Kai Hirdt

Perry Rhodan 3095: Unterhaltung mit einem Monster


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»Was hast du vor?«

      »Bis zum Abschluss des Trajekts lasse ich keine Komplikationen zu«, antwortete der Konsul. »Ich muss ein Exempel statuieren, das jede Lust auf Widerstand im Keim erstickt.«

      Nun zeigte sich ein goldener Schimmer in den dunklen Tiefen von Unapeshes Augenhöhlen. »Was hast du vor?«, wiederholte er.

      »Truppen auf Gihad.«

      Der Schimmer erlosch. Unapeshe schwieg.

      »Was?«, fuhr Sturu ihn an. Es war das erste Mal in dem Gespräch, dass seine Gereiztheit sich in seinem Tonfall niederschlug.

      »Du willst einen Fehler mit einem größeren Fehler korrigieren«, sinnierte der Geheimdienstler. »Das Problem auf Gihad ist: Die örtlichen Sicherheitskräfte stehen hinter den Aufständischen. Wer sagt dir, dass es bei den Soldaten nicht ebenso ist?«

      Ärger brodelte in Sturu hoch und vertrieb den letzten Rest von Mattigkeit.

      Unapeshe fuhr unbeeindruckt fort. »Möglicherweise bringst du gut ausgerüstete und gut ausgebildete Kämpfer dazu, sich den Zivilisten anzuschließen.«

      Nachdem er fertig war, schwieg Unapeshe erwartungsvoll.

      Der Konsul rang seinen Ärger nieder und dachte nach. Lange. »Gut«, sagte er schließlich. »Kein Militär auf Gihad. Jedenfalls nicht wie geplant. Aber wir müssen trotzdem etwas gegen diese Widerständler tun.« Seinen Ärger hatte er im Griff, aber er musste feststellen, dass dafür nun Verzweiflung von ihm Besitz ergreifen wollte. »Unsere Leute müssen verstehen, wer da eingedrungen ist. Das ist Perry Rhodan! Er gefährdet das Trajekt, unser Volk, unsere ganze Zukunft! Mach den Aufständischen klar, dass sie ihre Hoffnung auf ein Monster setzen!«

      »Du forderst eine Desinformationskampagne?«, vergewisserte sich Unapeshe.

      »Nein, eine Informationskampagne«, korrigierte Sturu. »Rhodan ist gefährlich.«

      »Unsere Datenbanken sind voll von entsetzlichen Geschichten über ihn. Sie sind allesamt ausgedacht«, merkte der Agent an. »Ich zweifle, ob sich davon jemand täuschen lässt.«

      »Ich gewinne den Eindruck, du willst unsere Probleme gar nicht lösen«, sagte der Konsul scharf. »Darf ich dich erinnern, dass du geschworen hast, Schaden vom cairanischen Volk abzuwenden?«

      »Ich handle nach Fakten, nicht nach Wünschen«, versetzte der Agent. »Das hilft bei der Erfüllung dieses Eides.«

      »Tu, was ich dir befehle!« Wütend beendete der Konsul das Gespräch.

      *

      So renitent Unapeshe war: In manchem hatte er recht. Konsul Sturu änderte den Befehl für die Soldaten, die auf Gihad niedergehen würden. Sie würden nicht die Aufstände niederschlagen, sondern publikumswirksam eine Legatin verhaften, die Sicherheitskräfte gegen das eigene Volk eingesetzt hatte. Das würde die Lage für Erste befrieden, lange genug, bis das Problem Rhodan gelöst war.

      Noch während er den Befehl abfasste, blinkt das nächste violette Warnlicht auf. Mit Prioritätskennzeichen.

      Sturu nahm das Gespräch gereizt entgegen. »Ja?«

      »Wir wissen, wo Rhodan ist!«, meldete sein Adjutant.

      Die Müdigkeit kehrte schlagartig zurück. »Das nächste unklare Ortungsergebnis, das nur einen einzigen, völlig unwiderlegbaren Schluss zulässt?« Er hob seinen Becher mit dem inzwischen abgekühlten Sud an die Lippen.

      »Nein«, sagte sein Helfer verwirrt. »Ein Bericht von Legatin Noinolidse. Sie hat mit ihm gesprochen.«

      Bedächtig stellte Sturu den Becher zurück. »Sag das noch einmal.«

      2.

      Dupa Emuladsu stand in der Zentrale der RAS TSCHUBAI und starb innerlich.

      Der Mensch Perry Rhodan war ins Sternenrad eingedrungen. Er hatte ein Ding der Unmöglichkeit vollbracht und den Weißen Schirm durchbrochen.

