von einem Mädchen am Fusse der Nelsonsäule, um mit ihnen den Durst nach der Sülze zu stillen. Sie geben dem Herrn an dem Zähldrehkreuz zwei Dreipence-Stücke und fangen an, langsam die Wendeltreppe hinaufzuwatscheln, stöhnen, ermutigen einander, haben Angst vor der Dunkelheit, keuchen, eine fragt die andere, hast du die Sülze, loben Gott und die Heilige Jungfrau, wollen wieder runter und gucken durch die Luftlöcher. Ehre sei Gott. Sie hatten keine Ahnung, dass es so hoch war.
Sie heissen Anne Kearns und Florence MacCabe. Anne Kearns hat einen Hexenschuss, den sie mit Lourdeswasser einreibt, das ihr von einer Dame geschenkt wurde, die eine Flasche von einem Leidensbruder Pater bekam. Florence MacCabe isst jeden Samstag zum Abendessen ein Schweinekrüstchen und trinkt eine Flasche Bier, Doppel-X.»
«Antithese», sagte der Professor und nickte zweimal. «Vestausche Jungfrauen. Ich sehe sie. Wo bleibt unser Freund?» Er wandte sich um.
Eine Schar ausreissender Zeitungsjungen stürmte die Stufen runter, stob gellend nach allen Richtungen davon; ihre weissen Zettel flatterten. Dicht hinter ihnen erschien Myles Crawford auf den Stufen, sein Hut aureolierte sein rotes Gesicht; er sprach mit J. J. O’Molloy.
«Kommen Sie endlich», rief der Professor und schwenkte den Arm.
Dann ging er neben Stephan weiter.
Blooms Rückkehr
«Ja», sagte er, «ich sehe sie.»
Atemlos rief Bloom, der in der Nähe der Bureaux des Irish Catholic und des Dublin Penny Journal in einen Strudel wilder Zeitungsjungen geraten war:
«Herr Crawford! Einen Augenblick!»
«Telegraph! Rennbericht!»
«Was ist los?» sagte Myles Crawford und blieb einen Schritt zurück.
Ein Zeitungsjunge schrie Bloom ins Gesicht:
«Schreckliches Unglück in Rathmines! Ein Floh hat ein Kind gebissen.»
Interview mit dem Redakteur
«Nur eben wegen der Annonce», sagte Bloom, der sich puffend bis an die Treppe durcharbeitete und den Ausschnitt aus der Tasche nahm. «Ich habe eben mit Herrn Keyes gesprochen. Er will sie für zwei Monate erneuern. Dann will er mal sehen. Aber im Telegraph soll auch ein kurzer Artikel erscheinen, der darauf hinweist, rosa Samstag-Beilage. Sie soll sein wie in dem Kilkenny People, wenn es nicht zu spät ist; ich habe schon mit Stadtrat Nannetti gesprochen. Ich kann in der Nationalbibliothek mal nachsehen. Haus der Schlüssel, verstehen Sie? Er heisst Keyes. Es ist ein Spiel mit dem Namen. Aber tatsächlich versprach er, sie zu erneuern. Aber einen kleinen darauf hinsegelnden Artikel möchte er. Was soll ich ihm sagen, Herr Crawford?»
A. N. L
«Sagen Sie ihm, er könnte mich am Arsch lecken», sagte Crawford, der emphatisch den Arm ausstreckte. «Sagen Sie ihm das stallfrisch.»
Ein bisschen nervös. Sei auf Sturm gefasst. Alle zum Saufen. Arm in Arm. Lenehans Jachtmütze geht da drüben wieder schnorren. Gewöhnliches, fades Geschwätz. Möchte wissen, ob der junge Dädalus der treibende Wind ist. Hat heute ein Paar gute Stiefel an. Als ich ihn zum letztenmal sah, konnte man die Fersen sehen. Ist irgendwo durch Dreck gegangen. Sorgloser Bursche. Was wollte er in Irishtown?
«Gut», sagte Bloom und sah ihn wieder an, «wenn ich die Zeichnung kriege, glaube ich, dass sich ein kurzer Hinweis wohl lohnt. Ich glaube, dass er die Annonce aufgibt. Ich will ihm sagen. . .»
M. A. M. K. I. A
«Dass er mich an meinem königlich-irischen Arsch lecken kann», schrie Crawford laut über die Schultern. «Wann er will, sagen Sie ihm das.» Während Bloom noch überlegte und grade lächeln wollte, schritt er ruckweise weiter.
