James Joyce

Ulysses


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er geknabbert hatte, und hungrig wollte er auch das Biskuit in der andern Hand beknabbern.

      Grässlich überspanntes Zeug. Quasselschlauch. Ned Lambert macht sich einen freien Tag, wie ich sehe. Eine Beerdigung zerreisst einem den ganzen Tag. Soll Einfluss haben. Der alte Chatterton, der Vizekanzler, ist sein Grossonkel oder sein Urgrossonkel. Soll fast neunzig alt sein. Artikel über seinen Tod vielleicht schon lange fertig. Lebt ihnen zum Trotz immer noch. Könnte selbst vorher abschrammen. Johnny, mach dem Onkel Platz. Der sehr ehrenwerte Hedges Eyre Chatterton. Schreibt ihm sicher einen oder zwei zittrige Schecks am Zahltag. Erbschaft kommt wie der Wind, wenn er abbläst. Halleluja. «Noch so ’n Krampf», sagte Ned Lambert.

      «Was ist es denn?» fragte Bloom.

      «Ein kürzlich entdecktes Fragment Ciceros», antwortete grossartig Professor MacHugh. «Unser liebliches Vaterland.»

      Kurz aber treffend

      «Wessen Vaterland?» sagte Bloom einfach.

      «Sehr treffende Frage», sagte der Professor und kaute weiter.

      «Mit der Betonung auf wessen.»

      «Dan Dawsons Vaterland», sagte Dädalus.

      «Handelt es sich um seine Rede von gestern abend?» fragte Bloom.

      Ned Lambert nickte.

      «Aber hört dies mal», sagte er.

      Der Türknauf traf Bloom ins Kreuz, als die Tür nach innen aufgestossen wurde.

      «Verzeihung», sagte J. J. O’Molloy, der eintrat. Bloom trat schnell zur Seite.

      «Bitte sehr», sagte er.

      «Guten Tag, Jack.»

      «Komm rein, komm rein.»

      «Guten Tag.»

      «Wie geht es, Dädalus?»

      «Gut, und dir?»

      J. J. O’Molloy schüttelte den Kopf.

      Schade

      War früher der tüchtigste der jungen Anwälte. Schwindsucht, armer Kerl. Das hektische Rot bedeutet für einen Menschen das Ende. Jetzt geht’s drum. Möchte nur wissen, woher der Wind bläst. Geldsorgen.

       «Oder weiter, wenn wir nur die zusammengedrängten Bergspitzen erklettern.»

      «Siehst famos aus.»

      «Ist der Redakteur zu sprechen?» fragte J. J. O’Molloy und sah nach der inneren Tür.

      «Gewiss», sagte Professor MacHugh. «Zu sprechen und zu hören. Ist mit Lenehan in seinem Heiligtum.»

      J. J. O’Molloy ging hinüber an den schrägen Tisch und blätterte die roten Seiten des Haufens Zeitungen zurück.

      Praxis wird schlechter. Ein Hätteseinkönnen. Verliert den Mut. Spielt. Ehrenschulden. Erntet Sturm. Bekam doch gute Honorare von D. und T. Fitzgerald. Ihre Perücken, um ihre graue Materie vorzutäuschen. Offenhirnig wie die Statue in Glasnevin. Glaube, er schreibt mit Gabriel Conroy literarische Artikel für den Express. Sehr belesener Mensch. Myles Crawford begann beim Independent. Seltsam, wie so Zeitungsmenschen umspringen, wenn sie von neuer Stellung Wind bekommen. Wetterhähne. Heiss und kalt im selben Atemzug. Wüsste nicht, was ich glauben sollte. Eine Geschichte gut bis man die nächste hört. Kriegen sich in den Zeitungen gewaltig an die Köpfe, und dann ist alles auf einmal wie weggeblasen. Im nächsten Augenblick dick Freund.

      «Nein, nun hört doch dies mal», bat Ned Lambert.

       «Oder weiter, wenn wir nur die zusammengedrängten Bergspitzen erklettern. . . .»

      «Quatsch», schrie der Professor eigensinnig dazwischen. «Genug von dem aufgeblasenen Windbeutel.»

