Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Der Teufel in der Stadt der Engel


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will Ballister sprechen“, sagte Joe.

      „Hören Sie, Walker, es ist nicht gerade Besuchszeit.“

      „Wenn Sie erwarten, daß ich um elf Uhr morgen früh mit Blumen in der Hand komme, liegen Sie falsch! Ist der Captain da?“

      „Fahren Sie ’rauf. Er ist in seinem Dienstzimmer!“

      Ballister lag auf der lederüberzogenen. Couch in seinem Büro. Verschlafen richtete er sich auf, als Joe hereinkam.

      „Teufel, Walker“, knurrte er. „Was haben Sie mit der Gesichte zu tun?“

      Ballister hatte seit vierundzwanzig Stunden pausenlos mit dem Fall Rodgers zu tun. Deshalb erwischte er sofort den richtigen Anschluß.

      „Ist das die Art, einen alten Freund zu begrüßen“, grinste Joe.

      „Herzlich willkommen, Happy Birthday – was Sie wollen. Kaffee?“

      „Keine schlechte Idee!“

      Der Captain klingelte und ließ sich dann in seinen Ledersessel fallen. Verdrossen rieb er sich das Gesicht.

      „Wer von den Rodgers hat Sie gerufen, Walker?“

      „Robert!“

      „Das ist fast eine Empfehlung. Bobby ist der einzige von den Burschen, den ich überhaupt als Mensch anerkenne.“

      Ein Beamter trat ein und servierte heißen Kaffee aus dem Automaten. Er frischte die Lebensgeister wieder auf.

      „Sie glauben gar nicht, was ich seit vierundzwanzig Stunden alles mitmache“, sagte Ballister. „Seit dem Mord an Henry Rodgers II kämmen wir ganz Los Angeles auf der Suche nach Teddy durch. Was das bei dieser Riesenstadt bedeutet, können Sie sich wohl vorstellen.“

      „Und wie steht die Aktion?“

      Ballister wies auf einen Gipsabdruck, der auf seinem Schreibtisch stand.

      „Das ist alles. Ein Fußabdruck von Teddy, den wir im Park von Henrys Villa fanden. Sonst nichts. Er ist spurlos verschwunden.“

      Joe betrachtete den Abdruck.

      „Gummisohle mit Einheitsprofil. Davon werden jeden Tag zwei Millionen verkauft.“

      „Weiß ich. Der Abdruck hat nur Museumswert. Wie steht’s? Haben Sie vielleicht eine Idee, wie man Teddy kriegen kann?“

      Joe dachte an die Unterredung mit Robert. Er hatte nicht die Absicht, mehr als nötig zu sagen.

      „Vielleicht, Captain. Meiner Meinung nach wird Teddy sich als nächstes die übrigen Rodgers vornehmen. Spencer, Ethel, Francis – vielleicht auch Robert. Ich würde vorschlagen, die Leute zu überwachen. Irgendwann taucht Teddy dort bestimmt auf, und dann haben Sie ihn.“

      „Ich weiß, er haßt seine Sippe. Wir haben bereits eine Sonderkommission mit Experten vom FBI gebildet. Teddy ist aus Oregon gekommen, und deshalb ist auch die Bundespolizei für ihn zuständig. Aber eine Bewachung der Rodgers allein genügt nicht. Teddy ist geistesgestört. Ich will gar nicht daran denken, welches Unheil er anrichten kann.“

      „Wie steht’s mit dem Fernsehen?“ fragte Joe.

      „Schon geschehen. Heute abend ging sein Bild und seine Beschreibung über alle TV-Stationen von Kalifornien. Nach dem Mord an Henry wurde der Fall, der vorher auf Wunsch der Rodgers totgeschwiegen wurde, sofort an die Öffentlichkeit getragen.“

      „Wurden sonstige Maßnahmen getroffen?“

      „Nein! Wir haben unser Netz ausgeworfen und hoffen, daß er sich darin fängt. Und ich bin der Idiot, der das Netz überwachen soll.“

      Joe kam ein Einfall.