Auf der Suche nach Geld
«Nulla bona, Jack», sagte er und hob die Hand ans Kinn. «Sitze drin bis da. Ich habe selbst Pleite gemacht. Noch vergangene Woche suchte ich jemand, der mir einen Wechsel querhaute. Du musst den Willen für die Tat nehmen. Tut mir leid, Jack. Von anderthalb Herzen gern, wenn ich nur irgendwie Geld aufjagen könnte.»
J. J. O’Molloy machte ein langes Gesicht und ging still weiter. Sie holten die andern ein und gingen nebeneinander.
«Als sie die Sülze und das Brot gegessen und ihre zwanzig Finger an dem Papier abgewischt haben, worin das Brot eingewickelt war, gehen sie näher ans Geländer.»
«Was für Sie», erklärte der Professor Myles Crawford. «Zwei alte Dubliner Weiber oben auf der Nelsonsäule.»
So’ne Säule! — Das sagte Wackelfurt Nr. 1
«Das ist neu», sagte Myles Crawford. «Das ist sauber. Auf dem Wege nach dem Schusterfest. Zwei alte, tolle Weiber, und dann?»
«Aber sie fürchten, dass die Säule umfällt», fuhr Stephan fort. «Sie sehen die Dächer und streiten darüber, wo die verschiedenen Kirchen liegen: Rathmines blaue Kuppel, Adam und Eva, Saint Laurence O’Toole. Da sie dabei aber schwindlig werden, heben sie die Röcke hoch. . .»
Die etwas unbändigen Weiber
«Langsam», sagte Myles Crawford, «keine poetische Lizenz. Wir sind hier in der Erzdiözese.»
«Und setzen sich auf ihre gestreiften Unterröcke, sehen hinauf zum Standbild des einarmigen Ehebrechers.»
«Einarmiger Ehebrecher!» schrie der Professor. «Das gefällt mir. Ich sehe die Idee. Ich weiss, was Sie meinen.»
Weiber beschenken Dublins Spiesser mit Rennpillen, herabsausenden Meteorsteinen, wirklich
«Davon aber kriegen sie einen steifen Hals», sagte Stephan,«und sie sind zu müde, in die Höhe oder die Tiefe zu sehen oder zu sprechen. Sie stellen die Tüte mit den Pflaumen zwischen sich, essen die Pflaumen, eine nach der andern, wischen mit dem Taschentuch den Pflaumensaft, der ihnen aus dem Munde tröpfelt, und spucken die Pflaumensteine langsam zwischen den Gitterstäben durch.»
Damit schloss er und lachte laut jung auf. Lenehan und O’Madden Burke, die es hörten, wandten sich um, winkten und gingen dann weiter Richtung Mooney.
«Fertig?» sagte Myles Crawford. «Wenn’s dabei bleibt.»
Sophist versetzt hochnäsiger Helena einen. Spartaner knirschen Backenzähne. Für Ithaka ist Pen Champ
«Sie erinnern mich an Antisthenes», sagte der Professor, «einen Schüler des Gorgias, des Sophisten. Von ihm wird berichtet, dass niemand sagen konnte, ob er gegen andere oder sich selbst bitterer war. Er war der Sohn eines Adeligen und einer Sklavin. Und er schrieb ein Buch, in dem er die Palme der Schönheit der Argiverin Helena entriss und der armen Penelope überreichte.» Arme Penelope. Penelope Reich.
Sie wollten grade die O’Connel Street überkreuzen.
Hallo Zentrale!
An verschiedenen Stellen der acht Linien standen Strassenbahnwagen mit unbeweglichen Rollen auf ihren Schienen; sie fuhren nach oder kamen von Rathmines, Rathfarnham, Kingstown, Blackrock und Dalkey, Sandymount Green, Ringsend und Sandymount Tower, Donnybrook, Palmerston Park und Upper Rathmines, windstillten, Kurzschluss. Mietskutschen, Cabs, Lastwagen, Postwagen, Privatbroughams, Wagen mit rasselnden Selterwasserflaschenkisten rollten, ratterten, von Pferden gezogen, schnell vorbei.
Wir? — und ebenso — Wo?
«Aber wie soll das Ganze heissen?» fragte Myles Crawford. «Wo bekamen sie die Pflaumen?»
Virgilisch,