er hell erstrahlt. Daher auch, wie ich glaube, jener Ausspruch: „Die Vögel des Himmels sehen immerdar das Angesicht meines Vaters, der im Himmel ist“213, sowie (der Ausspruch) von den „Vögeln im Umkreise der Himmelsveste“214. Die (Engels-) Mächte nämlich, die an jenem sichtbaren Orte weilen215, schauen dies alles und sehen es unter sich vor ihren Blicken ausgebreitet.
16.
Von einem „verschlossenen“ Himmel ist sodann die Rede216 in den Zeiten des Elias, als in Achab und Jezabel die Gottlosigkeit das Szepter führte, während das Volk dem frevlen Treiben217 des Königs willfahrte: niemand nämlich richtete seine Augen gen Himmel, niemand verehrte den Schöpfer desselben, sie beteten vielmehr Holz- und Steingebilde an. Woraus nun schließen wir dies?218 Weil Gott auch beim Fluche über das Volk Israel, als das Judenvolk zur Buße für seine Gottlosigkeit mit der Ungunst des Himmels und der Unfruchtbarkeit der Erde bestraft wurde, die Wendung gebrauchte: „Der Himmel über deinem Haupte soll dir Erz sein und dein Land Eisen“219. Im Himmel nämlich hat die Fruchtbarkeit ihren Grund. So erflehte auch Moses in seinen Segensgebeten dem Stamme Joseph als Gabe jene „von den Enden des Himmels und vom Tau der Bronnen unten in der Tiefe und nach der Jahreszeit von der Sonne Lauf und den einfallenden Monden und vom Gipfel der Berge und der ewigen Hügel“220. Denn aus der Milde des Himmels schöpft die Fruchtbarkeit der Erde ihre Nahrung. „Eisern“ ist der Himmel, der keine Feuchtigkeit taut, wann kein Regen aus den Wolken bricht. Ein „eiserner“ Himmel ist auch die düstere Luft, die drückende und nebelige von eisengrauer Färbung, wann die Erde in den Fesseln grimmiger Kälte starrt. Da scheint dann die Regenwolke über unserem Haupte zu schweben und jeden Augenblick sich zu entladen. Gar häufig auch verdichtet sich das vor eisigem Windeswehen starrende Wasser zu Schnee, die Luft teilt sich und der Schnee wallt herab. Nicht die Himmelsveste kann sich teilen, sie müßte denn irgendwie gewaltsam geteilt werden. Darum auch die Bezeichnung „Veste“, weil sie nicht ohne Festigkeit und Widerstandskraft ist. Deshalb ferner das Schriftwort über den Donner, der mit lautem Hall erdröhnt, wenn die gewitterschwangere Luft im Wolkenschoß zu heftiger Entladung aufeinanderprallt: „Ich festige den Donner“221. Nach ihrer Festigkeit ward also die Himmelsveste benannt, bezw. nach ihrer Festigung durch Gottes Kraft. So lehrt es uns auch die Schrift mit der Aufforderung: „Lobt ihn in der Veste seiner Kraft“222.
17.
Es entgeht uns nicht, daß einige „die Himmel der Himmel“223 auf die ‚unsichtbaren‘ Kräfte, „Firmament“ auf die ‚wirksamen‘ bezogen haben. Darum betonen wir: wohl „loben die Himmel“ oder „erzählen sie die Herrlichkeit Gottes“, „kündet das Firmament (die Werke seiner Hände) an“224 ― doch nicht als geistige Wesen, sondern als die geschöpflichen Dinge der Welt im Sinne unserer obigen Darstellung. Andere desgleichen erklärten die „Wasser über den Himmeln“ als die ‚reinigenden‘ Kräfte225. Wir nehmen nur gleichsam zur Ausschmückung unserer Rede hiervon Notiz. Indes dünkt es uns aus dem schon genannten Grund nicht für befremdlich und ungereimt, wirkliches Wasser darunter zu verstehen. Denn auch Tau und Frost und Kälte und Hitze preisen nach des Propheten Lobgesang den Herrn226; es preist ihn desgleichen die Erde227. Auch die Sterne beziehen wir nicht auf die unsichtbaren Wesen, sondern auf die Wirklichkeit. Es loben selbst auch die Drachen den Herrn228, insofern ihre Natur und ihr Anblick beim näheren Zusehen nicht geringe Schönheit aufweist, nicht geringe Zweckmäßigkeit verrät.
V. Kapitel.
“Und Gott sah, daß es gut sei” (Gen 1,10). Mystische Erklärungen: die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater; Gen 1,10 von der Gutheißung (Lob) der Schöpfung durch Gott, nicht von einem Mangel seiner Allwissenheit zu verstehen. Moralische Anwendungen: Gottes Urteil maßgebend für die Beurteilung der Schöpfung und des Schöpfers; Gottes Wissen und Können das menschliche in Schatten stellend.
