allem: Schaffung des in Phylen und deren Unterteile gegliederten (s.o.) Heeres, um dem chronischen Kriegszustand gewachsen zu sein, der nach dem hellenischen Völkerrecht (welches den »ewigen« Frieden zwischen nicht verbündeten Städten nicht kennt und, mit Hinweis auf die religiöse Gefährlichkeit von Eidschwüren für die Ewigkeit, ablehnt) seit dieser Zeit als Normalzustand gilt. Der Synoikismos bedeutet nicht notwendig das absolute Aufgeben jeder Landsässigkeit, wohl aber die Ansässigkeit auch und in erster Linie in der Stadt, als dem politischen Zentrum. Sicher sehr früh sind auch die später regelmäßigen Stapel- und andere Handelsregulierungen damit kombiniert. Denn neben dem politischen wird die Stadt ökonomisches Zentrum: Markt. Von der Pharaonen- bis zur römischen Kaiserzeit ist die Konstituierung eines »Marktes« Souveränitätsrecht. Und wir im Mittelalter, so ist auch im Altertum nicht nur die Stadt, wohl aber jede Stadt ein Markt. Wir lernten die entwickelte Tauschtechnik des Orients bei fehlender Münzprägung kennen. Erwiesenermaßen sind die Hellenen Jahrhunderte vor den ersten staatlichen Münzprägunggen ebenso ein Aktivhandel treibendes Volk geworden wie die Phönikier. Dennoch ist es schwerlich ohne Bedeutung gewesen, daß sie alsdann die ersten waren, sich jene Erfindung voll zunutze zu machen. Denn immerhin dürfte ihre Ueberlegenheit gegenüber den Phönikiern im Handel wohl zweifellos durch die mehrere Jahrhunderte frühere Verwendung der Münze wesentlich gesteigert worden sein. (Karthagos Münzprägung beginnt erst im Interesse seiner militärischen Neuorganisation: – Soldheer –, welche die Aera seiner großen Eroberungen einleitet; der alten vorderasiatischen münzlosen Tauschtechnik entsprach die alte phönikische Faktoreikolonisation.) Aber die geldwirtschaftliche Entwicklung im Innern mit ihren Konsequenzen ist auch in Hellas älter als die Münzerfindung (7. Jahrh.), wurde durch sie nur verstärkt. Längst war neben den extensiven internationalen Verkehr der intensive lokale Markt getreten. Der »δημιουργός«, d.h. auf gewerblichem Gebiet (s. oben): der »für das Volk«, d.h. für jeden, der sein Kunde werden will, nicht nur (als »αὐτοῦργος«) im Hausfleiß für den Eigenbedarf oder in Robot für seinen Fronherrn, arbeitende Berufshandwerker, der »Lohnwerker« der Bücherschen Terminologie, vervielfacht und spezialisiert sich. Die wachsende Schicht der als Aktivhändler am überseeischen Verkehr Beteiligten verbreitet die im Orient seit langem gepflegten und von dort übernommenen kapitalistischen Formen des Verkehrs; im Binnenverkehr dringt mit der Münze die geldwirtschaftliche Bedarfsdeckung stetig vor. Und mit alledem ist die Voraussetzung steigender lokaler landwirtschaftlicher – bäuerlicher – Absatzproduktion gegeben: die einzelnen Komponenten der »Stadtwirtschaft« sind also vorhanden. Allerdings nur in den Anfängen und mit feudalen Zügen vermischt. Als Wehrgemeinde herrscht die Polis – d.h. der in ihr »zusammengesiedelte« Kriegsadel – zunächst ganz ebenso über das Land wie vordem die Burgenkönige. Allein die Entwicklung der Absatzchancen der Landwirtschaft einerseits, die Aenderung der militärischen Technik andererseits erweiterte den Kreis derjenigen Grundbesitzer, welche ökonomisch zur Teilnahme am gepanzerten Kriegsdienst fähig waren; und die stete Bedrohung von außen zwang dazu, die Wehrkraft aller zur Selbstequipierung und Kriegsübung ökonomisch fähigen Schichten auch heranzuziehen. Der Charakter der Stadt bleibt dabei ein sehr verschiedener, je nach dem Maß der Demokratisierung des Militarismus. Wo der Waffendienst vornehmlich Reiterdienst blieb, ist es natürlich auch eine relativ dünne Schicht großer Grundherren, welche im Binnenland – so in Thessalien – die Bevölkerung in strenger Hörigkeit halten; und auch in Attika beherrschten sie die Stadt, solange die Reiterei militärisch etwas bedeutete. Aber auch wo die Entwicklung der Militärtechnik, wie im historischen Hellas durchweg, den Schwerpunkt auf die diszipliniert zu Fuß schwerbewaffnet in Reih und Glied streitenden einexerzierten Hopliten rückt: – in der Zeit der Perserkriege ist die Reiterei gänzlich verschwunden –, ist die Zahl der Vollbürgergeschlechter sehr oft klein, wenige Hunderte oder »die Tausende« – d.h. die tausend Reichsten – umfassend. Die Zahl der Ratsbürgerstellen ist mehrfach kontingentiert und ergänzt sich evtl. durch Kooptation, die Söhne rücken in diesem Fall – wie die Meistersöhne in einer Zunft – ein, die älteren vor den jüngeren. Und da der Waffendienst zunftartig auf der Selbstequipierung der dazu ökonomisch fähigen ansässigen Bürger ruht, so projiziert sich dies naturgemäß auf den Bodenbesitz der Zunftgenossen als der Unterlage jener ökonomischen Qualifikation, gerade mit der Ausbreitung der Wehrgemeinde. Hesiodos' Vater kam aus Kyme nach Boiotien, erwarb sein kleines Vermögen zur See und siedelte sich dann am Helikon als Bauer mit Grundbesitz an: ein Zustand der privatrechtlichen, speziell bodenrechtlichen Freizügigkeit, den man mit der späteren zünftigen Bürgerrechts- und Bodenpolitik der Demokratie vergleichen muß, um die Zunahme der Bindung von Besitz und Person zu erkennen. Und ebenso schwindet der alte vagierende ritterliche Ministeriale der homerischen Zeit zunehmend zugunsten des lokal geschlossenen Polisadels.
