Kai Hirdt

Perry Rhodan 3095: Unterhaltung mit einem Monster


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sagte Kudesse.

      »Was?«

      »Cairaner«, wiederholte die Legatin. Es war also doch nicht die Müdigkeit, die Sturu einen Streich gespielt hatte. »Terroristen wollten in die Legatur eindringen und mich absetzen.«

      Sturu hob ratlos die Hände. Was sollte daran wichtig sein, von höherer Warte aus betrachtet? »Ins Gefängnis mit ihnen.«

      »Das habe ich befohlen«, versicherte Kudesse. »Nur gibt es seitdem nur noch mehr Aufständische. Und meine Ordnungskräfte verhalten sich auffallend passiv. Sie setzen meine Anordnungen nicht mit der nötigen Härte durch.«

      Sturu zögerte. Das klang allmählich nach einem relevanten Problem. »Was ist das Problem? Welche Forderungen wurden gestellt?«

      »Die Aufrührer protestieren gegen die Versetzung von Tschirmayn in den Leerraum und fordern den Rücktransport.«

      Sturu seufzte. Tschirmayn also. Wen interessierte diese Arkonidenwelt überhaupt? Die Arkoniden hatten den Cairanischen Friedensbund schwächen wollen. Also hatte man eine ihrer Hauptwelten ins Nichts versetzt, wo sie sonnenlos auskühlen und sterben durfte.

      Eigentlich nur naheliegend. Doch Teile der Bevölkerung sahen das anders. Sturu bereute, dass er diesem Vorschlag seiner Amtskollegin zugestimmt hatte. Die Strafaktion machte ihnen inzwischen mehr Schwierigkeiten, als sie gelöst hatte.

      Wie umgehen mit dem Dilemma? Sturu schloss die Augen, legte die Gespürhände aneinander und barg sie in den Außenhänden.

      »Konsul ...«

      »Still.«

      Sturu überlegte. Die Ereignisse strebten auf ihre Vollendung hin. Der Tag des Trajekts rückte näher. Doch zugleich entglitt den Cairanern immer mehr die Kontrolle über die Geschehnisse. Wollten sie Chaos überwinden, das Perry Rhodan und seine Gefährten anrichteten, brauchten sie den vollständigen Einsatz aller Ressourcen. Es durfte nicht sein, dass Teile der Bevölkerung – Teile der Sicherheitskräfte sogar – Anweisungen infrage stellten. Jede Verzögerung, jede Nachlässigkeit bedeutete eine Gefahr für das große Ziel, das nach so vielen Jahrhunderten in greifbare Nähe gerückt war.

      Insbesondere wenn Gihad betroffen war. Dort stand die Hauptsteuerstation für die Lichtschleusen. Fiel sie in die Hand von subversiven Elementen, konnten diese jeden beliebigen Feind ins Sternenrad einlassen. Und davon tummelten sich gerade jede Menge außerhalb des Weißen Schirms. Mehr als 30.000 Schiffe der Arkoniden, Terraner, Gataser, Haluter und Posbis warteten nur darauf, die Cairaner in einen Vernichtungskampf zu zwingen.

      »Ich schicke dir einige Schiffe«, sagte er. »Ein kleines Kontingent mit, sagen wir, dreißigtausend Raumsoldaten. Kannst du damit für Ordnung sorgen?«

      Kudesse bestätigte.

      Sturu beendete die Verbindung und kommandierte zehn Augenraumer nach Gihad. Es tat ihm in der Seele weh, diese Befehle zu geben. Cairaner gegen Cairaner – das sollte nicht geschehen.

      Erstens überhaupt nicht. Und zweitens nicht im Sternenrad, im Herzen des Cairanischen Friedensbundes. Er verfluchte die Aufständischen dafür, dass sie ihn zwangen, sie zu bestrafen.

      Zurück zu der Suche nach Rhodan! Als sich Sturu gerade wieder den aktuellen Meldungen widmen wollte, ließ ihn eine Ahnung innehalten. Er leitete die Geschicke seines Volkes lang genug, um zu wissen, dass die Dummen und Unzufriedenen nicht nur auf einem Planeten, in einer einzelnen Stadt lauerten. Sie waren allgegenwärtig.

      Er konfigurierte eine Filterroutine und stellte fest, dass sich allein fünf Meldungen aus den letzten drei Stunden um ähnliche Sachverhalte drehten. Nicht nur auf Gihad war es zu gewaltsamen Protesten gekommen. Der Unmut über Tschirmayn drohte zum Flächenbrand zu werden.

      Das durfte nicht geschehen. Ataidse Sturu drehte den Kopf und sah aus einem Fenster des Konsulatsturms hinüber zu den drei fernen, düsteren Säulen des Großen Panarchivs.

