Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Der Teufel in der Stadt der Engel


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      „Ich kann es Ihnen verraten. Es ist Spencer Rodgers, ein Vetter von Henry Rodgers II und ein Großonkel von mir.“

      Joe zog die Brauen zusammen.

      „Wie kam er dazu?“

      „Er ist Chemiker. Ein Sonderling. Er hat im Massachusetts Institute of Technology studiert, aber nie ein Examen gemacht. Später richtete er sich ein Labor ein. Henry gab ihm das Geld, und er machte private Forschungen.“

      „Diese Droge – Paranoidin – ist das Ergebnis dieser Forschungen?“

      „Ja! Der Name weist bereits darauf hin, daß Paranoidin geistige Störungen erzeugt. Spencer hat das Mittel in unzähligen Tierversuchen erprobt und verfeinert. Ich bin überzeugt, daß er heute imstande ist, jede Art von Geisteskrankheit mit Injektionen zu erzeugen.“

      „Der Film, den Sie mir gezeigt haben, stammt also aus seinem Labor?“

      „Ich hab ihn mir besorgt! Er weiß nicht, daß ich diesen Film besitze.“

      Joe begann der Fall zu interessieren.

      „Und warum haben Sie das getan?“

      „Well, ich will Ihnen eine Geschichte erzählen, und dann sagen Sie mir, was Sie davon halten. – Vor etwa einem Jahr hatte Teddy wieder einmal eine seiner Sauftouren. Er trank damals wie ein Loch, weil Henry ihm seine Liebe zu einem Mädchen zerstört hatte. Das Mädchen paßte Henry nicht in den Kram. Nun gut, Teddy wohnte damals in einer billigen Pension in Los Angeles. Er hatte mit der Familie gebrochen und hielt seinen Aufenthaltsort geheim.“

      „Wie alt war Teddy damals?“

      „Zweinundzwanzig. Wo war ich stehengeblieben?“

      „Pension!“ warf Joe ein.

      „Okay, dort lag Teddy im Bett, blau wie ein Märzveilchen. Henry bekam schließlich die Adresse durch ein Heer von Detektiven heraus, das er auf Teddys Spuren gesetzt hatte. In der Nacht wurde Teddy gewaltsam herausgeholt und in Henrys Haus gebracht.“

      „Man könnte das als Entführung bezeichnen“, meinte Joe.

      „Wahrscheinlich, aber Teddy war so betrunken, daß sich nichts mehr beweisen läßt. Jetzt passen Sie gut auf, was geschah. Noch in derselben Nacht trat in Henrys Haus der Familienrat der Rodgers zusammen. Außer Henry war noch Spencer da, der schrullige Chemiker, Ethel Rodgers, eine alte Vettel, die auf dem Sunset Boulevard einen Kosmetiksalon für die Upper Tens betreibt, und Francis Rodgers-Perkins, der vornehmste aus unserem Clan, ein Gesellschaftslöwe aus Gummi.“

      „Und Sie?“ fragte Joe.

      Robert schüttelte den Kopf.

      „Ich war nicht dabei. Vermutlich weil man glaubte, als Halbbruder Teddys hätte ich zuviel Sympathien für ihn. Was in diesem Familienrat besprochen wurde, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß Teddy am darauffolgenden Morgen von einer Anzahl Ärzte untersucht – wurde; Kapazitäten, die erklärten, daß Teddy durch jahrelange Trunksucht schwere geistige Störungen davongetragen habe. Sie kamen schließlich zu dem Schluß daß Teddy ein gefährlicher Irrer sei, der in eine Anstalt gehöre. Es waren erstklassige Ärzte, die nicht bestechlich sind, das steht fest. Aber es steht ebenso fest, daß Teddy am Abend, als er aus der Pension geholt wurde, geistig noch völlig normal war. Er war stockbetrunken und hatte vielleicht Alkoholvergiftung, aber nicht mehr!“

      Joe hatte schweigend zugehört.

      „Sie sprechen da einen schwerwiegenden Verdacht aus“, sagte er langsam.