      Rhodans Helfer hatten Emuladsus Sohn Aipu aus den Fängen der cairanischen Regierung befreit und an Bord der RAS TSCHUBAI gebracht.

      Nach diesen zwei eigentlich undenkbaren Ereignissen hatte sie alle Hoffnung auf die Terraner gesetzt. Der Glaube an ihn hatte ihr den Mut gegeben, Purai Noinolidse über den Mund zu fahren, der Legatin des Planeten Ghibona. Sie hatte von Noinolidse verlangt, mit Konsul Sturu zu sprechen – dem Mann, der für Aipus Entführung verantwortlich war und höchstwahrscheinlich auch für das Verschwinden ihrer sieben anderen Kinder.

      Mit Rhodan im Rücken war sie sich für einen Moment unbesiegbar vorgekommen. Doch nun zeigte sich: Der Terraner hatte nicht einmal den Anflug eines Plans!

      Die RAS TSCHUBAI war entdeckt. 10.000 cairanische Kampfschiffe warteten nur auf Befehl und Gelegenheit, sie zu zerstören. Rhodans Konterplan war gewesen, die Lichtschleusen im Weißen Schirm zu öffnen und Verstärkung ins Sternenrad zu lassen – aber ohne jede Ahnung, wie er das bewerkstelligen sollte.

      So stand sein Schiff allein gegen die erdrückende Übermacht, ohne eine Idee, ohne Chance, ohne Hoffnung. Rhodans Terraner und Emuladsu selbst, sie war sich ihres Anteils der Schuld voll bewusst, hatten Aipus Leben nicht gerettet, sondern beendet. Entweder ihr Sohn starb bei der Zerstörung des Schiffs, oder nach dessen Eroberung auf dem Planeten Ghibona, im Hyperschub-Dom des Sternenrads.

      Das war das Schicksal, das Sturu ihm von Beginn an zugedacht hatte. Die Flucht und die Zusammenarbeit mit den Terranern hatten daran nichts geändert, sondern alles nur noch schlimmer gemacht: Emuladsu hatte das Leben ihrer sieben verschollenen Kinder wahrscheinlich gleich mitzerstört.

      Dass sie selbst bei dem Angriff auf die RAS TSCHUBAI umkommen würde, fiel schon gar nicht mehr ins Gewicht.

      »Wir werden hier sterben«, sagte sie leise. Es war keine Anklage, nur eine Feststellung.

      »Werden wir nicht.«

      Emuladsu war überrascht, dass Rhodan sie überhaupt gehört hatte. Sie drehte sich langsam zu ihm. »Warum glaubst du das? Gibt es einen Grund zur Hoffnung? Einen nachvollziehbaren?«

      »Erfahrung«, sagte Rhodan. »Die Lage ist heikel, ja. Aber dass die Legatin deine Gesprächsbitte an den Konsul weitergeleitet hat, ist ein gutes Zeichen.«

      »Du willst mit dem Mann verhandeln, der meinen Sohn zum Tod verurteilt hat.«

      »Dein Sohn lebt.«

      »Er lebt noch. Und meine anderen sieben Kinder habe ich bei seiner Rettung verloren.«

      »Was wir vielleicht hätten verhindern können, wenn du uns vor dem Risiko gewarnt hättest. Aber zugegeben: Dafür brauchen wir noch eine Lösung. Wir werden eine finden.«

      Emuladsu lachte bitter. Schöne Worte, aber nach wie vor kein Plan. »Was tun wir also?«, fragte sie.

      »Wir warten«, antwortete Rhodan.

      »Worauf?«

      »Auf eine Idee. Oder eine Gelegenheit«, sagte er leichthin. »Früher oder später stellt sich immer eine ein.«

      Emuladsu senkte den Blick und gedachte ihrer Familie, die sie nie wieder zu Gesicht bekommen würde.

      3.

      »Er hat ein Raumschiff auf meinen Planeten abstürzen lassen!«, ereiferte sich Legatin Purai Noinolidse.

      Das passte zu Sturus Bild von Rhodan. In völliger Rücksichtslosigkeit verfolgte der Terraner seine Ziele. Er hatte den jungen Cairaner Aipu Emuladsu entführen lassen, zum zweiten Mal bereits. Wer dabei litt, wer dabei starb – das war den Terranern völlig egal.

      Rhodans Arroganz zeigte sich auch darin, dass er das Gespräch mit Noinolidse verweigerte. Er wollte mit niemand Geringerem als Ataidse Sturu selbst sprechen.

      Das war gleich in mehrfacher Hinsicht ein Fehler. Rhodan bestand