Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Der Teufel in der Stadt der Engel


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aus ihm geworden ist“, sagte der eine. Er wandte sich an Captain Ballister. „Tun Ihre Leute alles, um die Leiche zu finden?“

      Der Captain schob grimmig das Kinn vor.

      „Der San-Louis-Obisko ist schließlich kein großer Fluß, Gentlemen. Die Strömung hat die Leiche vielleicht ein paar hundert Meter mitgenommen, mehr bestimmt nicht, weil dann ein eiserner Rechen kommt und der Fluß unterirdisch weiter durch die Stadt läuft. Es kann nicht mehr lange dauern, bis sie ihn finden.“

      Sullivan platzte heraus: „Was ist eigentlich los? War der Bursche so ein großer Ganove?“

      „Schlimmer als das“, sagte der Captain. „Es ist Teddy Rodgers, der Neffe von Henry Rodgers II.“

      „Dem Textilkönig?“

      „Genau!“

      „Well, das verstehe ich nicht. Die Rodgers sind doch so ziemlich die feinsten Leute hier am Platze. Eine Familie mit einem alten Namen und viel Zaster.“

      „Trotzdem müssen wir genau wissen, was aus Teddy geworden ist“, sagte der Captain.

      „Warum?“

      Einer der FBI-Agenten mischte sich ein.

      „Teddy war geisteskrank. Er ist vor einer Woche aus einer geschlossenen Anstalt in Oregon geflohen. Seitdem verfolgen wir seine Spur.“

      „Geisteskrank?“ stotterte Sullivan. „Das heißt, er ist gefährlich? Ein Rodgers?“

      „Erraten! Sie haben Glück gehabt, Sergeant, daß er keine Schußwaffe bei sich hatte. Die Ärzte bezeichnen Teddy als einen äußerst gefährlichen Burschen, der sinnlos und brutal zuschlägt. Jetzt verstehen Sie, warum wir wissen müssen, was aus ihm geworden ist. Sollte er nämlich zufällig noch herumlaufen, wäre er eine ziemliche Gefahr für seine Umwelt.“

      „Allerdings!“

      „Noch etwas“, sagte Ballister. „Kein Wort, an die Presse, klar? Diese Geschichte darf erst an die Öffentlichkeit, wenn sie restlos aufgeklärt ist.“

      Das sollte jedoch nicht so schnell geschehen.

      *

      Henry Rodgers II verlebte einen unruhigen Abend. Seit einer Woche schlief er nicht mehr gut, genauer, seit dem Tag, an dem man ihm mitgeteilt hatte, daß Teddy aus der Anstalt ausgebrochen war. Seitdem ließ er sich zweimal täglich mit dem FBI verbinden und erkundigte sich nach dem Stand der Fahndung.

      Die heutige Nachricht hatte ihn schwer getroffen.

      „Eine rätselhafte Sache“, hatte der FBI-Agent am Telefon gesagt. „Es gibt mindestens fünfzig Zeugen, die gesehen haben wollen, wie er mit einem gestohlenen Wagen in den Obisko-River stürzte. Aber es ist unmöglich, seine Leiche zu finden,“

      Henry Rodgers hatte zu wenig Familiensinn, um sich über diese Nachricht nicht zu ärgern.

      „Heißt das, daß er nicht tot ist?“

      „Ich habe Ihnen die Tatsachen gesagt. Mr. Rodgers“, knurrte der FBI-Mann. „Es liegt an Ihnen, daraus Schlußfolgerungen zu ziehen.“

      Henry Rodgers war diesen Ton nicht gewöhnt. Der Herr über ein Baumwollimperium, dessen Filialen in alle fünf Erdteile reichten, hatte Widerspruch zum letzten Mal als Vierzehnjähriger erlebt.

      „Junger Mann“, bellte er, „würden Sie vielleicht die Güte haben, mir die Schlußfolgerungen des FBI mitzuteilen?“

      „Natürlich. Wir sind der Ansicht, daß Teddy auf irgendeine Weise den Sturz überlebt hat und sich in Los Angeles verborgen hält.“

      Rodgers schwieg ein paar Sekunden. „Ist die Presse informiert?“ erkundigte er sich dann.

