Mark Whiting

Deborah s schwarze Meister


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war ein einfaches, elegantes und sehr teures Appartement auf dem Russian Hill. Ein Mädchen der arbeitenden Klasse hätte sich dieses Appartement niemals leisten können, aber ihre Eltern hatten darauf bestanden, die Miete dafür zu bezahlen.

      „Treibe diese Sache mit dem Leben im Slum nicht zu weit“, hatte ihr Daddy gesagt. „Wenn du den ganzen Tag in irgendeinem muffigen Büro gearbeitet hast, wirst du froh sein, abends in eine nette Wohnung zurückkehren zu können.“

      Und er hatte recht. Deborah liebte diese friedliche Atmosphäre im exklusiven Russian-Hill-Bereich. Hier gab es keine Betrunkenen, keine Rauschgiftsüchtigen, keine Huren, keine Zuhälter oder Ganoven. Die schmalen und sehr gepflegten Straßen strahlten eine köstliche Ruhe aus, und die Häuser im viktorianischen Stil erinnerten beinahe an den Osten.

      Deborah machte die Wohnungstür hinter sich zu und seufzte erleichtert auf. Hier war sie endlich sicher vor all dem Wirrwarr und Lärm der Großstadt. Sicher in ihrer eigenen, kleinen, privaten Zitadelle. Sie verriegelte die Tür und warf sich auf die Couch.

      Deborah überließ sich ziemlich lange diesem wohligen Gefühl sanfter Benommenheit. Dann blickte sie auf die Uhr und begriff, daß ihr nur noch eine halbe Stunde Zeit blieb bis zu ihrer Verabredung. Sie ging ins Schlafzimmer und begann sich auszuziehen. Sie schlüpfte aus dem einfachen schwarzen Rock und legte die Bluse ab. Dann löste sie die Strümpfe von den Clips des Strumpfhalters und streifte sie langsam von den langen Beinen. Heutzutage trugen doch fast alle Mädchen Strumpfhosen. Warum zog sie eigentlich immer noch Strumpfhalter vor, die so häßliche rote Abdrücke auf der Haut hinterließen? Sie waren fraglos weniger bequem, aber ohne Strumpfgürtel kam sich Deborah einfach nicht richtig angezogen vor.

      Sie unterbrach das Ausziehen einen Moment, um ihre Beine zu inspizieren. Es waren feste, muskulöse Beine. Von ihrem sechsten Lebensjahr an bis zum College hatte sie Ballettunterricht genommen. Man hatte es so von ihr erwartet, und sie hatte es nie in Frage gestellt, obwohl ihr das Tanzen keinen Spaß gemacht hatte.

      Sie erhaschte einen Blick auf ihr Bild im Spiegel.

      Dieser Spiegel war im Appartement vorhanden gewesen. Sie hatte anfangs daran gedacht, ihn zu entfernen. Es war ihr irgendwie unschicklich, beinahe sündhaft vorgekommen, einen so großen, hohen Spiegel im Schlafzimmer zu haben. Er reichte vom Fußboden bis zur Decke. Man hatte ihr von kleinauf beigebracht, daß nur Narren sich mit ihrem eigenen Körper beschäftigen. Eitelkeit war eine Kardinalsünde, und Deborah konnte niemals ohne ein gewisses Schuldgefühl in diesen Spiegel sehen.

      Aber jetzt zwang sie sich dazu, ihr Spiegelbild einmal sehr gründlich zu studieren.

      Ihr Gesicht, stets so ernst und konzentriert, bildete einen beinahe lächerlichen Kontrast zu ihrem üppigen Körper. Sie langte nach hinten und löste ihr langes, kastanienbraunes Haar. Man hatte ihr schon oft geraten, doch das Haar lieber lang und lose zu tragen. Aber mit einer solchen Haartracht hätte sie sich kaum wohl gefühlt. Jetzt schauerte sie schuldbewußt zusammen, als sie sah, wie ihr Haar in all seiner Pracht über ihre nackten Schultern fiel.

      Dann langte sie wieder nach hinten, um den Verschluß ihres Büstenhalters zu öffnen.

      Ihre Brüste waren nicht gerade enorm, aber fest und wohlgeformt. Sie wippten anmutig, als sie vom Zwang des Büstenhalters befreit waren. Deborah schloß beide Hände um die hübschen Tittchen und begann sie sanft zu massieren. Ihre Haut war überall so blaß und milchweiß. Das war auch so eine Sache, die sie von den kalifornischen Mädchen unterschied. Jene waren fast durchweg sonnengebräunt und schienen selbst bei regnerischem Wetter ständig von der Sonne geküßt zu werden. Deborah vermutete, daß diese Mädchen bei langen Regenperioden wahrscheinlich Höhensonnen benutzten. Sie versuchte sich vorzustellen, lang ausgestreckt stundenlang unter einer Höhensonne zu liegen. Nein. Dieses Bild wollte einfach nicht zu ihr passen. Als sie splitternackt war, trat sie ganz dicht an den Spiegel heran. Sie musterte sich ein letztes Mal sehr gründlich.