      «Bergspitzen», fuhr Ned Lambert fort, «die sich hoch auftürmen, gleichsam unsere Seelen zu baden. . . .»

      «Soll sich das Maul baden», sagte Dädalus. «Gesegneter und ewiger Gott! Ja? Nimmt er was dafür.»

       «In dem unvergleichlichen, einzig dastehenden Panorama von Irlands Album, das den hochgerühmten Prototypen in andern gerühmten Preisregionen in bezug auf echte Schönheit Trotz bietet, schattige Haine und wogendes, ebenes und liebliches Weideland mit Frühlingsgrün, untertauchend in den transzendenten, transluzenten Schein unseres milden, geheimnisvollen irischen Zwielichts. . . .»

      Seine dorische Mundart

      «Der Mond», sagte Professor MacHugh. «Er vergass Hamlet.» «Das den Ausblick in Ferne und Weite verdeckt, bis der glühende Kreis des Mondes erstrahlt und seinen Silberglanz ausgiesst. »

      «Oh», rief Dädalus und machte sich in einem hoffnungslosen Stöhnen Luft. «Scheisse mit Zwiebeln! Nun hör aber auf, Ned. Das Leben ist zu kurz.»

      Er nahm den Zylinder ab, plusterte ungeduldig seinen buschigen Schnurrbart auf und fuhr sich mit harkenden Fingern durch das Haar.

      Ned Lambert warf die Zeitung weg, lachte laut vor Vergnügen.

      Einen Augenblick später brach ein heiseres, bellendes Gelächter aus Professor MacHughs unrasiertem schwarzbebrilltem Gesicht.

      «Teigiger Daw!» rief er.

      Was Wetherup sagte

      Ganz schön und gut jetzt darüber zu öden wo wir es hier gedruckt vor uns haben, aber das Zeug geht ab wie warme Semmel. Er war wohl auch in der Bäckerbranche? Deshalb nennen sie ihn auch den teigigen Daw. Sitzt jetzt aber warm drin. Tochter verlobt mit dem Kerl vom Inlandzollamt mit dem Auto. Hat das fein gedreht. Gesellschaften offenes Haus. Grossartig aufgeblasen. Wetherup hat das immer gesagt. Angelt sie mit gutem Essen.

      Die innere Tür wurde heftig aufgestossen, und ein scharlachrotes geschnabeltes Gesicht, das federähnliches Haar krönte, stürzte herein. Die kühnen, blauen Augen blickten um sich, und die barsche Stimme fragte:

      «Was ist los?»

      «Und hier kommt der unechte Squire selbst», sagte MacHugh grossartig.

      «Raus, verdammter Pädagoge», sagte als Antwort der Redakteur. «Komm, Ned», sagte Dädalus und setzte seinen Hut auf. «Darauf muss ich eins trinken.»

      «Trinken!» schrie der Redakteur. «Kein Getränk wird vor der Messe verabreicht.»

      «Auch ganz richtig», sagte Dädalus und ging hinaus. «Nun komm, Ned.»

      Ned Lambert rutschte vom Tisch. Des Redakteurs blaue Augen wandten sich plötzlich auf Blooms Gesicht, das ein Lächeln beschattete.

      «Kommen Sie mit, Myles?» fragte Ned Lambert.

      Es wird an denkwürdige Schlachten erinnert

      «North Cork Miliz», schrie der Redakteur und schritt an das Kaminsims. «Wir gewannen jedesmal! North Cork und spanische Offiziere!»

      «Wo war das, Myles?» fragte Ned Lambert mit einem nachdenklichen Blick auf seine Stiefelkappen.

      «In Ohio!» brüllte der Redakteur.

      «Ganz richtig, wahrhaftig», stimmte Ned Lambert bei.

      Als er hinausging, flüsterte er J. J. O’Molloy zu: «Irrsinn im Anfangsstadium. Trauriger Fall.»

      «Ohio», krähte es im höchsten Diskant aus des Redakteurs erhobenem, scharlachrotem Gesicht. «Mein Ohio!»

      «Ein echter kretischer Vers», sagte der Professor. «Lang, kurz und lang.»

      O, Harf’ aeolische!

      Er