      „Sind Sie schon auf den Gedanken gekommen, die Leute zu überprüfen, mit denen Teddy zu tun hatte, bevor er in die Anstalt kam?“

      Ballister wehrte müde ab.

      „Hoffnungslos! Teddy war damals mit jedem zweiten Strolch von Los Angeles befreundet. Jeder, der bereit war, auf seine Kosten eine Flasche Whisky mit ihm zu leeren, war sein Freund. Und Freunde dieser Sorte gibt’s genug.“

      „Einer davon könnte ihn bei sich verborgen haben“, bohrte Joe hartnäckig weiter.

      Der Captain sah ihn skeptisch an.

      „Wollen Sie etwa nach diesem einen suchen?“

      „Warum nicht?“

      „Viel Vergnügen! Ich sehe zu, daß ich noch eine Stunde Schlaf finde. Um sechs Uhr kommen drei Experten des FBI aus Washington und wollen mich sprechen.“

      „Ich ruf Sie mal wieder an, Captain“, sagte Joe und verabschiedete sich.

      Er hätte sich denken können, daß dieser Besuch ihn nicht weiterbrachte. In New York pflegte er in vielen Fällen mit Lieutenant Antony Starr zusammenzuarbeiten aber hier in Los Angeles gab es das nicht. Ballister war kein schlechter Kerl, im Gegenteil, ein tüchtiger Mann – aber eben kein Antony Starr.

      Joe fuhr ins Hotel.

      *

      Robert hatte ihm ein Zimmer im „Sheraton-Admiral“ besorgt. Das Hotel lag günstig im Zentrum der Stadt und nicht weit von seiner Wohnung entfernt.

      Der Nachtportier drückte ihm seinen Schlüssel in die Hand und winkte einen verschlafenen Liftboy heran.

      „Kein Gepäck, Sir?“ fragte der Junge.

      Joe schwenkte seinen Handkoffer.

      „Das andere kommt morgen per Lastwagen!“

      Der Lift brachte sie in die achte Etage. Joe drückte dem Boy einen Dollar in die Hand.

      Sein Zimmer lag zur Straße hinaus. Vom Fenster hatte man einen weiten Blick über das nächtliche Lichtermeer der Stadt.

      Er hatte gerade die Krawatte aufgeknüpft als das Telefon klingelte. Er griff nach dem Hörer.

      „Hallo!“

      „Einen Augenblick, Mr. Joe Barry – ich verbinde!“

      Es knackte in der Leitung, dann meldete sich eine Stimme. Es klang, als spräche jemand durch ein Taschentuch.

      „Walker?“

      „Was gibt’s?“

      „Ich muß Sie dringend sprechen!“

      „Wer sind Sie?“

      „Uninteressant. Ich nehme an, daß Sie bereit sind, für Informationen über Teddy etwas springen zu lassen.“

      „Wenn die Informationen etwas taugen, ist das schon möglich!“

      Sein Gesprächspartner lachte leise.

      „Okay, wir werden uns schon einigen. Kommen Sie in einer Viertelstunde in die Hotelhalle herunter.“

      Es knackte wieder, dann war das Gespräch zu Ende.

      Joe band sich die Krawatte wieder um und zog seine Jacke an. Man mußte nehmen, was man bekam. Er vermutete, daß sein Geschäftspartner irgendein Ganove war, der wußte, wo Teddy war, und dafür kassieren wollte. Oder es war ein Bluff, um ein paar Dollar aus ihm herauszuholen.

      Er trat auf den Gang hinaus, schloß hinter sich ab und ging zum Lift. Er drückte auf den Rufknopf und wartete.

      In diesem Augenblick erlosch das Licht. Ringsum war es plötzlich stockfinster.

      Joe tastete nach seinem Feuerzeug, stellte dann fest, daß er es im Zimmer gelassen hatte.

      Hinter ihm kam jemand die Treppe herunter und näherte sich dem Gang.

      „Hallo“, rief er. „Ist da jemand?“

      Offensichtlich war es einer der Hotelboys. Ein Streichholz flackerte auf und beleuchtete die grüne Pagenuniform.

      Joe meldete sich.

      „Kurzschluß