      Der kleine Buschen ihres Schamhaares war von der gleichen Farbe wie ihr Kopfhaar. Ihre Brustwarzen waren steif und schimmerten rosig. Deborah spürte, wie hart und straff die Warzen gespannt waren. Sie langte noch oben und berührte sie flüchtig. Beinahe unbewußt griff sie mit Daumen und Zeigefinger danach und drückte sie ein wenig. Sie kniff leicht hinein. Ein Seufzer kam über ihre Lippen, und sie verspürte eine merkwürdige Hitze zwischen ihren Schenkeln, offensichtlich vom Befingern der Brustwarzen ausgelöst. Eine Hand wanderte über den flachen, nur ganz sanft gewölbten Leib nach unten und …

      „Was mache ich denn da?“ fragte sich Deborah laut, dann wandte sie dem Spiegel abrupt den Rücken zu.

      Als einige Zeit später die Türglocke läutete, trug Deborah bereits ein glänzendes, grünes Partykleid, durchsichtige Nylonstrümpfe und hochhackige Pumps. Ihr Haar fiel lose um die Schultern. Sie wußte, daß Bill es gern hatte, wenn sie ihr Haar lang über den Rücken hängen ließ. Warum also nicht? Schließlich hatte sie sich ja für ihn angezogen.

      Das Funkeln in seinen blauen Augen verriet ihr, daß sie ihm wirklich eine Freude damit bereitet hatte.

      „Hmhmmm … “, machte er anerkennend. „Du siehst wundervoll aus! Direkt zum Anbeißen!“ Er langte nach ihr, und sie gewährte ihm den üblichen Begrüßungskuß. Es war in jeder Hinsicht der Kuß eines Gentleman, dachte Deborah. Ein Kuß, wie er sich für einen jungen Gentleman wie Bill schickte. Und doch fühlte sie sich davon merkwürdig aufgewühlt. Um ihre Verwirrung zu verbergen, drehte sie sich rasch um und führte Bill in die Wohnung.

      „Nun, was soll’s heute abend sein?“ fragte er heiter. „Dinner im Klub? Oder möchtest du gern in einem dieser kleinen italienischen Restaurants am North Beach speisen?“

      Deborah gab einem plötzlichen Impuls nach.

      „Keins von beiden“, sagte sie. „Wir werden hierbleiben! Ich werde dir eine Mahlzeit zubereiten, die du nie mehr vergessen wirst.“

      „Also, wirklich!“ sagte er, und sein fröhlicher Gesichtsausdruck verschwand ein wenig. „Am Wochenende könntest du wenigstens darauf verzichten, das arbeitende Mädchen aus dem gemeinen Volk zu spielen! Das Image einer kleinen Hausfrau paßt nicht zu dir. Wirklich nicht!“

      Sie starrte ihn an und war plötzlich wütend auf ihn.

      „Es wäre doch mal ‘ne Abwechslung“, sagte sie in leisem, beherrschtem Tonfall. „Natürlich … wenn du lieber mit deinen Freunden Zusammensein möchtest … wenn du nicht mit mir allein bleiben willst …“

      „Natürlich will ich das!“ rief er und griff nach ihren Händen. „Ich möchte lieber mit dir als mit sonst jemandem auf der Welt Zusammensein! Es ist ja nur … nun, ich dachte eben, daß du nach einer Arbeitswoche in diesem Büro ganz gern wieder einmal standesgemäß ausgehen möchtest.“

      Sie blickte zu ihm empor und spürte, wie ihr Widerstand allmählich dahinschmolz. Mit diesem warmen Blick aus seinen klaren, blauen Augen könnte er weiß Gott Warzen wegzaubern, dachte sie und ärgerte sich gleichzeitig darüber, daß er solche Macht über sie hatte. Sie drehte sich um und ging in die Küche.

      „Ich muß ein paar Sachen auftauen“, sagte sie. „Du hast ja noch niemals meine Spezialität gekostet, nicht wahr? Aber es soll ja auch eine vollkommene Überraschung sein. Du darfst mir also dabei nicht Zusehen.

      Das wäre nicht fair. Du mußt warten, bis alles fix und fertig zubereitet ist.“

      So plauderte sie mit ihm, während sie sich in der Gefriertruhe nach einer passenden Fertigmahlzeit umsah. Sie wollte für eine Weile allein sein. Sie wollte sich auf eine so einfache, methodische Sache wie Kochen konzentrieren. Sie wollte jetzt weder an Bill noch ans Büro denken. Sie wollte überhaupt nicht denken … an nichts … an niemanden.

      Das Essen war fertig. Der Tisch war gedeckt. Die beiden jungen Leute langten mit gesundem Appetit zu. „Köstlich!“ sagte Bill. „Wirklich, einfach köstlich! Du mußt mir unbedingt das Rezept geben, damit ich es unserer Köchin nach unserer Hochzeit geben kann.“ „Aber es macht mir viel Spaß, selbst zu kochen.“ „Natürlich darfst du auch selbst kochen. Ab und zu. Aber bestimmt nicht immer. Niemand kocht doch heutzutage