Wir finden die in jener Epoche entstandene Gebundenheit desjenigen Bodens, welcher den Besitz der die politische Macht usurpierenden Kriegerzunft ausmacht – der πρῶτοι oder παλαιοὶ κλῆροι, ἀρχαία μοῖρα des Aristoteles – in den mannigfachsten Spuren noch in historischer Zeit. Zunächst besteht das Vorzugsrecht der Söhne vor den Töchtern im Land- und zuweilen auch im Herdenbesitz, beschwert nur mit der Pflicht der Ausstattung. Nach dem Recht von Gortyn erhalten die Söhne die Stadtgrundstücke als Träger der politischen Rechte vorweg. In Ermangelung von Söhnen bestand überall auf die Hand der Erbtochter (ἐπίκληρος) ein nach Art der Erbfolgeordnungen fest geregelter sukzessiver Anspruch bestimmter agnatischer Verwandten, der teilweise selbst eine schon bestehende Ehe derselben brach, und dem ursprünglich (wie beim jüdischen Levirat) sicherlich die entsprechende Pflicht, – später zuweilen (z.B. in Athen) durch eine evtl. Ausstattungsverpflichtung ersetzt, – korrespondierte. Die Vergebung der Erbtochter und damit des κλῆρος war eine militärisch wichtige, also öffentliche, Angelegenheit, mangels berechtigter Verwandter Sache des Magistrats (in Sparta des Königs). Der κλῆρος war, im Interesse der Erhaltung standesgemäßer Kriegerlose, jedenfalls in den dorischen spezifischen Militärstaaten, aber auch außerhalb derselben sehr häufig, weder teilbar noch veräußerlich – so z.B. in der im 7. Jahrh. gegründeten Kolonie Leukas noch bis in späte Zeit – oder doch in beiden Beziehungen beschränkt. Dies militaristische Grundbesitzrecht steht durchaus im Gegensatz zu dem gemeinhellenischen Bodenrecht. Denn in der homerischen und hesiodeischen Zeit ist gleiche Teilung in natura die Regel. Ein Vorzug des Aeltesten war nicht bekannt. [Dunkle Erinnerungen an älteste Zustände: – hauspriesterlich bedingte patriarchale Stellung des Aeltesten – könnten darin liegen, daß Iris den Poseidon, der sich gegen Zeus auf eben jenen gemeinhellenischen Grundsatz beruft, darauf verweist, daß die Erinnyen auf Seite des älteren Bruders stehen]. Jedenfalls mußte die Gebundenheit des κλῆρος praktisch wie eine gesetzliche Anerbenfolge wirken und den Zusammenhalt großer Hausgemeinschaften fördern, andererseits soll sie wenigstens in Sparta Kinderbeschränkung und selbst Vielmännerei (d.h. gemeinsamen Besitz eines Weibes – schwerlich ein »Rest ältester Zustände«, wie E. Meyer glaubt) im Gefolge gehabt haben. Das Testament besteht in Athen erst seit Solon, in Sparta erst seit dem peloponnesischen Kriege und diente ursprünglich wohl wesentlich dem Zwecke der Adoption um der Erhaltung des wehrhaften Geschlechts und des Grabkultus willen. – Ob jene Gebundenheit der Kriegerlose jemals überall als rechtliche Bindung bestanden hat, muß dahingestellt bleiben: die Standessitte, deren Nachwirkungen wir in der späteren ethischen Mißbilligung des Verkaufs ererbter Güter sehen, konnte genügen. Immerhin wird beschränkte Veräußerlichkeit des κλῆρος z.B. für Elis und Theben (Philolaos), Gleichheit der Lose für Argos (Pheidon) erwähnt.
Die ökonomische Unterlage der Kriegerzunft konnte im einzelnen sehr verschiedenartig aussehen. Sie ist am konsequentesten unter rein militärischen Interessen durchgeführt, wo sie naturalwirtschaftlich gestaltet ist, wie in manchen dorischen Militärstaaten, speziell auf den liparischen Inseln, auf Kreta und vor allem: in Sparta. Die beherrschte Bevölkerung wird hier als in Staatssklaverei bzw. -Hörigkeit befindlich behandelt, aus ihren Naturalbeiträgen wird der Unterhalt der Krieger bestritten, teils in gleich zu erwähnender Art gemeinwirtschaftlich, teils so, daß der Einzelne auf den Ertrag bestimmter, von Sklaven bewirtschafteter Landflächen angewiesen ist, die ihm in verschiedenem Maße,