Töne müßig liegen bleibe. Doch überlassen wir das, was unserem Interessenkreis und dem Texte der göttlichen Lesung gleich fernliegt, „denen, die draußen sind“189. Wir unserseits wollen uns an die Lehren der himmlischen Schriften halten.
III. Kapitel.
Das Firmament nicht identisch mit dem Himmel.. “Das Wasser über der Himmelsveste”: seine Möglichkeit, Wirklichkeit, Zweckmäßigkeit. Feuer und Wasser paralysieren gegenseitig ihre verheerenden Wirkungen. Der Sternenhimmel eine glühende Feuerzone, die Sonne ein Feuerball.
8.
190 Unser Thema ist Gottes Ausspruch: „Es werde eine Veste inmitten des Wassers, und sie sei Scheide zwischen dem Wasser“; und zwar handelt es sich um die Frage, ob er „Firmament“ das nennt, was er bereits geschaffen, worauf also das Schriftwort sich bezieht: „Im Anfang hat Gott den Himmel und die Erde geschaffen“. Es entgeht (mir) nicht, daß einige vor uns die Stelle dahin verstanden, daß die Schrift, weil sie im vorausgehenden die Erschaffung und Festigung des Himmels durch den Schöpfer-Gott konstatiert habe, hier nur eine nähere Erklärung über das Schöpfungswerk gebe: dort habe sie eine kurze summarische Zusammenfassung des Schöpfungsinhaltes gegeben, hier eine genauere Ausführung über das Wie des Schöpfungsaktes auf Grund der spezifischen Beschaffenheit der gleichzeitig ins Dasein tretenden Dinge geboten. Doch hiergegen muß es unser Bedenken erregen, daß eine andere Namensbezeichnung („Firmament“) gewählt, die festere Art („Veste“) und der wirkursächliche Charakter („sie sei Scheide“) unterschieden und in Verbindung damit die Person des Mitwirkenden (Gott) genannt wird; denn so steht geschrieben: „Und es machte Gott eine Scheide mitten zwischen dem Wasser, das unter der Veste war, und mitten zwischen dem Wasser, das über der Veste war“191.
9.
Zunächst nun wollen sie mit jener Auffassung, die sich mit der häufigen Schriftlesung unserem Geiste eingebürgert und eingeprägt hat, aufräumen: es könne über den Himmeln keine Wasser geben; denn die Himmelskugel, in deren Mitte die Erde schwebe, sei rund, und an ihrer Peripherie könne sich unmöglich Wasser halten; es müsse notwendig abfließen und herabrinnen, indem es seinen Lauf von oben nach unten nehme. Denn wie könnte es, sagen sie, stehendes Wasser über einer Kugel geben, wenn die Kugel sich dreht? Das ist die berüchtigte Kniffigkeit der Sophistik. Gib mir Gelegenheit, dir zu antworten! Wird sie verweigert, braucht kein weiteres Wort verschwendet werden. Sie verlangen, man solle ihnen zugeben, die Himmelsachse sei in starker Bewegung begriffen, die Erdkugel hingegen unbeweglich; sie wollen damit beweisen, es könne keine Wasser über den Himmeln geben, weil die Himmelsachse sie samt und sonders wegschleudere: als ob sie, um ihrem Verlangen stattzugeben und bei der Antwort auf ihre Ansichten einzugehen, leugnen könnten, daß es bei jener Höhe und Tiefe (des Himmels) doch auch eine Länge und Breite geben müsse192, die nur derjenige voll zu ermessen vermag, der nach des Apostels Wort voll bis zur ganzen Fülle der Gottheit erfüllt ist!193 Wer (sonst) denn wird so leicht Gottes Schöpfung ausmessen können? Es gibt sonach in der Höhe des Himmels eine Ausdehnung nach der Breite. So gibt es ja auch, um von Dingen zu reden, die unserem Wissen zugänglich sind, so manche Gebäude, die außen rund, innen viereckig, oder aber außen viereckig und innen rund sind, während sie in der Höhe abgeflacht sind, so daß darauf gern stehendes Wasser sich befindet. Wir führen das jedoch nur deshalb an, damit sie einsehen möchten, wie ihre Hypothesen durch noch wahrscheinlichere sich widerlegen lassen, und daß sie davon abstehen möchten, Gottes so großartiges Schöpfungswerk unter dem Gesichtspunkt menschlichen Tuns und unserer Leistungsfähigkeit zu bemessen.
10.