      „Bisher noch nicht. Wir tun alles, um zu verhindern, daß der Fall an die Öffentlichkeit dringt, Natürlich wird es auf die Dauer schwierig sein.“

      „Ich hoffe, Sie sorgen dafür, daß er schnell gefaßt wird.“

      „Darauf können Sie Gift nehmen.“ Der FBI-Mann schwieg einen Augenblick, dann fuhr er fort:

      „Ich denke, es wird gut sein, wenn wir Ihnen Polizeischutz geben. Wir haben die Aussagen der Ärzte, die Teddy behandelt haben. Danach ist er auf Sie nicht besonders gut zu sprechen.“

      „Kein Wunder! Er gibt mir die Schuld dafür, daß er in die Anstalt kam. Dabei war es das einzige, was wir für ihn tun konnten. Er war unheilbar krank, litt unter Verfolgungswahn und hatte Tobsuchtsanfälle.“

      „Ich schicke jemand zu Ihnen, der bei Ihnen bleibt, bis wir Teddy haben“, sagte der FBI-Agent und hängte ein.

      Henry Rodgers zündete sich nervös eine Zigarette an und trat ans Fenster. Er hatte dem FBI nicht den wahren Grund gesagt, weshalb Teddy schlecht auf ihn zu sprechen war.

      Die Geschichte hatte vor vier Jahren begonnen. Damals hatte Teddy ein Mädchen kennengelernt, das er heiraten wollte. Sein Pech war nur, daß sie Fließbandarbeiterin in einer von Rodgers Fabriken war.

      Henry Rodgers hatte kurzerhand nein gesagt. Als Teddy sich aufbäumte, hatte er ihm den Geldhahn zugedreht. Teddys Vater war tot und er war sein Vormund. Und es war undenkbar daß ein Rodgers eine gewöhnliche Arbeiterin heiratete.

      Teddy machte kurzen Prozeß und ging arbeiten. Er war fest entschlossen, das Mädchen zu heiraten. Aber gegen den Willen eines Henry Rodgers anzukommen, war nicht so einfach.

      Henry hatte das junge Mädchen zu sich bestellt. Da sie noch minderjährig war, zahlte er ihren Eltern einen Haufen Geld dafür, daß sie mit der Tochter verschwanden.

      Doch das genügte Henry nicht. Anschließend setzte er das Mädchen unter Druck. Er drohte ihr, ihre Eltern zu vernichten, wenn sie Teddy nicht den Laufpaß gäbe.

      Teddy hatte zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, was gespielt wurde. Aber als das Mädchen ihm den Laufpaß gab, griff er zur Whiskyflasche. Von da ab führte seine Bahn steil nach unten. Henry versuchte, sich mit ihm auszusöhnen, aber das gelang nicht. Daraufhin wandte der Alte schärfere Methoden an. Teddy wurde in eine Trinkerheilanstalt eingewiesen, brach aus und wurde wieder eingefangen. Systematisch wurde er von Henry Rodgers zerbrochen. Die Endstation war die Anstalt in Oregon.

      Teddy lebte dort unter falschem Namen. Es war ein Zuchthaus, mit silbernen Bestecken. Die Macht Henry Rodgers hatte gesiegt.

      Und dann kam der Tag, an dem Teddy ausbrach. Henry Rodgers hatte allen Grund, ihn zu fürchten. Nicht, daß er Angst hatte, Teddy könnte sich an ihm persönlich rächen. Aber Teddy konnte auspacken. Es gab eine Unmenge Klatschmagazine, die ihm für jedes Wort fünf Dollar und mehr zahlen würden.

      Die Rodgers waren eine der alten, aristokratischen Familien des Landes. Sie waren Mitte des 19. Jahrhunderts aus Louisiana gekommen, damals schon als Millionäre. Henry Rodgers I und II hatten dem Bankkonto der Familie emsig Stelle um Stelle angefügt. Sie waren Aristokraten, aber nichts fürchteten sie so sehr wie den Klatsch.

      Allein deshalb mußte Teddy wieder eingefangen und in die Anstalt gebracht werden. Außenseiter wurden nicht geduldet. Es war alles so einfach, wenn Teddy wieder festsaß. Und Henry Rodgers hatte die Unterstützung der Polizei. Teddy galt eben als gemeingefährlicher Irrer …

      Das Läuten der Hausglocke riß ihn aus seinen Gedanken. Er wandte sich rasch um und lief durch die Halle.

      Wird der Mann vom FBI sein, dachte er. Er wollte selbst aufmachen, da das Personal nicht merken sollte, daß die Polizei ihn bewachte.

      Als er die Tür öffnete, stand ein junger Mann im hellen Trenchcoat draußen.

      Henry Rodgers’ Augen weiteten sich in fassungslosem Entsetzen, und er öffnete den Mund, um zu schreien.

      Im gleichen Augenblick blitzte die Klinge einen Rasiermessers auf. Der Schrei Henry Rodgers erstickte in einem dumpfen Gurgeln. Der massige Mann sackte zusammen und schlug dann auf den Boden.

      Der junge Mann im Trenchcoat steckte