James Joyce

Ulysses


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      «Bingbang, bangbang.»

      Bloom, der sah, dass der Weg frei war, ging an die innere Tür. «Einen Augenblick, Herr Crawford», sagte er. «Ich möchte nur wegen einer Annonce telephonieren.»

      Er ging hinein.

      «Wie ist das mit dem Leitartikel für heute abend?» fragte Professor MacHugh, der auf den Redakteur zuging und eine feste Hand auf dessen Schulter legte.

      «Ist alles in bester Ordnung», sagte Myles Crawford ruhiger. «Das lassen Sie Ihre Sorge nicht sein. Hallo, Jack! Ist schon alles in Ordnung.»

      «Guten Tag, Myles», sagte J. J. O’Molloy, indem er die Seiten, die er hielt, auf den Haufen zurückschlappen liess. «Ist der Kanadaschwindel heute drin?»

      Drinnen rasselte das Telephon.

      «28. . . . Nein, 20. . . .44. Ja.»

      Voraussichtlicher Sieger

      Lenehan kam aus dem innern Bureau mit Abzügen des Sport. «Wer will einen todsicheren Tipp für den Goldpokal? Szepter mit O. Madden.»

      Er schmiss die Abzüge auf den Tisch.

      Schreie barfüssiger Zeitungsjungen in der Halle kamen näher, und die Türe wurde aufgestossen.

      «Pst», sagte Lenehan. «Ich höre Fisstrutte.»

      Professor MacHugh schritt durch den Raum und packte den sich tief duckenden Burschen beim Kragen, während die andern aus der Halle und die Stufen runter fegten. In dem Luftzug flatterten die Abzüge auf, fluteten langsam in der Luft blaues Gekritzel und kamen unter dem Tisch auf den Boden.

      «Ich bin’s nicht gewesen, Herr. Der Dicke hat mich geschupst, Herr.»

      «Schmeiss ihn raus und mach die Türe zu», sagte der Redakteur. « Der reinste Orkan.»

      Lenehan tatzte die Abzüge vom Boden auf, grunzte, als er sich zweimal bückte.

      «Warten auf das Rennextrablatt, Herr», sagte der Zeitungsjunge. «Pat Farrell hat mich geschupst, Herr.»

      Er zeigte auf zwei Gesichter, die um den Türrahmen hereinblickten.

      «Er, Herr.»

      «Nun aber raus mit dir», sagte barsch Professor MacHugh. Er drängte den Burschen heraus und schlug die Tür zu.

      J. J. O’Molloy blätterte wieder knisternd in den Zeitungen, murmelte, suchte.

      «Fortsetzung Seite 6, Spalte 4.»

      «Ja. . . ., Evening Telegraph. . . . hier!» phonierte Bloom aus dem inneren Bureau. «Ist der Chef. . . .? Ja, Telegraph. . . . Wohin?. . . . Aha! Welches Auktionslokal?. . . . Aha! Ja, ja. . . . Gut. Ich werde ihn schon finden.»

      Es erfolgt ein Zusammenstosz

      Die Klingel rasselte wieder, als er einhängte. Schnell kam er herein und bumpste gegen Lenehan, der sich mit dem zweiten Abzug rumschlug.

      «Pardon, Monsieur», sagte Lenehan, der ihn für einen Augenblick umschlang und ein Gesicht schnitt.

      «Meine Schuld», sagte Bloom, der sich ruhig packen liess. «Haben Sie sich weh getan? Ich hab’s eilig.»

      «Knie», sagte Lenehan.

      Er machte ein komisches Gesicht, winselte und rieb sich das Knie.

      «Die Akkumulation des anno Domini.»

      «M’r leid», sagte Bloom.

      Er ging an die Türe, öffnete sie halb, blieb stehen. J. J. O’Molloy schlappte die schweren Seiten um. In der leeren Halle echote der Lärm zweier schriller Stimmen, einer Mundharmonika; es waren die Zeitungsjungen, die auf den Stufen hockten.

      Wir sind die Jungens von Wexford

      Und kämpfen mit Herz und Hand.