18.
229 “Und Gott sah, daß es gut sei“230. Es schafft der Sohn, was der Vater will; es lobt der Vater, was der Sohn schafft. Keine Spur von einer unebenbürtigen Natur im letzteren, nachdem dessen Werk nicht unebenbürtig hinter dem des Vaters zurückbleibt. „Er sah“ ― doch nicht mit leiblichem Auge sah er hin, er gab vielmehr nur bestimmt zu verstehen, wie es der Fülle seiner Gnade231 angemessen war, daß mir sein Urteil hierüber bekannt würde. Wir unserseits pflegen ja auch über göttliche Dinge Erörterungen anzustellen. Und was Wunder, wenn Leute, die über den Ursprung des Schöpfers selbst Fragen aufwerfen, imstande sind, auch an der Schöpfung zu nörgeln? Sie fordern ihn vor die Schranken ihres Urteils und suchen ihn für ungleichartig und unebenbürtig zu erklären. Darum liest man sowohl: „Gott sprach“ als auch: „Gott schuf“. Mit dem gleichen Hoheitstitel werden Vater und Sohn ausgezeichnet. „Und es sah Gott, daß es gut sei.“ „Er sprach“ wie zu einem, der alles wußte, was der Vater wollte, und „er sah“ wie einer, der alles wußte, was der Sohn tat und in gemeinschaftlichem Wirken mit ihm vollführte.
19.
„Gott sah, daß es gut sei.“ Er gelangte damit nicht etwa zur Kenntnis von etwas, was er noch nicht wußte, sondern hieß gut, worauf sein Wohlgefallen ruhte. Nicht ein unbekanntes Werk fand sein Wohlgefallen, wie auch der Vater nicht unbekannt war, der am Sohne sein Wohlgefallen hatte; denn so steht geschrieben: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“232. Es kennt aber der Sohn immerdar den Willen des Vaters und der Vater den des Sohnes; und es hört der Sohn immerdar den Vater und der Vater den Sohn kraft der Einheit der Natur, des Willens und der Wesenheit. Bezeugt es doch der Sohn selbst in seinem Evangelium, indem er zum Vater spricht: „Ich wußte es, daß Du mich allzeit hörst“233. Denn es ist der Sohn „das Bild des unsichtbaren Gottes“234. Alles, was der Vater ist, prägt der Sohn als Bild aus; alles, was er ist, macht er uns als „Abglanz seiner Herrlichkeit“235 klar und offenbar. Es schaut der Sohn das Wirken des Vaters, wie umgekehrt der Vater das des Sohnes. So hat es der Herr selbst erklärt: „Es kann der Sohn nichts aus sich tun, außer was er den Vater tun sieht“236. Er sieht sonach den Vater wirken und sieht ihn im Verborgenen seiner unsichtbaren Natur und hört ihn desgleichen. So spricht er denn: Wie ich’s höre, so richte ich auch „und mein Gericht ist wahr; denn ich bin nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesendet hat“237.
20.
Dies der mystische Sinn. Der moralische ist der: Mir zunutze „sah er“, mir zunutze „hieß er gut“. Was Gott guthieß, darfst du nicht schelten; denn du erinnerst dich der Schriftmahnung an dich: „Was Gott rein erklärt, nenn du nicht gemein“238. Niemand lästere also das, was vor Gott gut ist! Und wenn schon die Himmelsveste gut ist, wieviel mehr ist ihr Schöpfer gut, wenn es auch den Arianern nicht gefällt, die Eunomianer dagegen Einspruch erheben, der entarteten Wurzel noch mindere Frucht.
21.
[Forts. ] „Es sah Gott, daß es gut sei.“ Künstler pflegen erst die einzelnen Teile fertigzustellen und dann in entsprechender Zusammenstellung miteinander zu verbinden: so Meister, welche menschliche Büsten oder Gestalten aus Marmor meißeln oder aus Erz formen239 oder aus Wachs prägen. Sie wissen indes nicht, wie möglicherweise die einzelnen Glieder zueinander harmonieren werden, und welchen Genuß die künftige Verbindung bieten wird. Daher getrauen sie sich entweder noch gar kein Lob oder nur ein teilweises auszusprechen. Gott hingegen, der das Künftige vorausweiß, spendet als der berufene Beurteiler des Universums der in den ersten Anfängen begriffenen Schöpfung, als wäre sie schon vollendet, sein Lob, indem sein Wissen dem Schluß der Schöpfung vorauseilte. Kein Wunder. Beruht doch bei ihm die Vollendung eines Dinges nicht in einem letzten Handanlegen ans Werk, sondern in der Vorherbestimmung seines Willens. Sein Lob gilt dem Einzelnen, insofern es zum künftigen Ganzen paßt, sein Lob gilt dem Ganzen, insofern es aus prächtigen Einzelheiten