Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Alles nur Theater


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skeptisch. „Ich persönlich verlasse mich lieber auf das hier!“ Er holte einen Revolver heraus.

      „Jeder nach seinem Geschmack“, sagte Donelly. „Was hast du übrigens in Hinsicht auf das ,Baldon-Theater‘ unternommen?“

      „Das Testament wird morgen geöffnet. Es wird dann herauskommen, daß Baldon sein Theater dem College von Kent vermacht hat.“

      „Wir müssen das Theater unbedingt an uns bringen“, sagte Donelly. „Auf keinen Fall darf Joyce das Rennen machen.“

      „Soviel ist mir auch klar“, sagte Dunhill mürrisch. „Aber gibst du mir das Geld? Das ,Baldon’ ist mindestens eine Million wert!“

      „Immerhin liegt eine Hypothek von dreihunderttausend Dollar darauf, die wir übernehmen. Also fehlen noch siebenhunderttausend. Wir nehmen nochmals eine Hypothek von dreihunderttausend auf. Die restlichen vierhunderttausend kann ich dir beschaffen. Ich habe einen Geldgeber an der Hand, der allerdings im Hintergrund bleiben möchte.“

      „Ich verstehe. Was machen wir aber, wenn wir das ,Baldon“ haben?“

      „Das laß nur meine Sorge sein“, versicherte Donelly. „Ich bin überzeugt, daß der Ruf dieses Theaters allein genügt, um uns in einer Saison ein Drittel des hineingestechten Geldes einzuspielen – wenn nicht noch mehr. Außerdem habe ich bereits meine eigenen Vorstellungen, wie wir es anstellen, daß ganz New York ins ,Baldon’ strömt.“

      Auf seinem sonst unbewegten Gesicht erschien ein flüchtiges Lächeln.

      „Im Augenblick dürfte das Hauptproblem sein, Joyce auszuschalten. Und ich wette, daß er im Augenblick dasselbe mit uns vorhat“, sagte Dunhill.

      Donelly zog eine silberne Zigaretten schachtel aus der Tasche und entnahm ihr eine Zigarette.

      „Wie du es anstellst, ihn auszuschalten, überlasse ich dir“, sagte er. „Die Hauptsache ist, wir bekommen das ,Baldon‘. Dann laß mich nur machen, und du wirst sehen, wir machen das Geschäft unseres Lebens.“

      „Okay“, sagte Dunhill. „Willst du wissen, was ich vorhabe?“

      „No“, erwiderte Donelly und gähnte. „Ich will mein Gewissen rein erhalten. Bis später, Bill!“

      *

      Joe Barry war der Ansicht, daß der direkte Weg in diesem Fall der aus sichtsreichste war. Er fuhr also ins „Farewest“, als er Starr verlassen hatte.

      Das Theater lag gegenüber dem Prachtbau des „Baldon“. Das „Baldon“ stammte aus den Gründerjahren und war außen reich mit Erkern, Säulen und anderen Verzierungen überladen. Das „Farewest“ dagegen war ein moderner Bau, wenn er auch schon seine dreißig Jahre hinter sich hatte. Ein paar Häuser weiter lag das „Dunhill“, das sich im unteren Stockwerk eines Hochhauses befand.

      Joe parkte den Wagen und ging durch eine enge Gasse zum Bühneneingang des „Farewest“. Diese Gäßchen wurden immer seltener am Broadway. Sie sind eng und dunkel, mit Abfällen, Papier und Schmutz übersät. Zu beiden Seiten ragen die grauen Fassaden von Hochhäusern in den Himmel. Feuerleitern kleben daran.

      Er trat unter die Markise des Gebäudes, die vor der heißen Augustsonne Schutz bot. Einen Augenblick blieb er vor der Programmtafel stehen, auf der noch der Titel des letzten Stückes stand: „Der Weg nach oben.“

      „Mit dem Titel hat er sich ein bißchen übernommen“, brummte Joe, der sich daran erinnerte, daß dieses Stück die Premiere nicht überlebt hatte.

      Er machte die Tür zum Bühneneingang auf und trat herein. Ein älterer Mann in der Portiersloge sah von seiner Zeitung auf, als Joe eintrat.

      Mißtrauisch musterte er Walker. Er war seit dreißig. Jahren hier, und es gab in New York nicht viel Theaterleute, die ihm unbekannt waren. Walker aber wußte er offenbar nicht unterzubringen.

      „Was wollen Sie?“ brummte er.