      „Alle waren sie damals dafür, daß Teddy in eine Anstalt kam“, fuhr Robert fort. „Henry – er fürchtete für den alten Namen der Familie. Ethel hatte Angst, Ihre feudale Kundschaft zu verlieren, wenn es durch Teddy zum Skandal kam. Francis fürchtete um seine gesellschaftliche Stellung. Nur Spencer war es egal. Aber Spencer war für seine Forschungen auf Henrys Geld angewiesen. Und Spencer, den Henry immer knappgehalten hatte, bekam plötzlich Geld, als Teddy in der Anstalt war. Massenhaft Geld. Er baute sich ein neues Institut mit allen technischen Raffinessen.“

      „Mit anderen Worten, Spencer verabreichte Teddy in jener Nacht Paranoidin und machte ihn zu einem Wahnsinnigen“, sagte Joe hart.

      Robert nickte.

      „So muß es gewesen ein. Die Familie hatte nur Vorteile dadurch.“

      „Wann schöpften Sie das erste Mal Verdacht?“

      „Vor ein paar Monaten!“

      „Bei welcher Gelegenheit?“

      „Ich besuchte Spencer in seinem Institut. Dabei verriet er mir, an welchen Mitteln arbeite. Allerdings sprach er davon, an einem Mittel zu arbeiten, mit dem man Geisteskranken heilen oder bessern könne.“

      „Da sagten Sie sich, wer ein solches Mittel sucht, kann auch eines herstellen, mit dem er Geisteskrankheiten erzeugt.“

      „Genau. Ich suchte wenig später nochmals sein Labor auf, als er fort war, und stöberte die Akten durch. Dabei fand ich die beiden Filme, die ich Ihnen vorhin zeigte.“

      „Waren Sie bei der Polizei?“

      „Nein!“

      „Warum nicht?“

      „Ich hatte keine Beweise. Wenn Sie einen Rodgers bei der Polizei anzeigen wollen, wirken Sie ähnlich glaubwürdig, als wenn Sie behaupten, der Präsident der Vereinigten Staaten hätte silberne Löffel gestohlen. Außerdem hätte es Teddy nichts mehr geholfen, Denn soviel ich weiß, sind die Wirkungen von Paranoidin irreparabel. Teddy könnte nie mehr geheilt werden.“

      „Läßt sich nichts beweisen?“

      Rodgers schüttelte den Kopf.

      „Ich habe alles versucht. Erst suchte ich Zeugen, die bestätigen sollten, daß Teddy vor jenem berüchtigten Familienrat noch völlig normal war. Aber Teddy trieb sich damals in derart schlechter Gesellschaft herum, daß diese Zeugen einfach nichts wert sind. Dann überlegte ich mir, ob ein medizinischer Nachweis des Paranoidins möglich wäre. Aber außer Spencer kennt kein Mensch dieses Teufelszeug, und ich bin überzeugt davon, daß er vorgesorgt hat, daß es nicht, nachweisbar ist. Prominente Ärzte haben Teddy für geisteskrank erklärt; er hätte schon immer die Veranlagung dazu gehabt, und der Alkohol hätte das Leiden nur beschleunigt. Diese Leute korrigieren sich nicht gern.“

      Joe überlegte einen Augenblick

      „Wenn das wahr ist, was Sie vermuten, muß es auch nachzuweisen sein“, erklärte er. „Ich bin überzeugt davon, daß es einen Weg gibt.“

      „Welchen?“

      „Ich werde noch darauf kommen.“

      „Das bezweifle ich“, sagte Rodgers müde. „Es gibt keinen. Aber Sie verstehen hoffentlich, daß ich mit diesen Nachrichten nicht zur Polizei gehen konnte. Sie müssen mir helfen, Walker. Teddy muß gefunden werden. Solange er frei herumläuft, ist er eine Gefahr für die Allgemeinheit. Es ist bitter für mich, das zu sagen.“

      „Ich denke, Spencer, Ethel und Francis Rodgers sind im Augenblick am meisten gefährdet“, sagte Joe.

      „Ich wahrscheinlich auch“, meinte Robert. „Alle Rodgers schweben jetzt in Gefahr. Aber glauben Sie mir, es wäre kein Unglück, wenn diese ganze Brut vertilgt wird.“

      „Trotzdem muß es verhindert werden“, sagte Joe. „Die Leute gehören vor Gericht und Teddy in eine Anstalt. Ich will sehen, was ich erreichen kann.“

      „Ja“, sagte Robert und atmete schwer. „Tun Sie das, Walker!“

      3. Kapitel

      Joe Barrynahm sich ein Taxi und fuhr als erstes zum Police Center. Ohne die Unterstützung der Polizei war hier zunächst nichts auszurichten.

      Erst als er das Hochhaus an der Madison-Avenue erreichte, fiel ihm auf, daß es drei Uhr morgens war.