Wir aber halten uns an den Text und die Anordnung der Schrift und richten bei der Beurteilung des Schöpfungswerkes den Blick auf den Schöpfer. Was ward gesprochen? Wer hat gesprochen? Zu wem hat er gesprochen? „Es werde eine Veste inmitten des Wassers, und sie sei Scheide zwischen den Wassern.“ Ich höre, wie auf sein Geheiß eine Veste wurde, durch welche das Wasser geschieden und das obere vom unteren getrennt werden sollte. Gibt es etwas Klareres als das? Und er, der auf sein Geheiß das Wasser schied, indem er dazwischen und mittenhinein eine Veste schuf, sorgte auch vor, wie es nach der Scheidung und Absonderung beharren könne. Das Wort Gottes gibt der Natur ihre Kraft und der Substanz ihre Dauerhaftigkeit, solange er, der ihr den Bestand gab, sie fortdauern lassen will; denn so steht geschrieben: „Er stellte sie hin auf ewig und für alle Ewigkeit; ein Gesetz stellte er auf, und es wird nicht vergehen“194. Und damit du dich überzeugest, daß diese Worte eben von jenen Wassern gesprochen wurden, deren Vorhandensein über dem Himmel dir unmöglich dünkt, so höre die vorausgehenden: „Lobet ihn, ihr Himmel der Himmel! Und die Wasser, die über den Himmeln sind, sollen loben den Namen des Herrn“195. Galt nicht dir, dem Leugner, die weitere Beteuerung: „Denn er sprach, und sie waren da, er gebot, und sie waren geschaffen: Er stellte sie hin auf ewig und für alle Ewigkeit; ein Gesetz stellte er auf, und es wird nicht vergehen“196. Oder dünkt dir der Schöpfer nicht mächtig genug, um seiner Schöpfung ein Gesetz zu geben? Gott ist’s, der da spricht, verehrungswürdig seiner Natur nach, unermeßlich an Größe, unendlich in seinen Vergeltungen, unbegreiflich in seinen Werken. Wer vermag die Tiefe seiner Weisheit zu ergründen?197 Doch er spricht es zum Sohne, d. i. seinem Arme, er spricht es zu seiner Kraft, er spricht es zu seiner Weisheit, er spricht es zu seiner Gerechtigkeit. Und es schafft der Sohn als der Mächtige, er schafft als die Kraft Gottes, er schafft als die Weisheit Gottes, er schafft als Gottes Gerechtigkeit. Wenn du dies hörst, wie willst du dich wundern, wenn über der Himmelsveste durch die Schöpferhand der so unendlichen Majestät Wasserflut sich festigen ließ?
11.
Noch aus anderen Tatsachen mögt ihr das folgern, aus solchen, welche in den Gesichtskreis des menschlichen Auges fallen. Wie konnte sich, wenn du die Vernunft fragst, beim Durchzug der Juden die Flut teilen? Es liegt das nicht im gewöhnlichen Lauf der Natur, daß das Wasser sich teilt und Wasser, die in der Tiefe strömen, durch eine dazwischen führende Festlandsschicht sich trennen lassen. „Es stockten die Fluten“, heißt es, und setzten wie eine Feste ihrem Wogengang ein ungewohntes Ende. Hätte etwa Gott das Hebräervolk nicht auch anders befreien können? Doch er wollte dir zeigen, wie du dich durch ein solches Schauspiel zum Glauben dessen, was sich deinem Auge entzieht, bestimmen lassen solltest. Auch der Jordan kehrte, indem seine Strömung zurückgestaut ward, zu seiner Quelle zurück198. Daß Wasser, während es noch dahingleitet, stillsteht, gilt für etwas Ungewöhnliches, daß es ohne jegliches Stauwerk den Lauf aufwärts nimmt, für eine Unmöglichkeit. Doch was wäre dem unmöglich, der den Schwachen das Vermögen gibt, so daß ein solcher Schwacher bekennt: „Ich vermag alles in dem, der mich stärkt“199. Mögen doch jene sagen, wie „Luft zu Gewölk sich verdichtet?“200 Ob der Regen aus den Wolken entsteht oder im Schoß der Wolken sich ansammelt? Wir sehen so häufig die Wolken von den Bergen niederwallen. Ich frage: steigt das Wasser von der Erde auf oder strömt das über den Himmeln befindliche in reichlichem Regen nieder. Steigt es auf, ist’s doch wider die Natur, wenn es als das schwerere Element emporsteigt und von der Luft, dem leichteren Element, getragen wird. Oder wird das Wasser von der Bewegung der ganzen rasch rotierenden Himmelskugel mitgerissen, so wird es, wie es von der Tiefe mitemporgerissen wird, ebenso von der Kugelhöhe fort herabgeschleudert. Wird es, wie jene wollen, unaufhörlich herabgeschleudert, so wird es auch unaufhörlich mitemporgerissen; denn wenn die Himmelsachse sich immerfort dreht, wird auch das Wasser immerfort absorbiert. Strömt es herab, muß es folgerichtig andauernd über den Himmeln vorhanden sein, wenn es von dort soll herabströmen können. Welche Schwierigkeit soll denn auch der Annahme entgegenstehen, daß über den Himmeln Wasser gefestigt wurde? Wie wollen sie denn sonst das Wort in den Mund nehmen und sagen, die Erde, die doch schwerer ist als die Luft, schwebe in der Mitte und beharre unbeweglich? Aus demselben Grund könnten sie zugeben, daß das Wasser, welches über dem Himmel vorhanden ist, durch die Umdrehung der Himmelskugel nicht herabstürze. Wie nämlich die Erde im leeren Raume schwebt und unbeweglich nach allen Seiten im Gleichgewicht beharrt201, so wird auch das Wasser durch ein noch größeres oder