möglich. Ich hatte mich also mit dem Regisseur Mr. Jenkins für heute früh verabredet. Ich will Ihnen sagen, warum: Ich wollte versuchen, ihn für das Dunhill zu gewinnen.“

      „Jenkins ist ein tüchtiger Regisseur“, brummte Joe. „Er gehört zu den Stars am Broadway.“

      „Stimmt genau”, nickte Dunhill. „Aber lassen Sie mich fortfahren. Ich kam etwas zu früh und wartete auf Jenkins. Um diese Zeit war niemand im Theater anwesend außer dem Portier. Ich saß oben im Foyer, als plötzlich eine Scheibe neben meinem Kopf zersprang und eine Kugel in der gegenüberliegenden Wand einschlug.“

      „Was taten Sie?“

      „Ich warf mich zu Boden und robbte zum Ausgang. Sie können sich vorstellen, daß ich ziemlich aufgeregt war.“

      Joe nickte.

      „Haben Sie eine Ahnung, wo der Schütze gestanden haben konnte?“

      „Allerdings“, sagte Donelly. „Genau gegenüber vom ,Baldou’ liegt das ,Farewest-Theater’. Da ich mich im ersten Stock befand, kann man nur von dort aus auf mich geschossen haben.“

      „Haben Sie die Polizei verständigt?“

      „Nein! Ich habe meine Gründe dafür, Mr. Walker. Ich lege Wert darauf, diese Geschichte nicht an die große Glocke zu hängen. Deshalb bat ich Sie, zu kommen. Für mich steht ziemlich fest, daß der Mann, der auf mich geschossen hat, derselbe ist, der Baldon ermordete.“

      „Und was ist Ihrer Ansicht nach das Motiv dafür?“

      „Hören Sie, Mr. Walker, ich werde Ihnen erklären, wie ich darüber denke. Hier existieren drei Theater, von denen das Farewesť am schlechtesten geht. Das ,Baldon‘ lag mit weitem Abstand vorn, das Dunhilr‘ ungefähr in der Mitte. Mit der Ermordung von John Baldon beginnt nun ein Machtkampf zwischen Bill Joyce vom ,Farewest‘ und ,Dunhill‘ um die Nachfolge von John Baldom“

      „Ich sehe, worauf Sie hinauswollen“, sagte Wal ker. „Sie meinen, jemand vom ,Farewesť hätte Baldon umgebracht und wäre jetzt darauf aus, auch ,Dunhill‘ fertigzumachen. Da Sie für ,Dunhill’ arbeiten, würde dies die Tatsache erklären, – daß men versuch le sie umzubringen.“

      „Genau“, nickte Donelly.

      „Eine Frage“, sagte Joe. „Hat Bill Joyce versucht. Sie für sich zu gewinnen?“

      „Mehrmals! Das letzte Mal vor einer Woche. Damals sagte ich endgültig ab. Ich arbeite an einem Kriminalstück, das demnächst im ,Dunhill’ aufgeführt werden soll, und ich will Jenkins als Regisseur’ dafür gewinnen.“.

      „Und was sagte Joyce, als Sie ablehnlen?“

      „Er sagte, es würde mir noch leid tun.“

      „Okay“, sagte Joe und erhob sich. „Ich übernehme den Fall, Mr. Donelly.“

      Der Schriftsteller lehnte sich zurück, jeder Zoll ein großer Künstler.

      „Freut mich“, sagte er lässig. „Das Geschäftliche regeln Sie bitte mit meiner Sekretärin!“

      2. Kapitel

      Bill Joyce, der Besitzer des „Farewest“, warf sieh auf seinen verchromten Sessel und drückte auf den Knopf der Sprechanlage.

      „Winternitz soll reinkommen!“ knurrte er.

      Joyce war ein großer Mann mit dem Gesicht eines Raubvogels. Er hatte das „Farewest-Theater“ vor einigen Jahren aus einer Konkursmasse gekauft, in der Hoffnung, damit ein Geschäft zu machen. Bisher hatten sich seine Hoffnungen jedoch nicht erfüllt. Im Gegenteil. Es war ein Verlustgeschäft geworden.

      Winternitz, der jetzt den Raum betrat, war sein Presseagent. Nur wenige wußten, daß Winternitz einige Vorstrafen auf dem Kerbholz hatte und stets, genau wie Joyce, einen Revolver in der Schulterhalfter trug.

      „Wie steht’s?“ knurrte Joyce.

      Der Agent ließ sich in einen der Drehstühle fallen und zündete sich eine Zigarette an.

      „Nicht schlecht“, berichtete er. „Baldons Testament wird zwar erst morgen eröffnet, aber ich habe herausbekommen, daß er sein Theater dem College von Kent vermacht hat. Natürlich werden “die es. so schnell wie möglich verkaufen.“

      „Der Laden hat einen Wert von einer Million“, sagte Joyce nachdenklich.

      „Es liegt allerdings eine Hypothek darauf“, knurrte Wintemitz.

      „Wie hoch?“

      „Dreihunderttausend Dollar!“

      Joyce spielte nachdenklich mit seinem silbernen Drehbleistift.

      „Kaufen können wir es nicht, aber wir werden den Leuten von Kent einen Vorschlag machen. Wir bieten ihnen das Farewesť zum Tausch gegen das ,Baldou‘ an. Sie werden darauf eingehen. Bas ,Farewesť ist mindestens genausoviel wert. Der Boden, auf dem wir stehen, wird nach Quadratzentimetern bezahlt.“

      „Okay“, sagte Winternitz. „Und dann?“

      „Sie können dann das ,Farewest‘ verkaufen, möglichst an jemanden, der es abreißt und ein Bürohaus hinstellt. Wir sitzen dann im ,Baldon’ und haben den guten Ruf dieses Theaters für uns,“

      „Und keine Konkurrenz vom ,Farewest‘“, grinste Winternitz. „Dunhill wird schön spucken, wenn er das erfährt.“

      „Dunhill ist für uns eine große Gefahr“, erklärte Joyce. „Er darf uns auf keinen Fall zuvorkommen.“

      „Wir haben einen Vorsprung von einem Tag, weil wir das Testament kennen. Den müssen wir ausnützen.“

      „Deshalb fahren wir noch heute nach Kent“, erklärte Joyce und drückte auf die Sprechtaste. „Stellen Sie mir eine Verbindung mit dem College von Kent her“, befahl er seiner Sekretärin.

      „Wir müssen unbedingt heute noch den Collegeausschuß zusammentrommeln“, erklärte Winternitz. „Die Sache muß so schnell wie möglich unter Dach und Fach gebracht werden. Übrigens habe ich eine Überraschung für Sie!“

      „Schießen Sie los!“

      „Ich