      „Ich möchte Mr. Joyce sprechen!“

      „Ausgeschlossen, Mister. Das hier ist ein Theater und kein Vereinslokal. Außerdem ist gerade Probe.“

      „Schon gut“, sagte Joe und ging an ihm vorbei, ohne sich um das Gezeter zu kümmern, das der Alte hinter ihm anstimmte. Er kam durch mehrere Türen und geriet schließlich an den Garderoben vorbei, in den Zuschauerraum.

      Der große, ovale Raum war verdunkelt. Nur das helle Licht einiger Scheinwerfer war auf die Bühne gerichtet. Eine Gruppe von Schauspielern bewegte sich dort und probte eine Szene aus dem Theaterstück, das Joyce zu Beginn der neuen Spielsaison herausbringen wollte und das, wenn man der Flüsterpropaganda glauben durfte, ein Versager sein würde. Joe blieb stehen und sah der Probe eine Weile zu.

      Einige Reihen vor ihm saßen zwei Männer. Einer davon mußte Joyce sein. Sie unterhielten sich leise beim Schein einer abgeblendeten Lampe.

      Joe waren die Schauspieler unbekannt. Doch dann entdeckte er zu seiner Überraschung Virginia Reston zwischen ihnen. Sie war eine bekannte Schauspielerin, die während der letzten Jahre einige erfolgreiche Filme in Hollywood gedreht hatte. Joe hatte nicht erwartet, sie hier zu finden.

      Vermutlich war sie der Rettungsanker. Ihr Name allein bürgte für ein volles Haus, ganz gleich, was gespielt wurde.

      Nachdem Walker viermal hintereinander denselben Text gehört hatte, kannte er die Szene gut genug, um sich dem eigentlichen Zweck seines Kommens zuzuwenden. Er ging den Mittelgang hinunter und setzte sich sich neben die beiden Männer.

      Ein verblüfftes Raubvogelgesicht sah ihn an.

      „Wer, zum Teufel, sind Sie? Was wollen Sie hier?“

      „Ich kann Ihre Neugier verstehen!“ Joholte seine Lizenz heraus und hielt sie dem Mann hin. „Ich nehme an, Sie sind Mr. Joyce.“

      „Der bin ich“, sagte der Mann und wies auf seinen Nachbar. „Das hier ist mein Presseagent, Mr. Winternitz.“

      Mißtrauisch musterte der Theaterbesitzer den Besucher.

      „Wollen Sie mir einreden, Sie intereissieren sich für Kunst, Mr. Walker?“

      „Nicht nur. Ich interessiere mich auch für die Leute, die möglicherweise etwas mit dem Mord an John Baldon zu tun haben.“

      Wie ein Boxer beobachtete er die Wirkung seines Schlages.

      Joyce fixierte ihn kühl.

      „Ich schätze, da sind Sie an der falschen Adresse, Mister!“

      Wintemitz schaltete sich ein.

      „Ich schlage vor, wir besprechen das oben in Ihrem Büro, Mr. Joyce. Mr. Walker scheint der irrigen Ansicht zu sein, wir hätten etwas mit diesem Mord zu tun, und ich bin dafür, daß wir ihm diesen Irrtum ausreden.“

      „Einverstanden“, sagte Joyce und erhob sich.

      Sie verließen den Zuschauerraum und stiegen die Treppe empor. Das Büro von Joyce lag an der Vorderseite des Theaters, Die breiten Schiebefenster zeigten auf die Straße. Gegenüber konnte man das „Baldon“ sehen.

      „Nun, Mr. Walker, wie kommen Sie auf diese Schnapsidee?“

      Joe stellte sich ans Fenster Und sah hinüber zum „Baldon“.

      „Heute morgen“, sagte er, „wurde auf Bill Donelly ein Mordanschlag verübt. Er befand sich dort drüben. Sie können den Raum mit der zersplitterten Fensterscheibe von hier aus gut erkennen. Die, Kugel, die die Scheibe zerschlug, galt ihm, und sie wurde von hier aus abgefeuert!“

      Winternitz trat mit zusammengekniffenen Augen auf Walker zu.

      „Sind Sie wahnsinnig! Wollen Sie etwa behaupten, wir hätten auf Donelly geschossen?“

      „Lassen Sie den Revolver stecken“, sagte Walker ruhig. „Sie sind in den letzten Jahren etwas aus der Übung gekommen. “

      Er hielt plötzlich eine Automatic in der Hand. Widerstrebend