      Er kontaktierte seinen Adjutanten, der irgendwo im Konsulatspalast die zahllosen Gesprächsanfragen in wichtige und vernachlässigbare vorsortierte. »Ich will Unapeshe sprechen«, ordnete er an. »Sofort.«

      *

      Borgusd Unapeshe ließ Sturu warten. Seit man ihn zum Leiter des Geheimdienstes gemacht hatte, vergaß er zunehmend seinen Platz in der Ordnung der Dinge.

      Irgendwann würde Sturu sich dieses Problems annehmen. Aber das hatte Zeit, bis das Trajekt abgeschlossen war. Bis dahin hatte der Mann noch eine Aufgabe zu erfüllen.

      Wenn er ihr denn gewachsen war. »Warum hat das Panarchiv nicht vor dem Aufstand auf Gihad gewarnt?«, fragte Sturu in kühler Ruhe.

      Unapeshe hatte einst Zugang zu einer Vitaltränke erhalten. Mit seinen gerade 200 Jahren hätte er also wie das blühende Leben aussehen sollen. Doch er war so dürr, dass seine Haut sich über den Schädel spannte. Die Augen lagen tief in den Höhlen; der goldene Schimmer der Haut war dort ganz in Dunkelheit verborgen.

      Selbst einem erfahrenen Diplomaten wie Sturu fiel es schwer, aus der Beobachtung dieses Gegenübers Informationen zu gewinnen – insbesondere weil der Chenmaan hinter dem Geheimdienstler ihn fortwährend irritierte. Das Tier mit dem armlangen Körper und den vier glitzernden, surrenden Flügeln umschwirrte Unapeshe als stetiger Begleiter.

      Sturu hätte das wahnsinnig gemacht. Doch Unapeshe bemerkte es anscheinend gar nicht. »Ich habe dich gewarnt«, behaupte er ungerührt.

      »Ich kenne keinen entsprechenden Bericht.«

      »Es gibt keinen«, begründete der Agent. »Wie auch? Die Bewegung auf Gihad ist neu, also gab es nichts zu warnen. Ich habe dich aber ausdrücklich gewarnt, dass die Strafversetzung eines ganzen Planeten exzessiv ist. Und damit unpopulär bis hin zum offenen Widerstand.«

      Sturu erinnerte sich. Er hatte den Einwand abgetan. Die Aktion war in der Tat extrem gewesen, aber sie war zum Besten der Sternenradbevölkerung. Nur dass diese es offensichtlich nicht verstand.

      »Tschirmayn war vielleicht ein Fehler«, gestand er widerwillig ein. »Eine schlechte Idee von Tainatin.«

      »Offenkundig trägt deine Amtskollegin die Schuld. Wer sonst?«

      Sturu witterte Ironie in Unapeshes Worten. Sicher war er, als der Agent weitersprach: »Schade, dass du den Beschluss ebenfalls unterzeichnet hast.«

      »Zurück zum Thema!«, mahnte Sturu. »Die Unruhen auf Gihad kommen zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. Wie können wir ...«

      »Sie kommen zum einzig möglichen Zeitpunkt«, unterbrach Unapeshe. »Hast du meine Warnung damals überhaupt gelesen?«

      Er startete ein Holo, das sich sowohl vor seinem als auch vor Sturus Gesicht aufbaute. Der Friedensgedanke ist so tief in der cairanischen Psyche verwurzelt, dass ein kriegerischer Akt – und als solcher kann die Strafversetzung eines ganzen Planeten betrachtet werden – zu kollektivem Entsetzen führen kann. Die möglichen Konsequenzen sind latente Ablehnung des Regierungshandelns und nachlassender Einsatz bei der Befehlsbefolgung. Dies bereitet den Boden für konkretere Gefahren: Jedweder Auslöser kann zu dezentralen Widerstandsbewegungen führen, die nicht notwendiger-, aber möglicherweise kritische Infrastruktur des Sternenrads oder des Trajekts als Ziel wählen.

      »Der Durchbruch der Terraner«, erklang Unapeshes Stimme durch die Darstellung, »war dieser Auslöser.«

      »Du hast also gewarnt, dass irgendwann, irgendwo aus irgendeinem Grund jemand unzufrieden werden könnte«, stellte Sturu fest. »Exzellente Arbeit. Geht es noch konkreter? Wer steckt hinter dem Widerstand, wie halten wir ihn auf?«

      »Geheimdienstarbeit braucht Zeit«, sagte Unapeshe mit enervierender Ruhe. »Das Einschleusen von Spionen und Rekrutieren von Informanten dauert Jahre. Wie soll das gelingen bei einer Gruppe, die sich erst vor wenigen Wochen gefunden hat?«

      »Mit anderen Worten: Du hast das Problem nicht rechtzeitig erkannt, und ich muss es nun lösen.«

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