Stefan Jürgens

Von der Magie zur Mystik


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      Stefan Jürgens

      Von der Magie zur Mystik

      Der Weg zur Freiheit im Glauben

      Patmos Verlag

      Inhalt

       Vorwort

       Von Kindern und Zwergen

       Geistliche Entwicklung in der Bibel

       Erfahrung und Deutung

       Altes Testament

       Neues Testament

       Negative Theologie: die analoge Rede von Gott

       Entwicklung im Alten Testament

       Entwicklung im Neuen Testament

       Was den Kinder- vom Erwachsenenglauben unterscheidet

       Beten und Bitten

       Sakramente und Sakramentalien

       Religion versus Glauben

       Engel und Schutzengel

       Teufel und Dämonen

       Himmel oder Hölle

       Maria mit dem Kinde lieb

       Magische Orte und heilige Zeiten

       Zeichen und Wunder

       Ursachen für das Verharren im Kinderglauben

       Misstrauen und Minderwertigkeitsgefühl

       Fehlende Reflexionsbereitschaft

       Klerikalismus

       Wege zum erwachsenen Glauben

       Spiritualität und Identität

       Pastorale Wegmarken

       Es geht um Freiheit

       Kindlich, nicht kindisch

       Österlich leben

       Buße und Beichte

       Hierarchie

       Kontemplation

       Das Beispiel Bonhoeffer

       Konkrete Schritte

       Einladung

       Über den Autor

       Über das Buch

       Impressum

       Hinweise des Verlags

      

      Vorwort

      Das Thema »Von der Magie zur Mystik« zieht sich wie ein roter Faden durch mein seelsorgliches Handeln. Bereits die Glaubens- und Kirchenerfahrung meiner Kindheit und Jugend war davon geprägt. Ich habe Menschen erlebt, getaufte Christinnen und Christen, die im Glauben nicht reifen konnten, die zeit­lebens in religiösen Kinderschuhen steckten und deshalb an magischen, meistens angstbesetzten Vorstellungen hingen, ja, diese sogar vehement als den angeblich wahren Glauben verteidigten. Seitens der Gemeindeleitung wurde wenig dagegen unternommen, da die kirchlichen Machtstrukturen auf Autorität und Gehorsam angelegt waren.

      Erst während des Theologiestudiums bin ich meinem eigenen Kinderglauben entwachsen. Bei einer Vorlesung über den Römerbrief des Apostels Paulus ist mir aufgegangen: Gott liebt mich nicht, weil ich gut bin, sondern weil er gut ist. Mit einem Mal ist mir klargeworden, dass mein kindlicher Glaube nicht nur naiv und magisch, sondern auch eine finstere Leistungs­religion gewesen war. Hatte ich bei meinen Eltern gelernt, lieb und artig zu sein, so war die Religiosität meiner Heimatpfarrei darauf angelegt, Gott – oder wen man dafür hielt – durch fromme Leistung gnädig zu stimmen. Ich wurde zu Hause mit unendlicher Geborgenheit beschenkt, wodurch ein starkes Urvertrauen entstehen und sich mein Glaube trotz eines gewissen Jesus-Defizits entwickeln konnte. Dieses Defizit bestand darin, dass der Gott meiner Kindertage im Grunde genommen eine Schutzgottheit war, »Herrgott« genannt, der gemeinsam mit dem »lieben Heiland« die Aufgabe hatte, angepasstes Verhalten mit persönlichen Vorteilen zu vergelten. In der Pfarrei glaubte man ebenfalls nicht an Jesus Christus und die befreiende ­Botschaft seines Evangeliums, sondern an die Autorität des Pfarrers.

      In 25 Jahren seelsorglicher Praxis ist mir bei vielen Menschen nur wenig Glaube begegnet, dafür aber viel Magie; wenig Gottvertrauen, dafür aber viel Angst; wenig Entwicklung, dafür aber viel Tradition. Ich behaupte, stets die frohe Botschaft, das Evangelium, gepredigt zu haben; dennoch entdecke ich gerade bei vielen älteren Menschen ein Bestehen auf der alten Angst, ein Verharren in kindlich-naiven Vorstellungen von der Bibel, den Sakramenten und der Kirche. Selbst junge Menschen, die ansonsten mitten im Leben stehen, beharren auf magischen, geradezu grotesken Ansichten. Theologische Aufklärung jedenfalls wird immer noch scharf bekämpft, ja, die gesamte Theologie steht bei vielen Christen unter dem Generalverdacht der Häresie. Wer beispielsweise die Bibel historisch-kritisch auslegt, gilt oftmals als nicht fromm genug,