      Bloom ab

      «Ich geh eben mal rüber in die Bachelor’s walk», sagte Bloom, «wegen der Annonce von Keyes. Will die Sache perfekt machen. Höre grade, dass er drüben bei Dillon ist.»

      Er sah einen Augenblick unentschlossen in ihre Gesichter. Der Redakteur, der gegen das Kaminsims lehnte und den Kopf in die Hand stützte, streckte plötzlich mit grossartiger Gebärde einen Arm aus.

      «Geh!» sagte er. «Vor dir liegt die Welt.»

      «Bin gleich wieder da», sagte Bloom und eilte hinaus.

      J. J. O’Molloy nahm die Abzüge aus Lenehans Hand und las sie, blies sie leise auseinander, ohne Kommentar.

      «Wird die Annonce schon kriegen», sagte der Professor und sah durch seine schwarzgefasste Brille über den Fenstervorsatz. «Seht mal, wie die jungen Halunken hinter ihm her sind.» «Zeig mal. Wo?» schrie Lenehan und eilte ans Fenster.

      Eine Prozession

      Beide sahen lächelnd über den Fenstervorsatz herab auf die Schar der Freudensprünge machenden Zeitungsjungen in Blooms Kielwasser; der letzte zickzackte weiss im Winde einen spöttischen Windvogel mit Schwanz aus weissen Schleifen.

      «Besieh mal den Rotzbengel, der hinter ihm herschreit und brüllt», sagte Lenehan, «zum Totlachen. O, meine Kitzelrippe! Latscht genau so wie er auf seinen Plattfüssen. Kleine 48 Schuhnummer. Lerchenfängerfüssig.»

      In schneller Karikatur mazurkate er auf schlurrenden Füssen am Kamin vorbei, hinüber zu J. J. O’Molloy, der die Abzüge in seine nehmenden Hände legte.

      «Was ist denn los?» sagte Myles Crawford plötzlich. «Wo sind denn die beiden andern geblieben?»

      «Wer?» sagte der Professor und wandte sich um. «Sie sind rüber nach dem Oval gegangen, wollen eins trinken. Paddy Hooper und Jack Hall sind auch da. Kamen gestern abend rüber.» «Dann los», sagte Myles Crawford. «Wo ist mein Hut?»

      Er ruckte in das hintere Bureau, trennte den Windschlitz und liess die Schlüssel in der Hintertasche klirren. Dann klirrten sie in der Luft und gegen das Holz, als er seine Tischschublade abschloss.

      «Er ist ziemlich bei Stimmung», sagte leise Professor MacHugh. «Scheint so», sagte J. J. O’Molloy und zog in murmelndem Nachdenken eine Zigarettendose hervor, «es ist nicht immer wie es scheint. Wer hat die meisten Streichhölzer?»

      Die Friedenspfeife

      Er bot dem Professor eine Zigarette an und nahm selbst eine. Lenehan entzündete schnell für sie ein Streichholz und zündete der Reihe nach ihre Zigaretten an. J. J. O’Molloy öffnete seine Dose noch einmal und reichte sie ihm.

      «Thanky vous», sagte Lenehan und bediente sich.

      Der Redakteur kam aus dem inneren Bureau, sein Strohhut sass ihm schief auf dem Kopfe. Singend deklamierte er und zeigte dabei ernst auf Professor MacHugh:

      Ach, Würde und Ruhm dich versuchten,

      Ach, Herrschaft entzückte dein Herz.

      Der Professor grinste, schloss seine langen Lippen.

      «Nun? Altes beschissenes Römisches Reich?» sagte Myles Crawford.

      Er nahm eine Zigarette aus der offenen Dose. Lenehan zündete sie mit schneller Höflichkeit an und sagte:

      «Silentium für mein funkelnagelneues Rätsel!»

      «Imperium romanum», sagte J. J. O’Molloy leise. «Es klingt edler als British oder Brixton. Das Wort erinnert einen irgendwie an Fett im Feuer.»

      Myles Crawford paffte den ersten Zug heftig gegen die Decke. «Ganz recht», sagte er. «Wir sind das Fett. Ihr und ich sind das Fett im Feuer.